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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 12.1901

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Commichau, Felix: Deutsche Glasmalerei-Ausstellung in Karlsruhe I. B.
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https://doi.org/10.11588/diglit.6714#0210

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Seite 180.

Illustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Innen-Dekoration.

Oktober-Heft.

G. Schüttle, Hof-Möbelfabrik, Stuttgart.

Raum auf der permanenten Ausstellung der Firma in Stuttgart.

und Professor Gross—Dresden u. a. m. zur Ausstellung ge-
bracht haben. Am besten hat mir hier die »Landschaft mit
Pappeln« von Hans Unger gefallen, in welcher die malerische
Wirkung fast restlos ausgelöst ist. Prächtige Phantasie-Stücke
hat Christiansen geschaffen und voll einfacher Heiterkeit ist
ein Fenster: Wilder Wein mit Schwalben von Prof. Gross.
Christiansens Schüler, Maler Lcipheimer, Stuttgart, hat eine
von Endner, Darmstadt, ausgeführte »Urwald-Landschaft«
entworfen, welche des Meisters Farbenfülle noch übertrumpft.
Einfacher, wenn auch etwas überladen, ist die »Abend-Land-
schaft« von Engelbrecht, Kahnt und Borcherding, Bremen,
Entwurf C. Hof er, Rom. Unsere heimischen Künstler, badische
und elsässer, haben Landschafts - Stimmungen ihrer Heimat
zum Vorwurf genommen und damit eine Anzahl gemütlicher
heimisch berührender Landschaftswerke geschaffen, die nur
in den perspektivischen Verhältnissen nicht immer ganz glück-
lich ausgefallen sind. Recht gut sind die Drinneberg'sehen
Verglasungen nach Entwürfen von Dussault, und das Fenster
»Schwarzwald« von Geck; auch das Fenster »Die vier Jahres-
zeiten« von Cammissar, Strassburg, ist zu loben. Die eigent-
liche Seele der Landschaft, das Eigentümliche, dürfte noch
inniger zum Ausdruck kommen, soweit dies ein Glasgemälde
geben kann. Einige interessante Versuche, auch den Humor
in der Glasmalerei heimisch zu machen, finden wir in »Tan-
zende Frauen«, Entwurf Bruno Paul, und dem Vorwurf aus
der Tier-Fabel »Wettlauf zwischen Hase und Igel«, beide
von Karl Ule, München, ausgeführt, sowie in einer ägyptischen
Landschaft mit Kranichen, betitelt: »Die Philosophen«, von
Wolde und Ohlert, Bonn. Zu bedauern ist, dass nicht mehr
marine Vorwürfe gewählt worden sind. Das Meer- oder See-

wasser mit Segelbooten ist ein höchst dankbarer Vorwurf,
wie einige Stücke von Karl Engelbrecht, Hamburg, zeigen.

Eine Abteilung »Verschiedenes« zeigt Kunstgläser von
Galle, Tiffany, Behrens, Coloman Moser, Wien, und Zitz-
mann, Wiesbaden, sowie Bleizugmaschinen, Opaleszentgläser
und andere Hülfsmittel. Am schwächsten beschickt ist die
Abteilung »Glasätzungen«.

Fasse ich die Eindrücke, welche ich von dieser ersten
zusammenfassenden Ausstellung eines noch jungen deutschen
Kunstgewerbezweiges gewonnen habe, zusammen, so kann ich
ruhig sagen, dass neben vielem Experimentiertem und Nicht-
gelungenem viel Tüchtiges, im Alten glücklich Beharrendes, im
Neuen wacker Fortschreitendes zu gewahren ist. Nur darf sich
der Glasmaler niemals verhehlen, dass er eine Kunst pflegt,
welche in erster Linie zur Ausschmückung bestimmt ist, also
mehr sekundär zu betrachten ist, — womit die grosse Wichtig-
keit der Glasmalerei für die Zukunft besonders auch unserer
profanen Gebäude in keiner Weise herabgesetzt werden soll.
Dass er also seiner schöpferischen Phantasie oder der seiner Ent-
werfer nicht, wie es oft geschehen ist, zu sehr die Zügel schiessen
lassen darf. Der Innen-Dekoration ist aber mit stimmungsvollen,
einfach-zügigen Gaben der Glasmalerei mehr gedient, als mit
pomphaften, Wände füllenden Staats-Aktionen. Und das ist's,
was uns zunächst am meisten interessiert: wie wird sich die
profane Glasmalerei unseren Wohnräumen anpassen? Mehr
als nach Luxus-Fenstern verlangt es uns nach dem, was Behag-
lichkeit und Lebensgenuss erhöhen und mit einfacher Form das
Auge beglücken, den Sinn für künstlerisches Fühlen vertiefen
kann. Ruhige, stimmungsvolle Flächenkunst! Das müssen
wir Wünschen und fordern. Albert Geiger—Karlsruhe i. B.
 
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