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Imago: Zeitschrift für Anwendung der Psychoanalyse auf die Geisteswissenschaften — 8.1922

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VIII. 3
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Pfister, Oskar Robert: Die Religionspsychologie am Scheideweg
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https://doi.org/10.11588/diglit.28550#0379

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Die Reiigionspsychologie am Scheidewege

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James, der die Entdeckung des schöpferischen Unbewußten
für das größte Ereignis seiner wissensAaftlichen Laufbahn erklärt,
drang tiefer als seine Vorgänger in zentrale Probleme ein und
erweiterte das Beobachtungsfeld insofern, als er nicht nur einzelne
ihn interessierendeFragen aufwarf, sondern auch durch biographische
Studien die Fülle der Probleme an sich herantreten ließ. Eine tiefere
Exploration einzelner BeobaAtungs- und Versuchspersonen war auch
ihm nicht gegeben.
Georg Runze wandte seine psyAologisAe Forschung ein^
zelnen religiösen Erscheinungen zu, vor allem dem Jenseitsglauben,
wobei ihm die Philologie zu Gevatter stehen sollte. Vorbrodt
förderte das Interesse, geriet aber in allerlei Schematismen, die
sich nicht als sonderlich fruchtbar erwiesen,- sein größtes Verdienst
besteht darin, daß er mit löblichem Eifer darauf ausging, seine
Landsleute davon zu unterrichten, daß es außerhalb ihrer Grenz-
pfähle auch noch religionspsychologische Forschung gebe, ln der
Vielseitigkeit seiner Interessen, wie im Freisein vom psyAo^
logischen Zunftgeist stellt Vorbrodt einen sehr erfreulichen Fort*
schritt dar.
Allein die verdiente Anerkennung blieb leider aus. Seine
1907 gegründete x-ZeitsArift für ReligionspsyAologiec entschlief nach
wenig Jahrgängen, obwohl Runze sich in weitherzigster Weise ihrer
annahm. Da man ihr wissenschaftliche Unsidierheit vorwarf, ver^
mehrte sich die damals schon stattliche Anzahl von Nothelfern,
die durch prinzipielle Abklärungen die Aufgabe der Religions^
Psychologie und ihrer richtigen Methoden angeben wollten.
(Troeltsch 1894, Koch 1896, Paul Drews 1898, Kinast 1900,
Flournoy 1903, Girgensohn 1903, Wundt 1905 ff.. Scheel 1908,
Niebergall 1909, Goldstein 1909, Edcert 1910, Leipoldt 1910,
Linwurzky 1910, Lütgert 1910, Wielandt 1910, Frey 1911,
Mandel 1911, Mayer 1911, Bauke 1912, Pfenningsdorf 1912,
Vorbrodt 1913, Faber 1913, Wobbermin 1913, Stählin 1914,
Pariser 1914, Oesterreich 1917, Koepp 1920.)
So prasselte in den letzten Jahren ein Regen deutscher
religionspsychologischer Programmschriften auf das Publikum her-
nieder. Scharenweise kamen sie gelaufen und verkündigten mit
magistraler Gebärde: x>So müßt ihr Religionspsychologie treiben!<x
Wollte man aber vernehmen, was diese Herren mit ihrer ge-
priesenen Methode selber leisteten, so schwiegen sie mit Aus=*

tmago VtH/3

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