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Deutsches Archäologisches Institut [Editor]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Editor]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 20.1905

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Nr. 4
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Six, Jan: Apelles
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https://doi.org/10.11588/diglit.47181#0180
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Six, Apelles.

wohl auch früher9 und später, möglicherweise sogar von der Pliniusstelle beein-
flußt10, eine abgewandte Figur gemalt, deren Angesicht man nicht sieht. Dabei
kann man zwar geneigt sein, sich einzubilden, daß man sich das Antlitz der abge-
wandten Person wohl vorstellen könnte, aber wenn auch ein Maler noch so sehr
unsere Phantasie anzuregen vermag, so scheint es mir doch höchst bedenklich, hier
anzunehmen, daß Plinius mit seinen Worten etwas derartiges habe sagen wollen.
Ganz so hat denn auch Brunn11 den Sinn der Stelle nicht aufgefaßt, aber seine
Umschreibung: »nämlich das Auge sah allerdings nur einen Teil des Gesichts im
Umrisse von hinten, etwa wie bei der mit einer Leibbinde gegürteten Figur der
ficoronischen Ciste; aber dieser Umriß war mit so feiner Motivierung jeder Form
gezogen, daß das geistige Auge daraus auf die nicht wirklich dargestellten Teile zu
schließen und Herakles mit derselben Sicherheit zu erkennen vermochte, als ob er
das Gesicht dem Beschauer zugewendet hätte«, scheint mir doch namentlich das
difficillimum noch nicht genügend zu erklären. Erkennt man doch Herakles sogar
ohne Kopf leicht und mit großer Bestimmtheit.
Da hat schon van Mander12, der selber Maler war, den Sinn richtiger erfaßt,
indem er schreibt: wanf al roas fyy gßpßli wt ben ruggljß gfyßfteeri, flfi XJart aifyfer:
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Es scheint mir einleuchtend zu sein, daß man bei ostendat an eine Vorder-,
eine Dreiviertel- oder mindestens eine Profilansicht denken muß, bei promittat an
ein verlorenes Profil. Richtig hat schon Robert13 die berühmte Stelle aus Plinius14
über Parrhasios: extrema corporum facere et de sine ntis picturae modum includere rarum
in successu artis invenitur. ambire enim se ipsa debet extremitas et sic desinere ut
promittat alia post se ostendatque etiam quae occultat mit dem verlorenen Profil in
Verbindung gebracht. Hier fällt der Nachdruck auf promittat wie dort auf ostendat.
In der Vorlage des Plinius haben die beiden Stellen wohl im Zusammenhang
gestanden und einen Gegensatz ausgedrückt, ähnlich wie das molliter iuvenem und
viriliter puerum vom Diadumenos und Doryphoros des Polyklet sich verhalten.
Zu dieser Auffassung, die eigentlich selbstverständlich ist, bin ich durch
einen Herakles-Typus gekommen, der in der antiken Malerei in mehr als einer
Verbindung vorkommt. Wir finden ihn in einem pompejanischen Gemälde (Helbig
1146) mit Hyllos, Deianeira und Nessos, und in dem großartigen Bilde aus Herculanum
(Helbig 1143), der Auffindung des kleinen Telephos, Abb. I.
Die Figur aus dem Nessosbilde schützt zunächst den Vater des Telephos

9) Man findet ja schon im Grab des Rekhmarah
eine Figur direkt von hinten gesehen, aber das
ist keine Hauptfigur, wie wir hier verlangen
müssen.
10) Bei Terborch kommt in demselben Gemälde, das
er mehrfach wiederholt hat, neben der Figur
von hinten ein anderes berühmtes Motiv aus dem

Altertum vor, das Mädchen, das aus einem Glase
trinkt, durch welches ihr Gesicht scheint.
u) Gesch. der Gr. Künstler II 223.
12) Fol. 18.
,s) XXIII. Hallisches Winckelmannsprogramm: Der
müde Silen 22 ff.
14) N. Η XXXV 67.
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