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Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 20.1905

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Assmann, Ernst: Das Schiff von Delphi
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https://doi.org/10.11588/diglit.47181#0041
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Aßmann, Das Schift' von Delphi.

DAS SCHIFF VON DELPHI.
Bei den Ausgrabungen zu Delphi ist eine Metope vom Thesauros der
Sikyonier gefunden worden, welche ein Schififsbild in Tuffsteinrelief enthält. Dasselbe
stammt nach der Ansicht der französischen Archäologen aus dem zweiten Viertel
des 6. Jahrhunderts v. Chr. und stellt das Schiff Argo dar, in welchem der Sänger
Orpheus steht, während davor auf ihren Pferden die Dioskuren sitzen. Unter den
auffallend spärlichen Schiffsdarstellungen in Relief, welche uns Hellas hinterlassen
hat, ragt diese als die weitaus älteste hervor, sie übertrifft an Alter auch noch die


meisten schwarzfigurigen Vasen von Attika. Dieser Umstand im Verein mit einigen
bemerkenswerten Einzelheiten am Schiffe dürfte es rechtfertigen, wenn wir an dieser
Stelle untersuchen, was wohl einem etwas sachkundigen Auge an dem Schiffe von
Delphi auffalle. — Die vorstehende Zeichnung beruht auf der Heliogravüre in
den Fouilles de Delphes IV Taf. IV und auf meinen Beobachtungen an dem Gips-
abguß im Louvre-Museum. — Von dem Schiffskörper ist leider nur wenig zu sehen,
nämlich ein 28 cm langes Stück des Mittelschiffs und der 29 cm lange Bug, beide
obendrein teilweise verdeckt durch die Beine und Schwänze der Pferde; der Bug
ist durch mehrfache Abstoßungen verletzt und entstellt. Die Linien des im ganzen
recht niedrigen Schiffsrumpfes steigen nach dem Bug hin empor; der Seemann würde
etwa sagen: der Belauf zeigt deutlichen Spring. Die Unterkante des Sporns, der
Ramme nebst den benachbarten Teilen des Kiels bezw. Schiffsbodens liegt in einiger
Höhe über dem Unterrand des Gesamtbildes, während das Mittelschiff auf letzterem
aufsitzt. Stärkere Schweifung als die Kiellinie zeigen die zahlreichen Leisten bezw.
Gürtelhölzer, auch die drei sichtbaren Rojepforten liegen in einer nach links hin, d. h.
bugwärts, aufsteigenden Ebene. Unser Schiff schließt sich also jenem Typus von
mondsichelförmigem Längsschnitt an, welchen uns ägyptische Bilder aus dem dritten
 
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