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Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 20.1905

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Nr. 2
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Pfuhl, Ernst: Das Beiwerk auf den ostgriechischen Grabreliefs, 1, Die Denkmäler
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https://doi.org/10.11588/diglit.47181#0102
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Pfuhl, Das Beiwerk auf den ostgriechischen Grabreliefs.

93

DER BAUM.
Weit verbreiteter als die besprochenen Grabdenkmäler, von welchen nur die
Herme außerhalb des ostgriechischen Kreises ziemlich oft erscheint, ist auf den
Grabreliefs hellenistischer und römischer Zeit der meist von einer Schlange um-
wundene Baum 207 * * * * * 207. Er kommt in jedem Zusammenhänge vor, bei einzelnen und
mehreren Erwachsenen oder Kindern, bei Reitern, bei Totenmahlen. Auf letzteren
ist bisweilen ein Vorhang daran befestigt, was häufig auf Schreiberschen Reliefs
und pompeianischen Bildern begegnet. Ein Vorhang ist auf der Calvertschen Stele
mit dem Sirenendenkmal an die Grabherme gebunden 208. Auf den Reiterreliefs
steht der Baum gewöhnlich hinter dem Grabaltare, ebenso auf den nicht zahlreichen
anderen Reliefs mit Baum und Altar. — Die Gattung des Baumes ist nicht oft
unverkennbar deutlich gemacht 209. Meist meint man Oliven, bisweilen Lorbeerbäume
zu sehen, seltener Orangen- und Feigenbäume, vereinzelt Platanen210, Pinien211,
Eichen212. Cypressen finden sich, wie es scheint, nur auf einem unten besprochenen
Totenmahlrelief zu zweit ohne Schlange. Es bestand offenbar keine oder doch
keine allgemeine Regel für die Wahl. Auch in der Literatur werden die ver-
schiedensten Arten genannt.
Man pflegt den Baum mit der Schlange mit Recht als Symbol des Grabes
zu bezeichnen. Es bedarf deshalb nur einer kurzen Betrachtung, bei welcher wir
zunächst von der Schlange absehen.
Der noch heut verbreitete, von den Orientalen besonders gepflegte Brauch,
Bäume um die Gräber zu pflanzen, herrschte im ganzen Altertum. Wir finden ihn
bereits bei Plomer, und Platon erschien er so wesentlich, daß er in seine Gesetze
Vorschriften dafür aufnahm213. Um vornehme Gräber entstanden ganze Haine — es
sei nur an das Heroon von Giölbaschi und an das Grab des Kyros erinnert214. Das
Temenos des Toten gleicht darin ganz dem des Gottes. — Dargestellt sind Bäume
am Grabe schon auf den schwarzfigurigen Vasen mit der Ekphora215. Von unseren

207) Die Schlange fehlt ganz z. B. auf einer Stele
aus Smyrna im Britischen Museum, Cat. Nr. 639;
um den Altar statt um den Baum ringelt sie
sich auf dem kleinasiatischen Reiterrelief Berlin
Nr. 810. — Der auf attischen Grabreliefs ganz
vereinzelt als Stütze auftretende Baumstamm
wird ebenso zu beurteilen sein, wie die im
Schlußabschnitt besprochenen kleinen Pfeiler;
die Möglichkeit, ihn als Andeutung des Grab-
baumes aufzufassen, besteht immerhin; vgl. die
Baumstämme auf Weihreliefs an Asklepios und
Herakles (Friederichs-Wolters Nr. ii4Öf., 1234),
in den Darstellungen von Theseus und Sinis
sowie auf Vasenbildern i. A.; ganz ähnlich ist
der kahle Baum noch auf dem Vorbilde des
Alexandermosaiks verwendet. Das wenigstens
seiner Typik nach älteste Reiterrelief, auf welchem

ein kahler Baum erscheint, ist böotisch (Haus-
soulier, Quomodo septilcra decoraverint Tanagraei,
Tafel). Das attische Hippolytosrelief Torlonia
(Roscher, Lex. II Sp. 2560 Abb. 5, Blinkenberg,
Archäol. Studien) vermittelt zwischen den älteren
Weih-und den späteren Sepulkralreliefs, s. II. Teil.
208) Oben S. 49 Nr. 1.
209) Dieser Überblick macht keinen Anspruch auf
Vollständigkeit.
210) Berlin Nr. 830, Corfu Phot. G. R. 695.
211) Ottoman. Museum Phot. 154, vom Athos.
2!2) Brit. Mus. Catal. Nr. 746.
2·3) Vgl. Curtius, Ges. Abhandl. I S. 80. Platon leg.
XII P· 947·
214) Benndorf, Heroon von Giölbaschi S. 42 ff.
215) Rayet, Mon. de l’art ant. I zu T. 9 S. 3 und 5;
Micali, Mon. per servire T. 96.
 
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