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Deutsches Archäologisches Institut [Editor]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Editor]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 20.1905

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Nr. 2
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Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von: Der Leichenwagen Alexanders des Grossen
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https://doi.org/10.11588/diglit.47181#0115
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jq5 von Wilamowitz-Möllendorff, Der Leichenwagen Alexanders des Großen.

besteht aus Flechtwerk (πλοκή). Ein Netz muß irgendwie gehalten werden, an irgend
etwas ausgespannt sein. Bei der gewöhnlichen Kutsche war das einfach; es hing
an den Trägern und war oben durch die Ringe an dem Rahmen des Daches
gezogen. Hier ist diese Verbindung aufgegeben, und die Säulen stehen außen vor
dem Netze. Woran hing es dann? Dafür sind die sonst ganz zwecklosen Akanthe
verwendbar, deren Standort durch die Angabe »zwischen jeder Säule« ungenügend
bezeichnet ist, wenn sich nicht das Gegenüber der Säule erschließen läßt. Da aber
μέν und δέ die Satzglieder, παρά μέν την εις την καμάραν είσοδον und άνά μέσον δέ
έκαστου των κιόνων zusammenrücken, so ist es erlaubt, die καμάρα als den andern
Punkt zu nehmen. Dann stehen also die Akanthe für die Betrachtung von außen
hinter den Säulen: mit ihren Blättern sind sie ausgezeichnet geeignet, ein Netz zu
halten. Der griechische Künstler hat also die Träger sozusagen in eine Säule zer-
legt, die das Dach.trägt, und einen Akanthosstab, der das Netz hält. So vermute
ich, nicht zuversichtlich, weil die überlieferten Worte mir nicht heil zu sein scheinen9.
Relieftafeln (πίνακες) an einem Netze sind seltsam; man wünscht, daß sie für
den Bau eine P'unktion hätten. Ob wir sie oben- oder untenhin verlegen wollen,
steht bei uns. Ich denke, es hilft auch hier die Analogie des Kremsers: unten
angebracht entsprechen sie dem Wagenkasten. Daß der Eingang über ein solches
Brett erfolgen muß, gilt ja eben für viele solche Wagen; eine Tür darin ist auch
jetzt lange nicht immer vorhanden. Übrigens ist über die Höhe der Tafeln gar
nichts gesagt. Wir werden eben einiges, was uns Diodor nicht sagt, auch nicht
raten können; das Recht, ganze Bauglieder stillschweigend zu ergänzen, gewinnen
wir keinesfalls.
Auf dem Dache standen an den vier Ecken Niken mit Trophäen im Arm,
in der Mitte unter freiem Himmel (wie besonders hervorgehoben wird) φοινικις έ'χουσα
στέφανον χρυσοΰν ευμεγέθη. Die »Purpurdecke mit einem großen Kranze, der weithin
leuchtete«, hat Studniczka durch eine abenteuerliche Erklärung in eine Standarte

einem Stabwerk ruht, wie es so oft die oberen
Teile von Türen füllt oder auch Schranken
(also δρύφακτοι) bildet. Nach dem Boden zu
zeigt die Zeichnung andere Zimmermannsarbeit.
Übrigens scheint mir selbst solch Stabwerk un-
geeignet, oben volle Füllung, also Bretter, zu
tragen. An dem sog. Alketasgrabe in Termessos,
auf das er sich beruft (Lankoronski, Städte
Pamphyl. u. Pisid. II, 64), kann ich über dem
Stabwerk nichts eikennen oder anerkennen; Gir-
landen können natürlich sehr gut in der Lücke
ausgespannt werden.
9) άνά μέσον δέ έκαστου τών κώνων υπήρχε χρυσούς
άκανθος, άνατείνων έκ τού κατ’ ολίγον μέχρι τών
κιονοκρα'νων κτλ. Darin verstehe ich wohl άνα-
τείνων (sich in die Höhe erstreckend, nicht »sich
ausbreitend«; das tut er freilich in der Rekon-
struktion), aber nicht έκ του κατ’ ολίγον; die

Übersetzung »allmählich« läßt έκ τού weg und
auch dann könnte ich mir nichts dabei vorstellen;
έκ τού (κάτω) oder so etwas würde nur etwas
Selbstverständliches bringen. Wachsmuth hat,
um den zweiten Punkt für das »zwischen«
zu gewinnen, έκαστου in έκάστοτε geändert.
Aber das würde doch wohl άει heißen, wenn es
das Distributive hineinbringen sollte, das unbe-
dingt erfordert war. Für die Sache ist die
Änderung höchst willkommen; die Akanthe
stehen dann zwischen den Säulen, und ihre
Blätter können auch dann das Netz halten. So
viel lehren die Worte immer noch, daß es ein
sehr hoher, gerader Akanthosstab war, der (seiner
Natur entsprechend) nichts trug und nicht bis
ans Dach reichte, aber doch fast bis ans Dach:
so hoch wird man auch das Netzwerk gehen
lassen, nicht höher.
 
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