Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Internationale Sammlerzeitung: Zentralbl. für Sammler, Liebhaber u. Kunstfreunde — 14.1922

Zitierlink: 
https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/internationale_sammlerzeitung1922/0041
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Internationale
^ammlcr^äfunfl
Zentralblatt für Sammler, Liebhaber und Kunstfreunde,
Herausgeber: Norbert Ehrlich.

14. Jahrgang. Wien, 1. März 1922. Nr. 5.

Die SRutographenauhtion im Dorotheum.

Die wiederholt verschobene Auktion der Autogra-
phensammlung Gustav E p s t e i n ist vom Dorotheum
in den Tagens vom 22. bis 25. Februar durchgeführt
worden und hatte ein Ergebnis von vier Millionen
Kronen. Jeder Tag brachte eine Million. Das Interesse
für die Auktion, seit der Versteigerung der Sammlungen
I. F. Weigel, K. E. Bauernschmidt und Helene Sueß-
Rath durch Dr. Ign. Schwarz im Jahre 1918 die erste,
übertraf alle Erwartungen und spiegelte sich in den
Meistboten wieder, die oft ein Vielfaches der Schät-
zungspreise darstellten. So brachte beispielsweise ein
Brief Beethovens an seinen Neffen Karl, der auf 40.000
Kronen geschätzt war, K 180.000, ein' Brief Schillers
an Georg Göschen, der mit K 90.000 ausgeboten ward,
ging auf K 190.000, ein Brief Goethes an Wilhelm von
Wolzogen stieg von K 22.000 auf K 90.000 und die
Skizzen zum As dur Quartett von, Dworzak sogar von
K 8000 auf K 90.000. Der Kampf um einzelne Nummern
war ein sehr heißer, zumal bei den englischen Auto-
graphen, wo zwei schlichte englische Soldaten
in Mitbewerb traten. Kein Wunder, daß die Herren mit
ihren Pfunds alle Konkurrenten aus dem Felde schlu-
gen. Am umstrittensten war ein Autograph von Schu-
bert, das auch durch seine Vorgeschichte interessant
ist. Dieses Autograph, ein Streifen mit je zwei Noten-
zeilen auf beiden Seiten, bildete den linken oberen
Rand der Handschrift von Schuberts wundervollem
Lied „Der Tod und das Mädchen“. Die ganze Hand-
schrift gehörte ursprünglich einem Stiefbruder Schuberts,
dem P. Hermann, der Kapitular zu den Schotten
war und im Gymnasium des Schottenstiftes Religions-
unterricht erteilte. P. Hermann schätzte die Handschrift
in seiner Art und darum schnitt er alljährlich ein Stück-
chen von ihr ab und zeichnete damit den glücklichen
Prüfungskandidaten aus. Wie viele solcher Streifen er
erzeugte, weiß man nicht; man vermutet, daß es acht
waren.
Im Laufe der Jahre waren drei der so Ausgezeich-
neten, die natürlich von einander nichts wussten, so
verständig, ihre Streifen der Gesellschaft der Musik-
freunde zu schenken, wo sie wie ein Schatz gehütet
werden. Bezüglich der anderen Stücke hiess es fein
mit Geduld sich wappnen, vielleicht würden sie einmal
der Gesellschaft in den Schoss fallen. Und nun tauchte

in der Auktion Epstein eines dieser vermissten Stücke
auf. Die Gesellschaft wandte sich an ihre Gönner und
bald waren K 160.000 für die Erwerbung der Reliquie
beisammen. Der Archivar, Herr Dr. Eusebius Mandy-
c z e ws k y, glaubte umso sicherer auf das nur mit
K 5500 bewertete Autograph rechnen zu können, als
von keinem der grossen Wiener Sammler ein Mitbieten
zu befürchten war.
Es kam aber anders. Die kleinen Konkurrenten
waren bald zum Weichen gebracht, aber in dem Buch-
händler Herrn Wilhelm Lechner erstand Herrn Doktor
Mandyczewski ein Rivale, der immer gefährlicher wurde.
Fünf- und Zehntausender jagten einander und bald
waren die K 160.000 erreicht, die die Gesellschaft sich
als äusserste Grenze des Mitbietens gesetzt hatte. Re-
signiert gab Dr. Mandyczewski den Kampf auf. In die
Bresche sprang rasch der Besitzer der Sammlung, Herr
Epstein ein, der gerne einige Tausender daran wenden
wollte, um das Autograph für die Gesellschaft zu retten.
W ieder ging es hinauf — 165.000, 170.000, 180.000 K.
Bis 190.000 K ging Herr Epstein mit, dann gab auch
er es auf. Weitere 10.000 K und das Autograph wurde
Herrn Lechner zugeschlagen, der es für einen reichs-
deutschen Sammler erworben hatte. Jetzt erst erfuhr
man es, dass Herr Lechner den Auftrag hatte, bis
200.000 K mitzubieten. Hätte Herr Epstein das geahnt, so
hätte er auch die 10.000 K noch geopfert; so aber blieb
nichts anderes übrig, als Herrn Lechner zu bitten, bei
dem unbekannten neuen Besitzer Fürsprache einzulegen,
dass er das Autograph der Gesellschaft der Musik-
freunde käuflich oder im Tausch gegen ein anderes
wertvolles Autograph überlasse ....
Wir lassen nachstehend die wichtigsten Ergebnisse
der Auktion folgen:
Musik.
Nr. 5 A b t, 3 Br. K 450. Nr. 6 A d am, Br. K 850. Nr. 8
d’ Albe.rt, 9 Br. und 10 Postk. K 2700. Nr. 10 Ders., Musikai.
Widmungsblatt K 1400. Nr. 11 Albrechtsberger, Musik-
manuskr. K 16.000. Nr. 15 Ander, Zettel mit Unterschr. K 900.
Nr. 18 An sorge, 3 Br. und 1 K. K 700. Nr. 26 Assmayr,
Br. K 1200. Nr. 37 B a z z i n i, Brief K 500. Nr. 40 Alfr. Becher,
Br. K 1800. Nr. 41 Ders., Gedicht K 450. Nr. 42 Ders., 2 Ge-
dichte K 450. Nr. 45 Engi. Reisepaß für Becher K 1000. Nr. 46
Ders., Musikmanuskr. K 3500. Nr. 53 Beethoven, Brief an
seinen Neffen Karl (Frühjahr 1825) K 180.000. Nr. 55 B e n d 1,
Musikmanuskr. K 2000. Nr. 57 Berlioz, Br. K 6500 Nr. 58
 
Annotationen