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Deutsches Archäologisches Institut [Editor]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Editor]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 20.1905

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Nr. 1
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Assmann, Ernst: Das Schiff von Delphi
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https://doi.org/10.11588/diglit.47181#0046
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Aßmann, Das Schiff von Delphi.

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Schilde an den Borden auf, und dieser Brauch, die pavesade, hat sich auf den Flotten
der Kulturvölker bis in das späte Mittelalter erhalten.« Die Phoiniker übten diesen
Brauch auch zu Lande an ihren Festungsmauern, denn Hesekiel 27, 11 sagt von
Tyros: die Arvaditer . . . waren auf deinen Türmen, ihre Schilde hingen sie rings an
deinen Mauern auf. Rundschilde zieren die Turmbrüstung auf einem assyrischen
Relief (Perrot-Chipiez, Histoire de Part 2 Abb. 219). Auch die Münzen der Phoiniker
aus der Zeit vor Alexander bezeugen, daß eine lange, enggeschlossene Reihe von
Rundschilden am Kriegsschiffe angebracht war; man hat nur meistens diese Schilde
nicht beachtet oder verkannt, nämlich für Menschenköpfe, für Ruderer (Rojer) gehalten.
Während Graser {Die ältesten Schiffsdarstellungen auf antiken Münzen 13) schon 1870
von den »Reilingsschilden, die sich auch über Back und Schanze erstrecken«, sprach,
verfielen später Head, Hist. num. 672, und Babelon, Pariser Münzenkatalog, Perser 37,
52, 128, irrtümlich auf rowers und rameurs. Man kann bei einiger Sorgfalt deutlich
erkennen, daß die phoinikischen Stempelschneider sich öfters bemüht haben, in
den winzigen Kreisen, welche die Schilde darstellen, noch etwas vom Schildrand
und Schildnabel zur Anschauung zu bringen; die Kreismitte ist mehr oder weniger
stark vertieft, genau wie an den größeren Rundschilden der drei Epibaten auf Münzen
von Gebal, der Kreisrand teilweis doppellinig (Babelon, Taf. 30, Abb. 5; Svoronos
Journ. d’arch. numism. 1900, Taf. 6, Abb. 20, 22; 1901, Taf. 1, Abb. 5, 8). Beistehende
Figur wird das Verständnis erleichtern. Auf
den Münzen von Gebal sitzen die Schilde auch
an den Seiten des Vorschiffs, der Back, wohin
Menschen köpfe gar nicht kommen konnten (Babe¬
lon, Taf. 26). Die Schilderreihe ziert nicht den
eigentlichen Bord, sondern die Brüstung, Reling
eines von Stützen getragenen, über dem Schiffe
schwebenden Sturmdecks, wie dieses die Reliefs von Ninive noch deutlicher zeigen.
Diesen Oberbau erörterte ich bei Baumeister 1596. Wenn die zwischen Schilden
und Bord sichtbaren Deckstützen häufig schiefgestellt erscheinen, so ist das weder
Zufall noch Nachlässigkeit, sondern abermals eine absichtliche und richtige Feinheit,
wie man leicht durch einen Blick auf die Trieren der Akropolis und des Pozzo, auf
die cista Ficoroni (Baumeister, Abb. 1689, 1690, 501; S. 1628, 1630) lernen kann.
Dieser Schilderschmuck ist eine regelmäßige Eigenart auf altphoinikischen Münzen-
schiffen, er schwand sofort, als mit Alexander griechischer Einfluß nach Phoinikien
kam, — auch ein Zeichen dafür, wie wenig er den hellenischen Gewohnheiten ent-
sprach. Die unabhängigen Punier, die Karthager blieben dem altphoinikischen
Brauche wahrscheinlich treu; leider haben sie uns keine diesbezüglichen Bilder hinter-
lassen, doch darf ich ein lehrreiches, sauber ausgeführtes Münzbild aus Mauretanien
unter Bocchus (Müller, Numism. d. Pauc. Afrique, suppl. Taf. 3, Abb. 4a, S.71; Head 746),
etwa dem Ende des 3. Jahrhunderts v. Chr. entstammend, als Beleg verwerten. Es
zeigt die prora eines Kriegsschiffs, dessen Sturmdeckreling durch zwei große, ovale,
schräggestellte Schilde verdeckt wird. Das Vorbild war sicher ein karthagisches,
 
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