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Jahrbuch für den Zeichen- und Kunstunterricht — 3.1907

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Des Jahrbuches Erster Teil. Zeitstimmen
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Frieser, Walther: Der Zeichensaal
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https://doi.org/10.11588/diglit.74115#0083

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DER ZEICHENSAAL.
Von GEORG FRIESE.
In der Natur des Zeichenunterrichtes liegt es, daß für den Unterrichtsbetrieb be-
sondere Vorrichtungen und sonstige Hilfsmittel erforderlich sind. Jemehr diese
vernünftigen Anforderungen entsprechen, desto leichter wird sowohl dem Lehrer
wie dem Schüler die Arbeit, ja in gewisser Weise sind die Erfolge des Unterrichtes
von diesen äußeren Einrichtungen geradezu abhängig.
Das Wichtigste für den Erfolg ist natürlich ein brauchbarer Raum, in dem
der Unterricht stattfindet. Gewiß kann man überall, wo man überhaupt etwas sieht,
zeichnen. Die Schule aber hat es mit Anfängern, mit einer Schar von Kindern zu
tun, denen möglichst alle Schwierigkeiten bei der Arbeit hinweggeräumt werden
müssen. Eine richtige Unterrichtstechnik nimmt daher mit weisem Vorbedacht bei
der Auswahl eines Raumes Rücksicht auf die Schwierigkeiten, die sich den Kindern
entgegenstellen, und berücksichtigt bei einer solchen Anlage auch die Eigenheiten
unseres Faches.
Am besten ist es natürlich, wenn für dieses Fach ein besonderer Raum geschaffen
wird, ein eigener Zeichensaal. Höhere Lehranstalten besitzen heutzutage wohl all-
gemein einen derartigen Zeichensaal. Eine Verfügung der preußischen Unterrichts-
verwaltung vom 6. Oktober 1859 schreibt bereits einen besonderen Zeichensaal vor.
„Ohne einen eigenen in dieser Weise ausgestatteten Zeichensaal kann eine Lehranstalt
in die erste Ordnung der Realschulen nicht aufgenommen werden." In neuerer Zeit
aber fängt man an, auch bei Volksschulen einen besonderen Zeichensaal vorzusehen.
In den größeren Städten, wo große Schulsysteme in einem Gebäude vereinigt sind,
geschieht das heutzutage wohl allgemein. Am schwierigsten für den Lehrer aber
ist es in den kleineren Städten und in den Dörfern, wo der allgemeine Klassenraum
auch für die Erteilung des Zeichenunterrichtes genügen muß.
Bei Neueinrichtungen eines Zeichensaales ist es notwendig, einen erfahrenen
Fachmann zu Rate zu ziehen, der die Bedürfnisse des Faches kennt, der auch mit dem
Unterrichtsbetrieb vertraut ist. Nur zu häufig hat man die Ausbildung des Zeichen-
saales einfach dem Architekten überlassen, der aber in vielen Fällen wenig davon
versteht und häufig nur auf die Bedürfnisse des Linearzeichnens, mit denen er ver-
trauter ist, Rücksicht nimmt.

1. LAGE DES ZEICHENSAALES.
Als erste Regel gilt hier der Grundsatz, daß die Lage so sein muß, daß direktes
Sonnenlicht in den Zeichensaal nicht hineinfallen kann. So angenehm die Sonne ist;
für den Zeichensaal paßt sie nicht, da sie die Beleuchtung in störender Weise be-
einflußt und ein gleichmäßiges Arbeiten nach dem Modell nahezu unmöglich macht.
Ich selber hatte mehrere Jahre einen derartigen Raum für den Unterricht, der nach-
mittags Sonne empfing. Wurden die Fenster durch Vorhänge verhüllt, dann waren
die Formen undeutlich, die Schüler konnten die Feinheiten nicht erkennen. Wenn aber
der Himmel bedeckt war und die Sonne nicht schien und die Vorhänge wieder hoch-
gezogen wurden, konnte die Arbeit nicht fortgesetzt werden, da eine ganz andere
 
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