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Deutsches Archäologisches Institut [Editor]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Editor]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 20.1905

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Nr. 1
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Assmann, Ernst: Das Schiff von Delphi
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https://doi.org/10.11588/diglit.47181#0043
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Aßmann, Das Schiff von Delphi.

Außenhaut, wie sie auf den attischen schwarzfigurigen Schiffen nicht zu finden ist,
wohl aber reichlich auf späteren Darstellungen bei Griechen und Römern. Die
Vorderkante des Schiffes, der Vordersteven wölbt sich leicht vor, bildet eine schwach
konvexe Linie, ähnelt darin den samischen Münzenschiffen, während auf Dipylon-
und schwarzfigurigen Vasen eine konkave Bildung auftritt. Wo der mittlere Gürtel-
holzzug den Vordersteven trifft, sitzt auf letzterem ein knopfartiges Gebilde, etwas
beschädigt, welches als Nebensporn (προεμβόλιον) gedeutet werden muß, wenngleich
diese Form wohl sonst nirgends vorkommt. Auf der französischen Abbildung ist
dieses Gebilde nicht zu sehen, da es im Schatten des Pferdes bzw. Reiters ver-
schwindet. Am oberen Ende des Vorstevens erhebt sich senkrecht, einem geraden
Horn ähnlich, das (beschädigte) Gallion, άκροστόλιον, wie es uns von den schwarz-
figurigen Vasen her bekannt ist. An seinem Fuße baucht sich, den Winkel zwischen
ihm und dem Vorsteven füllend, ein Wulst nach vornhin aus, dessen Oberfläche zer-
stört ist und für den ich ein Seitenstück im Altertum nicht kenne. Vielleicht ist es
der zu einer Art Nebensporn verdickte Kopf einer breiteren Leiste an der Back,
von welcher sich weiter rechts ein Stück erhalten zeigt. Einzig in ihrer Art ist
auch jene zierliche Rundschleife an dem nach hinten gerichteten Fuße des Gallions,
in welcher die oberste Leiste vom Bordrande des Vorschiffes zu endigen scheint.
Auffallend niedrig ist — wie schon erwähnt — das sogenannte Vorderkastell, die
Back, welche mit der Bordwand (Reling) des Vorderdecks auf Vasenschififen die
Bordlinie des Mittelschiffes weit höher überragt. Dieses niedrige Vorschiff erinnert
an manche Münzbilder der Phoiniker aus der Zeit vor Alexander (z. B. Babelon,
Pariser Münzenkatalog, les Perses, Taf. 29 Abb. 19; Revue numism. 1891 Taf. 11 Abb. 7,
14, 18, 20). Gleich hinter dem Gallion erhebt sich, dieses überragend und vorwärts
geneigt, leider arg zerbrochen ein Gegenstand, in welchem der Kenner antiker
Schiffsbilder zunächst den schrägen, kleinen Vormast (ακάτιος, δόλων) zu suchen geneigt
sein wird (s. Baumeister, Abb. 1685, 1688, 1695; dieses Jahrb. 1889 S. 92, 93). Ein
solcher ist indessen in so früher Zeit noch allzu unwahrscheinlich, er läßt sich erst
172 Jahrhunderte später nachweisen. Auch fehlt hier die glatte, zylindrische Form
des Mastes; je zwei Längsfurchen auf der dem Beschauer sowie dem Mittelschiff
zugewendeten Fläche deuten an, daß ein Bündel von Stangen gemeint war, welches
sich vielleicht gegen die Gallionsspitze lehnte. Die wünschenswerte Ergänzung und
Aufklärung liefert uns ein fein gezeichnetes korinthisches Täfelchen der Berliner
Sammlung in erfreulicher Volkommenheit, wie Abbildung 2 (nach Antike Denk-
mäler II Taf. 29 Fig. 24) erkennen läßt. Elin Bündel langer Speere, welche durch
mehrere Ringe und Bänder zusammengehalten werden, steht ganz vorn auf dem
Vorderdeck und lehnt sich, vornüber geneigt, gegen das hornartige Gallion. Dieses
Bild aus Korinth entstand vielleicht nicht viel früher als das Schiff am Schatzhaus
von Sikyon. Ein anderes Täfelchen (ebenda Abb. 12) zeigt in roherer Ausführung
mehrere große Lanzen über dem Hinterdeck an der Heckzierde (άφλαστον). Denselben
Brauch bezeugen in älterer Zeit die Dipylonvasen mehrfach: einige — fast immer
drei — Stangen ragen über das Gallion oder die Heckzierde hinaus, nur das Kopen-
 
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