Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunsthistorisches Institut <Wien, Universität> [Editor]
Jahrbuch des Kunsthistorischen Institutes — 5.1911

DOI article:
Kurth, Betty: Ein Freskenzyklus im Adlerturm zu Trient
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.18127#0102
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Betty Kurth Ein Freskenzyklus im Adlerlurra zu Trient

79

deutlich auf Süddeutschland weisen183). Auch dieses Werk ist mit höfischen Darstellungen
geschmückt und zeigt ritterliche Vergnügungen, Jagd, Fischfang und mannigfache Spiele
unter Vorsitz der Königin Minne (Fig. 45). Es ist dasselbe Milieu, das gerade in der
nordischen Kunst noch Jahrzehnte später als beliebte Darstellung galt und in das uns noch
um die Mitte des XV. Jhs. der „Meister der Liebesgärten" führte. Der Teppich im Ger-
manischen Museum ist, wie aus der Übereinstimmung der Trachten mit den unmittelbar
vorher besprochenen Werken zur Evidenz hervorgeht, ebenfalls ein Werk aus dem letzten
Jahrzehnt des XIV. Jhs. Doch bildet er, wie eine Reihe analoger Züge beweist, gewisser-
maßen eine Brücke zu den Malereien in Trient. Er zeigt eine ähnliche Raumdarstellung,
ein steil ansteigendes Terrain, die Anordnung der Szenen in mehreren Plänen übereinander,
wobei auch hier die ländlichen Beschäftigungen, wie Jagd und Fischfang, in die oberste
Region, gleichsam auf die Abhänge der Berge verlegt erscheinen; auch weist er dieselbe

Fig. 45 Nüinberg, Germanisches Museum. Teppich

Vorliebe auf für naturalistische Details und Beobachtungen des täglichen Lebens, für
Pflanzen- und Tierdarstellungen, ähnlich wie wir sie bei sämtlichen Werken des neuen
Stiles gefunden haben.

Alle diese aufgezählten Werke Süddeutschlands zeigen untereinander die größte Ähn-
lichkeit in den Trachten und bieten uns in ihrer Gesamtheit ein lebendiges Bild der Moden,
die vor dem Jahre 1400 in Deutschland getragen wurden. Das kurze, lose Wams der
Männer, das enganliegende Gewand der Frauen, die etwas losen/ aber nur wenig herab-
hängenden Ärmel repräsentieren Formen eines Modetypus, der in Trient bereits über-
wunden erscheint. Dessenungeachtet lassen sich auch hier eine Reihe gemeinsamer Züge
beobachten. Vor allem stimmen Haar- und Barttracht der Männer überein. Man vergleiche
z. ß. das Tanzbild in Runkelstein (Fig. 43) oder den Teppich in Nürnberg (Fig. 45) mit
einzelnen Figuren auf Januar, Mai und Juni (Taf. III 1, IV 2, VII). Sie zeigen denselben
Ziegenbart, dieselbe Frisur, bei der Hals und Stirn rasiert wurden und das Haar am

1M) Zusammenstellung bei Falke: Eine Gruppe mittel- Z. K. 1872, pag. 40—48. Hans Weininger: Die mittel-
alterlicher Wandteppiche. Mitt. d. österr. Museums 1892, alterlichen Teppiche im Rathause zu Regensburg. Mitt. d.
pag. 104 — 109. Vergl. ferner: Ai.bert Ii.g: Ein altdeutscher Z. K. 1863, pag. 57. Hicener-At.tkneck: Kunstwerke und
Wandteppich von Schloß Straßberg in Kärnten. Mitt. d. Gerätschaften des Mittelalters und der Renaissance usw.
 
Annotationen