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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 12.1901

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Commichau, Felix: Patriz Huber und die Heimat- Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.6714#0082

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Seite 66.

Illustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Innen-Dekoration.

April-Heft.

Patriz Huber, Darmstadt.

Gesicht aus einer Thüre herausschauen, mit einem freundlichen
Gruss — —. Vor allem zieht der prächtige Kamin unsere
Aufmerksamkeit auf sich. Auf den eigentlichen Kaminkasten
setzt sich, durch Wangen rechts und links gestützt, noch einmal
eine Art Wandbrett. Ueber demselben zeigt sich die weisse,
getünchte Wand, deren Feld zugleich die Bekrönung des
Kamins bildet. Die Konstruktion des Kamin-Gehäuses besteht
im unteren Teile aus leichten Eisenrahmen, im oberen aus
Holz mit Kupfer-Bekleidung. Der Sockel ist mit blauen
Fliesen bekleidet, alle anderen Teile, wie erwähnt, mit starkem
Kupferblech, an dessen Plattenstössen überall derbe Nagel-
köpfe sichtbar sind, die zur Erhöhung des kräftigen, soliden
Eindruckes viel beitragen. Die glatte Metallfläche wird an
den einer Betonung bedürftigen Punkten durch flache, flott
getriebene Relief-Ornamente durchbrochen. Auf der weissen
Marmorplatte, die den eigentlichen Kaminkasten abdeckt,
steht, mitten im modernen Interieur, eine kleine, echte Empire-
Uhr. Wen stört sie dort? Ich möchte sie nicht beseitigt
wissen. Der schmiedeeiserne Feuerbock ist hübsch knorrig
gehalten. Er wird es aushalten, wenn grosse Blöcke kernigen
Buchenholzes auf ihm knistern und lodern. Gleich über dem
Feuerloche, rechts und links von ihm, bemerken wir zwei

Kupfer-Thürchen; wir öffnen diese
und greifen hinein — — aha, die
Stellrädchen zu den Dampf-Heiz-
körpern, die in den beiden Fliesen-
umkleideten Seitenteilen sich ver-
bergen. Daher war es auch so warm
um den Kamin, obgleich man um-
sonst nach einer Flamme im Feuer-
loche schaute! Auf dieser weitver-
breiteten architektonischen Unwahr-
heit ertappen wir unseren Deutsch-
künstler also auch! Diese Ange-
legenheit ist so wichtig, dass ich es
mir nicht versagen kann, näher auf
sie einzugehen. Der Kamin, den
niemand mehr zur Erwärmung be-
nutzt, ist eine Reliquie aus alter
Zeit, ist völlig zu einer nichtsbedeu-
tenden Form geworden; benutzen
wir aber diese als Bekleidung, als
Ummantelung einer Ofenform, die
im Prinzip garnichts mit dem Ka-
mine mehr zu thun hat — ist dies
dann mehr als eine Maskerade?
Leider begegnen wir dieser sehr
häufig, aber darf der Künstler, weil
er deutsch sein will, auch unwahr
werden, darf er diesen Scherz mit-
machen? Das erinnert doch etwas
an »Pseudo-Heimat-Kunst«! Es ist
derselbe Scherz, wie der Gas-Kron-
leuchter mit Porzellan-Talglichtern,
wie das »blinde« Fenster. Mit diesen
ist glücklicherweise schon tüchtig
aufgeräumt! Möge auch der » Dampf-
Heizkörper-Kamin« verschwinden!
Für die elektrischen Beleuchtungs-
Körper hat der Künstler ruhige,
angenehme Formen gefunden. Möge
er versuchen, auch die P'ormgestal-
tung der neuen Wärme-Erzeuger aus
der Konstruktion heraus zu lösen!
Rechts und links an den Kamin
schliessen sich hohe Flügelthüren. Die Umrahmung ist ganz
glatt, ohne Eck-Profil; nur in der Leibung zeigt sie eine
leichte Relief-Liniierung. Das Rahmholz der Flügel ist sehr
breit gewählt; dazwischen nur eine Füllung, die durch ein
gleich breites Oberlicht bekrönt wird. Dasselbe zeigt ein
schwungvolles Muster aus grossen, orangefarbigen Blumen
auf blauem Grunde in Opalescent-Verglasung. Die Sonne,
die ihren Weg durch das davorliegende Zimmer nimmt, trifft
ab und zu die Blumen und lässt sie erglühen; ein reizvolles,
belebendes Schauspiel. Die Beschläge an den Thüren sind
hoher Aufmerksamkeit wert. Eine Bekrönung der Flügel-
thüren schafft Huber durch ein Brett auf leichten Konsolen,
das zur Aufnahme von Prunk-Tellern und Krügen dient.
Diese Lösung, so originell sie ist, und so glücklich sie mit-
unter wirken kann, halte ich zu einer häufigen Wiederkehr
nicht für ausgiebig genug. Ferner ist ihr gegenüber die
Befürchtung nicht ganz unberechtigt: Wenn die Thüre einmal
ordentlich zuschlägt, und mir solch ein Krug auf den Kopf
fällt —• —! Die Wand dem Kamine gegenüber zeigt zwei
Thür-Oeffnungen; die eine, der Zugang zur Toilette, ist mit
einem Vorhang in Applikations - Stickerei verschlossen; die
andere führt zur Neben - Treppe, ist einflügelig und recht

Diele im Erd-Geschoss; Thüre zum Salon.
 
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