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Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 5.1890

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Winter, Franz: Silanion
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https://doi.org/10.11588/diglit.37651#0160
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Winter, Silanion.

indessen bisher nicht die verdiente Beachtung gefunden. Er ist etwas über
lebensgrofs9, die Nasenspitze und ein Stückchen der Oberlippe sind ergänzt und
die Oberfläche scheint modern übergangen zu sein. Wie an dem Contur der
erhaltenen Halsfläche erkennbar ist, ist der Kopf beim Aufsetzen auf die moderne
Büste allzu stark nach rechts hinübergeneigt. Die Ausführung ist geschickt aber
flüchtig und nicht ganz zu Ende geführt, wie namentlich an der Ungleichmäfsigkeit
der beiden Augen deutlich zu sehen ist.
Auf Taf. 3 ist der Kopf in Vorder- und Seitenansicht nach einem Gips-
abgüsse abgebildet und daneben eine Sapphomünze der Berliner Sammlung wieder-
gegeben10. Die Vergleichung beider läfst kaum irgend welchen Zweifel, dafs das
Münzbild und der Marmorkopf auf ein und dasselbe Original zurückgehen, sie zeigt
aber auch deutlich, dafs das Florentiner Exemplar an Treue hinter dem aus Villa
Albani zurücksteht. Es ist eine nach späterem Geschmack ins Zierliche und Fei-
nere umgebildete Wiederholung, bei welcher der ernste Charakter und die kräftig-
entwickelten Formen, wie sie die Münzbilder zeigen, einer auf das Anmutige ab-
zielenden Darstellung gewichen sind11. Für den Kopf auf den Münzen liegt das,
was den Charakter der Erscheinung bestimmt, in dem starken vorstrebenden Unter-
gesicht, in der breiten Fülle der Wangen, den etwas zurückliegenden Augen und
der eigentümlichen Frisur des Haares, welches von einer Haube zusammengehalten
wird, in deren Schlitz auf dem Scheitel eine breite Flechte freiliegt. Vorn tritt das
Haar unter der Haube hervor, in leichten Wellenlinien Stirn und Schläfen begren-
zend und vor dem Ohr in einer kunstvoll gedrehten Docke tiefer herabhängend.
In dem Marmorkopfe der Villa Albani vereinigen sich diese Züge zu einem Bilde
so unmittelbarer Febenswahrheit, dafs man glauben möchte, nicht ein Idealporträt,
sondern das wohl getroffene Bildnifs einer bestimmten zeitgenössischen Persönlich-
keit vor sich zu haben.
Die Zeitbestimmung ergiebt sich leicht aus dem Vergleich mit anderen
Kunstwerken. So stehen die beiden — etwas jüngeren — weiblichen Köpfe aus
Priene12 und Halikarnafs13, welche sich im Britischen Museum befinden, dem Sappho-
kopfe nahe, wenn sie auch nicht so fein bis ins Einzelne durchgebildet sind, wie es
bei diesem noch die Copie erkennen läfst, und bei ihrer mehr in allgemeineren Formen
gehaltenen Arbeit auch einen weniger individuellen Ausdruck haben. Man hat sie
mit Sicherheit den Künstlern zugeschrieben, welche in Halikarnafs am Bau des
Maussoleum, in Priene an der Ausschmückung des Athenatempels tätig waren.

bildung, jedoch ohne erläuternden Text, giebt
Christ, Griechische Litteraturgeschichte (in Mül-
lers Handbuch der classischen Altertumswissen-
schaft VII) Beilage 3.
9) Kopfhöhe 0,265 M.
10) Nach einem der Güte Dresseis verdankten Ab-
druck. Vgl. Sallets Numismatische Zeitschrift IX
Taf. 5. 6.
schichte der griec

1 >) Einen ähnlichen Kopf habe ich in Nimes, unter
den im 'Tempel der Diana’ aufgestellten Sculp-
turen gesehen. Bei Stark, Kunst und Städte-
leben in Südfrankreich, finde ich ihn nicht ver-
zeichnet.
12) Friederichs-Wolters n. 1241. Abgeb. Jonian
antiquities IV pl. XX.
13) Newton, Travels II pl. 7. Vgl. Overbeck, Ge-
. Plastik II S. 101.
 
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