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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 12.1901

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Molkenboer, Theo: Die Moderne Bewegung in Holland
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https://doi.org/10.11588/diglit.6714#0214

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Seite 184.

Illustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Innen-Dekoration.

November-Heft.

Arch. Pknaat—Haarlem.

Interieur, ausgef. v. d. Fabrik »Amstelhoek«—Amsterdam.

abgeneigt wäre. Cuypers war ein Freund und Schüler des
grossen französischen Architekten Violet-Le-Duc, und es
bedarf daher keines Kommentars, um zu begreifen, dass er
grundsätzlich keinen Neuheiten, wie der Stil von »Art nouveau«
sie zeigt, huldigen konnte. Er muss daher als der direkte
Vorgänger des streng logischen, einfachen und bisweilen
fast an Armut grenzenden Stiles Berlage's gelten, der
ohne den vermittelnden Uebergang Cuypers unmöglich
gewesen wäre. Uebrigens hat auch die moderne eng-
lische Bauweise, speziell für die Ausgestaltung des Wohn-
hauses Einfluss auf die modernen Holländer ausgeübt.

Die Grundlage der Kunst Berlage's ist dagegen
ein geometrisch-rhythmisches Linear-Prinzip, das vor
kurzem durch einen Architekten namens /an de Groot
wieder aufgefunden wurde, und teilweise nach alt-
egyptischen Schriften, teilweise nach Vitruvius und mittel-
alterlichen Ueberlieferungen durch Violet-Le-Duc und
die Beuronner Schule zu einem System verarbeitet
wurde. Einige jüngere Holländer, unter ihnen de Bazel
und Lauweriks, entwerfen durchaus auf dieser geo-
metrischen Grundlage. Erst setzen sie ein Linien-System
von Quadraten und Dreiecken auf und konstruieren
sodann ihre Zeichnungen innerhalb der Grenzen dieses
Systems; die Folge ist, dass einige Haupt-Kurven in ihren
Arbeiten sich öfters wiederholen. Schon darin zeigt
sich eine grundsätzliche Uebereinstimmung der Kunst-

Auffassung, während die einzelnen Individuali-
täten trotzdem grundverschieden sind und derart
auseinanderstreben, dass man es begreifen kann,
wenn das holländische Publikum ihren Wert
noch nicht voll zu würdigen weiss und ihre Dienste
noch verhältnismässig selten in Anspruch nimmt.
Ohne Zweifel haftet den Möbeln der jungen
Amsterdamer ein sehr eigentümlicher Zug an:
sie sind durch den überwiegenden Einfluss der
Architekten und vornehmlich Berlage's etwas steif
und schwer, etwas zu massig und stimmen inso-
fern mit der gleichfalls etwas schwerfälligen Archi-
tektur der jungen Holländer überein. Die Eleganz
mangelt ihnen zumeist völlig, und das ist sehr
zu bedauern, denn Aufbau und Konstruktion sind
in den meisten Fällen geradezu glänzend, und
man möchte hoffen, dass die jungen Holländer
etwas zierlicher, leichter und anmutiger schaffen
wollten. Denn das muss man »Art nouveau«
zugestehen, dass ihre besten Künstler, die sich,
wie wir sahen, in einem gewissen Gegensatze zu
der Holländischen Schule befinden, in vielen
Fällen Eleganteres geleistet haben. Dagegen
treiben die Holländer ihre allzu herbe Verein-
fachungs-Manie sogar in der Architektur bis zum
Extrem, sodass selbst das schlichteste Spiel
der Linien in den Fassaden oft vermisst wird.
Grosse kahle Flächen mit eckigen Fenstern, ohne
jede Profilierung: So sind die meisten neueren
Bauten, welche die junge Holländer Schule in
Amsterdam aufgeführt hat, und man muss schon
Holländer sein und die ganze Entwickelung genau
kennen, um sich mit dieser scheinbaren Ideen-
Armut abfinden zu können. Um einzelne Arbeiten
der besten modernen holländischen Künstler auf
dem Gebiete der Architektur und Gewerbe-Künste
durchzugehen, so sei an erster Stelle auf das
Wirken des Dr. Cuypers hingewiesen. Von
seinen Profan-Gebäuden ist das grosse »National-
Museum« in Amsterdam am bekanntesten. Durch seine stark
hervortretende Anlehnung an die Gotik hat es für das jetzige
Geschlecht an Interesse scheinbar verloren, aber nur scheinbar.
Kein Holländer, der von jetzt ab die Bau-Kunst studieren
wollte, um die Wege der modernen Entwickelung zu betreten,

Th. Molkenboer—Amsterdam.

Stühle.
 
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