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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 12.1901

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Scheidemantel, H.: Böcklin-Feier in Leipzig
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https://doi.org/10.11588/diglit.6714#0105

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Mai-Heft.

Illustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Innen-Dekoration.

Seite 87.

Abel Landry, Paris.

Damen-Schreibtisch und Stuhl.

des Karakters war dem Künstler Böcklin eigen, dieser hat
nicht so wie jener gekämpft. Böcklin ist auch nicht geist-
reich, wie etwa Cornelius und Feuerbach, nicht, wie ein
Klinger oder ein Hildebrand, zu systematischen Gedanken-
Problemen geneigt. Er ist keine problematische Natur. In
schlichten Worten gibt er seinem Empfinden über die Alten
wie dem über die Jüngsten Ausdruck. So gabs ihm sein
Wesen. Er selbst beanspruchte nie die Führerschaft, welche
man ihm im Bereiche der neuesten Kunst bei allen den
Verherrlichungen in Wort und Schrift aus Anlass seines
60. Geburtstages zusprach. Das hätte nicht zu einem Leben
in aller Zurückgezogenheit gestimmt, und das hatte Böcklin
zu seinem Schaffen nötig. Jede Schöpfung Böcklins ist In-
tuition, nicht Kompromiss zwischen Erfahrung und Ingenium.
Sein ruhiges, in sich geschlossenes Seelenleben ist in Hinsicht
auf seine Werke ohne äusseren Einfluss geblieben. Böcklin
hat deshalb auch nicht den Süden nach Deutschland gebracht.
Germanisch - plastisches Empfinden hat sein Genius mit süd-
licher und klassisch-hellenischer Formenpracht harmonisch in
seinen unsterblichen Schöpfungen verklärt.

In dem Bewusstsein: »Wir können keine Griechen
werden . .«, schuf Goethe seine formvollendeten Werke, wie
den Tasso und die Iphigenie. »Im Griechentum müssen wir
Erleuchtung holen, aber damit deutsche Gedankentiefe ver-
arbeiten«, sagte und dachte ungefähr ein Cornelius in seiner
Kunst-Auffassung. Böcklin gab ein anderes, als die Werke
eines Goethe oder eines Cornelius entgegenbringen. Wie die
Sonne lacht, wie die Natur lebt — das wollte er uns wirklich
in seinen Schöpfungen zeigen. Vom Schweigen des Waldes,
vom panischen Schrecken phantasierte man wohl manchmal
in kaum wirklich empfundenen Gedichten, aber Böcklin gab
uns das Spiel der Wellen, die Gefilde der Seligen, eine Toten-
Insel. Man lachte anfangs darüber und spottete. Aber die
lebhaft empfindende Künstlerseele siegte endlich doch. Natur-
Phantasien, nicht Märchen, Visionen, nur für gläubige Augen
bestimmt, gab Böcklin in seinen Schöpfungen. Darum ist es
Thorheit, erklären zu wollen, was nur Gefühl analysieren
kann. Man sah Böcklin immer ohne Skizzenbuch durch die
römische Campagna streifen. Man wunderte sich über das
scheinbar zwecklose Beginnen. Aber aus dieser Zeit stammt

schon manches der Meisterwerke Böcklins. Er war ein
Träumer, seine Träume sind seine Werke.

Echt ist nur die Kunst, welche nicht alles sagt, die zum
Weiterdichten anregt. Böcklin wirkt dadurch mit seinen
Werken. In dieser Richtung ist auch der Grund für die
Variationen des gleichen Themas zu suchen, zugleich ein
Beweis für die Vielseitigkeit der Phantasie des Künstlers;
der Bilder-Reichtum der unerschöpflichen Phantasie Böcklins
war vielseitig gleichwie das Universum selbst.

Die frühsten Bilder des Meisters sind nicht wesentlich
von der Farbenstimmung eines Schleich u. a. verschieden.
Bald beginnt er in tieferen, satteren Tönen zu malen und
bringt bisher ungesehene Farben. Er hat darin Versuche
anzustellen nie gerastet. Und er verjüngte und kräftigte so
den im »Galerie-Ton« und beim Natur-Kopieren der verrannten
Pleinairisten verkommenen Farbensinn einer ganzen Kunst-
Epoche. Seit Dürer erhob kein Anderer so das deutsche Gemüt.

Der Mensch Böcklin wurde durch sein Frauen-Ideal im
Schaffen bedeutend gefördert, ähnlich wie ein Rubens, ein
Schwind, ein Thoma u. a. Das männliche Ideal trugen diese
Künstler alle unbewusst in sich. Daher die unermüdliche
Neigung zum Selbst-Portrait bei Rembrandt und Böcklin zum
Beispiel. Daher auch die unablässige Verwendung der Frauen
solcher Künstlerseelen in idealen Schöpfungen. Die Gemahlin
Böcklins, die Römerin, erscheint in den Werken des Meisters
in ungemein vielen Varianten. Rubens malte sich als bestes,
vielleicht geduldigstes Modell, ebenso Rembrandt; sie machen
dabei Licht- und Farben-Studien. Böcklin malt in seinen
verschiedenen Selbst - Bildnissen seine Persönlichkeit. Mit
35 Jahren malt er sich in München bei der Arbeit, der Tod
singt ihm über die Schulter ins Ohr. Das nächste Bild zeigt

Abel Landry, Paris.

Kamin-Schirm.
 
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