Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 5.1890

DOI Artikel:
Kekulé von Stradonitz, Reinhard: Über die Darstellung der Erschaffung der Eva: eine Studie zum Parthenonostgiebel
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.37651#0194
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
ÜBER DTE DARSTELLUNG DER ERSCHAFFUNG
DER EVA.

EINE STUDIE ZUM PARTHENONOSTGIEBEL.
n dem Ostgiebel des Parthenon war die Sage von der Geburt der
Athena aus dem Haupte des Zeus dargestellt. Welcher erkannte in
dieser Sage Stücke eines gewaltigen Mythos der Weltenschöpfung.
'Wenn uns die griechischen Religionen — so verkündigte er in
der äschylischen Trilogie Prometheus — auf zwei, im Cultus zwar
nirgends verbundene Schöpfungstage zurückweisen, die da sind,
Gott sprach und es gebar die Finsternis ein Zwillingspar, Sonne und Mond,
oder sie gebar Zwillingssöhne, zu scheiden Morgen und Abend, und dazu die
Schwester, zu leuchten in der Nacht; und abermals schuf der Herr, zeugend jetzt
mit der Flrde, und es sprosseten Kräuter und Blumen, und Tiere und Menschen,
Hermes oder Eros, Ares und Hebe, oder auch Kora; so ist offenbar eine gleich alte
Grundanschauung neben oder zwischen diesen, dafs zum dritten male schaffend Zeus
aus seinem wolkenumhüllten Haupt unter Donnerschlägen ein Feuerkind gebar,
Frucht und Quell allbelebender Wärme, und alles Geisteslichts und Rates zugleich.’
Im homerischen Hymnos staunen die Götter und fürchten sich, wie die
gewappnete Göttin dem Haupte des Zeus entspringt1.
Pallas Athen’ itzund, der preislichen, heb’ ich Gesang an,
Der blauäugigen, weisen, die trotziges Herze bewahret;
Ihr, der züchtigen, Städte beschirmenden, überstarken
Tritogeneia, die selber erschuf der beratende Gott Zeus
Aus hochheiligem Haupt, mit kriegrischem Zeuge gewappnet,
Güldenem, hellumstralten. Es fassete Staunen die Götter,
Die es ersahn. Sie sprang vor Zeus, den Aegiserscliüttrer
Stürmend im Schwung hernieder aus seinem unsterblichen Haupte,
Schüttelnd die spitzige Lanz’; es erbebten die Höhn des Olympos
Unter der Wucht graunvoll der bläulichen. Rings auch das Erdreich
Gräuliches Schalles erdröhnt’ und erregt auch wurde der Pontos,
Dunkeles Purpurgewog aufsprudelnd. Aber die Salzflut
Starrte sodann. Rück hielt der beleuchtende Sohn Plyperions
Lange der Rosse Gespann, schnellhufiger; bis dafs die Jungfrau
Von den unsterblichen Schultern die göttlichen Zeuge sich abnahm,
Pallas Athen’; hoch freute sich defs der beratende Gott Zeus.
So ist unsere Phantasie vielfach erregt, wenn wir an den Parthenonostgiebel
denken. Aber es bleibt ein sehnsuchtsvolles Spiel der Phantasie. Schon Carrey
') Ich setze die Übertragung her, welche August bekannten, in Giefsen 1814 erschienenen Über-
Follenius und Konrad Schwenk in ihrer wenig Setzung der homerischen Hymnen versucht haben.
 
Annotationen