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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 12.1901

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Molkenboer, Theo: Die Moderne Bewegung in Holland
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Schölermann, Wilhelm: Rand-Glossen zum Kunsterziehungs-Tag in Dresden: 28. und 29. Sept. 1901
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https://doi.org/10.11588/diglit.6714#0223

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Seite 192.

Illustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Innen-Dekoration.

November-Heft.

dekorative Flitterkram, wie wir ihn von den Zeiten der
Neu - Renaissance und des Japanismus her ja noch im Ge-
dächtnis haben, vermieden. Die Wände sind in blaugrün
gehalten, die Thüren sowie der Ladentisch und der Fussboden
sind rot gestrichen. In dem quadratischen Eingangsraume
sind die vier Ecken durch angetragene schlankstämmige
Chingo-Bäume bezeichnet, deren Kronen die Umrahmung
eines dekorativen Decken - Gemäldes — drei schwebende
Frauen-Gestalten von Albert Männchen — tragen. An dieser
Umrahmung befindet sich zugleich die elektrische Beleuchtung.
In die linke Seitenwand ist noch ein zweites dekoratives
Gemälde — eine Dryade mit einem Zweig darstellend —
eingelassen, während darunter auf einem Regal eine kleine
Sammlung von gediegen eingebundenen Büchern steht, die
sich ausschliesslich auf den Kaffee beziehen. In dem anderen
Teile des Ladenraumes steht der in karakteristischen Formen
rot angestrichene Ladentisch mit durchbrochenem Fuss etc.;
ein violetter Vorhang, sowie ein Oberlicht in Riffelglas mit
Messing-Rahmen schliesst den Eingang zu dem hinteren
Lagerräume ab. Zur Rechten wird der Raum durch eine
Nische abgeschlossen, vor deren dunkelvioletter Wand eine
rote Bank steht, während ein Läuger'scher Kamin in grün
die Heizröhren verkleidet. Ein paar Lorbeerbäume auf den
vorspringenden Balustraden beleben mit ihren aufstrebenden
Formen den Raum, und prächtig stehen auf den farbigen
Wänden die von K. M. Seifert in Löbtau hergestellten mes-
singenen Beleuchtungs-Körper.

Der zweite Thürmer'sche Laden (Prager Strasse 58), der
erst in diesem Jahre eingerichtet wurde, zeigt
bereits die Stilwandlung, die seit der Errichtung
des ersten eingetreten ist Die Gesamt-Wirkung
des Raumes ist ungemein vornehm und ruhig.
Die schlichte, zweckmässige und dabei gefällige
Form der Möbel ist aus den Abbildungen er-
sichtlich. Für die Farben-Wirkung gibt die
ungemein fein abgetönte Riemerschmid'sche
Tapete in blau den Ton an. Die Laibung des
Bogens, der Thür und Ladenfenster umrahmt,
ist orangefarben, die Bogen-Verschlingungen, die
Gussmann's Fries aus dem Lese-Zimmer der
Internationalen Kunst-Ausstellung Dresden 1901
entsprechen, sind gelb und grün gehalten, der
Vorhang, der die Thür im Hintergrund des
Ladens abschliesst, ist aus braungelber Seide mit
weissen Blattreihen-Ornamenten. Dazu kommt
die Decke in grünem Opalescentglas, der creme-
farbene Ofen von Karl Gross und das Laden-
Fenster in Opalescent- und Riffelglas, dessen
oberer ovaler Teil besonders reizvoll in der Farbe
erscheint. Das Haupt-Motiv sind Wellen und
Fische; von dem mit Häusern besetzten Plateau
(im oberen Teile) strömt ein Krystallfluss in den
Teich (im unteren Teil). Einige wenige wohl-
gewählte Vasen vollenden das Ensemble, das
sich durch die fein abgewogene Harmonie in
Formen und Farben auszeichnet. Das Ganze
ist von Paul Perks, einem Schüler von Otto
Gussmann, entworfen; die Möbel entwarf eben-
falls Paul Perks im Verein mit dem Architekten
G. Hempel, die Beleuchtungs-Körper R. Müller.

Man kann nur wünschen, dass das Beispiel,
welches die Firma Max Thürmer mit diesen
vornehmen Laden - Ausstattungen gegeben hat,
recht viel Nachfolge bei unseren Fachleuten und
Geschäfts-Inhabern findet. Paul Schumann—Dresden.

Rand=Glossen zum Kunsterziehungs-Tag
in Dresden. 28. u. 29. Sept. 1901.

Die schönen Tage von Dresden sind nun vorüber, und
Fleiss und Arbeit kommen an die Reihe: Fleiss und
viel Arbeit, damit die Forderungen, die in Dresden gestellt
wurden, jetzt auch in die That umgesetzt werden mögen.

Auf die einzelnen Verhandlungen hier näher einzugehen,
dürfte mit dem Zweck und Ziel dieser Zeitschrift kaum ver-
einbar sein. Was da im Laufe der redereichen Tage gesagt,
gewünscht, gehofft und nach allen Seiten hin zum Ausdruck
gebracht wurde, das sagen, wünschen, hoffen und erwarten wir
ja Alle, die wir an einer Hebung unserer deutschen Volkskultur
unser Teil mitarbeiten, die wir mit den Gleichstrebenden für
die'Lösung des Problems alle Kräfte aufbieten: des Problems,
aus einem zivilisierten Volk ein Kulturvolk zu machen.

Es ist aber in Dresden nicht nur geredet worden. Man
hat auch etwas gezeigt; man hat mit Thatsachen, mit Proben
und Beispielen der Worte vieldeutigen Sinn unterstützt. Die
Augen haben auch etwas zu thun gehabt. Mehr noch: die
Augen, die aufmerksam hinsahen, fanden das Beste von der
Erziehung zur Kunst — in Form und Farbe. Das war das
schwere Geschütz der Thatsachen. Nur wenige kann ich
herausgreifen. Da sind zunächst die neuen Schulhäuser des
Bau-Amtmanns Theodor Fischer in München. Ich sah freilich
nur die Abbildungen, aber sie liessen Schlüsse auf die Wirk-
lichkeit zu, die einem das Herz höher schlagen machen.
Endlich ein Bruch mit der Schul-Kaserne, endlich ein freieres

Paul Perks—Dresden.

Kaffee-Geschäft von M. Thürmer in Dresden.
 
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