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Imago: Zeitschrift für Anwendung der Psychoanalyse auf die Geisteswissenschaften — 8.1922

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Anordnung des Materials gift, abgesehen — eine bedeutende Verbesserung dar*?
steüt, die zeigt, wie die von dem Autor gefundene Deutung durch spätere Er-
gebnisse der analytischen Forschung aufs neue verifiziert und vertieft wurde.
Statt unfruchtbarem Lob seien einige Bemerkungen angereiht, die sich auf ein-
zelne Punkte der Rankschen Arbeit beziehen und deren Berücksichtigung von
seiten des Autors uns wünschenswert erscheint. Ranks Auseinandersetzung mit
den Naturmythologen, die klar und überzeugend ist, würde noch eindrucksvoller
werden, wenn die partielle Berechtigung der naturmythologischen Deutung gerade
durch die Psychoanalyse in der Bloßlegung der Projektionsvorgänge, ihrer psychi-
schen Motive und ihrer Mechanismen klargestellt würde. Der Leser wurde so
auch den Weg erkennen, wie so viele Forscher — unter ihnen so bedeutende
wie Winckler und Stucken — gerade zu einer ^Naturgeschichte des Himmels*
gelangt sind und daß solche Deutung eine Wiederholung jenes Vorganges dar-
stellt, der die Mythen selbst von ihrer irdischen Heimat loslöste, um sie an den
Himmel zu verpflanzen, ln der Deutung der typischen Züge der Jugendzeit des
Helden ist der Unterschied in den Sagen, denen zufolge bald der Vater (Pflege-
vater), bald die Mutter (Pflegemutter) den Knaben aufzieht und vor Verfolgungen
schützt, einer Erklärung bedürftig, die eine bestimmte Einsicht in die psychische
Einstellung des Helden gegenüber den beiden Eltern liefern muß. Ebenso
wünschenswert scheint mir ein Hinweis darauf, welche religiöse Verwertung
die typischen Motive der Geburtssage bei Jesus, Buddha, Zoroaster später ge*
funden haben und wie sie dazu dienen mußten, die göttliche Natur dieser Reih?
gionsstifter zu beweisen. Zur Geburtssymbolik sei noch auf Jesaias (51, 1 b. 2.)
hingewiesen: *B!ickt auf den Fels, aus dem ihr gehauen, und auf die Höhlung
des Brunnens, aus dem ihr gegraben seid. Blickt auf Abraham, euren Stamm-
herrn, und auf Sara, die euch gebar.* Erwähnenswert ist es, daß der Familien-
roman in der Jesussage die bekannte Form annimmt, daß bald Josef, bald Maria
vom König David abstammen soll. Die für die Kulturgeschichte so wichtige Um-
arbeitung der Mythen in religiöser Tendenz wird von Rank etwas stiefmütterlich
behandelt: die göttliche Erzeugung des Helden, seine Unterdrückung und Ver-
folgung durch eine andere Vaterabspaltung (Märtyrer) und sein Tod (Empor-
fahren zu den Göttern) sind hier besonders hervorzuheben. Es spricht für die
Ubiquität des von Rank behandelten Motivs, daß neues Material zu dem
überreichlich vorhandenen noch in Fülle hinzugefügt werden könnte. Die antiken
Analogien und Vorbilder der übernatürlichen Geburt Jesu gehören z. B. hierher:
die Erzählung der Erzeugung Alexander des Großen durch Zeus, die später auf
Scipio Africanus übertragen wurde, sowie auf Augustus und Plato, der von
Apollo erzeugt worden sei. Herzfeld wies in der Zeitschrift *Der Islam*
(VI. 1916, S. 317ff.) schließlich nach, daß die typischen, von Alexanders Mutter
Olympias berichteten Züge der Befruchtung und Geburt auf die Mutter Djingiz-
khans übertragen wurden. Ähnliche Traditionen gibt es von Homer, Pythagoras
und vielen anderen großen Männern. Das Verfolgungsmotiv (durch den bis-
herigen Machthaber) findet sich nach Ed. Meyer (Ursprung und Anfänge des
Christentums, I. Bd., Stuttgart und Berlin 1921, S. 57f.) bei folgenden mythi-
schen Gestalten: Krsna, Mose, Ödipus, Perseus, den Zwillingen Pelias und
Neleus, Siegfried, Kai Khosrau, Kyros, Romulus, Habis,' auch die teilweise er-
haltene Sage von der Begründung der fünften Dynastie im Cheopspapyrus soll
 
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