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Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 20.1905

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Nr. 4
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Six, Jan: Apelles
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https://doi.org/10.11588/diglit.47181#0187
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178

Six, Apelles.

Was bei Cicero aber nur angelegt heißt, nennt Plinius42, der weiß, daß das
Werk in Rom war, beschädigt, und auch er berichtet, daß man niemanden finden
konnte, der es wiederherstellte. Endlich sei, so berichtet er weiter, die ganze Tafel
zugrunde gegangen und unter Nero durch eine andere von der Hand des Doro-
theos ersetzt worden.
Es wird wohl der Körper durch das Meerwasser schimmernd sichtbar
gewesen sein, wobei das eine Bein sich deutlicher zeigte als das andere, — daher
der Beiname monoknemos, den wir aus Petronius43 kennen. Auf diesen Gedanken
bin ich geführt durch mein Exemplar des seltenen Buches44, aus dem Benndorf45 *
ein römisches Gemälde nach der Zeichnung von P. S. Bartoli herangezogen hat.
Dort zeigt sich das linke Bein von der Wade ab so deutlich, als ob es aus dem
Wasser heraustrete. Es kann die Erklärung von monoknemos damit das Richtige
getroffen haben, trotzdem diese Tafel, die ich schon hatte reproduzieren lassen, sich
als unzuverlässig ergibt und den Vorschlag nicht stützt. Nachdem Prof. Hülsen
vergeblich das Original unter den barberinischen Zeichnungen gesucht hatte, ergab
sich, daß es sich im Cabinet des Estampes zu Paris befinde unter Nr. Gd,9b in
folio, reserve. Herr P. A. Lemoisne war so liebenswürdig mir zu berichten, daß
dort nur eine geringe Differenz in dem Durchscheinen der beiden Beine angedeutet
sei. Auch in anderen Dingen war das Exemplar unzuverlässig.
Sollen wir nun Plinius40 glauben, so hätte neben diesem Werke noch eine
zweite Venus existiert, die Apelles auch für Kos gemalt, auch unfertig gelassen und
die auch niemand zu vollenden gewagt hätte. Es ist doch kaum denkbar, daß
Cicero, der sie noch zu Kos hätte kennen müssen, beide Werke zu einem einzigen
zusammen geworfen hätte. Viel näher liegt anzunehmen, daß Plinius seine Notiz
dem Cicero (oder vielleicht dem Varro) entnommen hat, ohne zu bemerken, daß
das Werk in Rom mit dem in Kos identisch war. Genau dasselbe ist ihm, wie ich
jetzt sehe, mit zwei Werken des Timomachos passiert, die er auch durch Benutzung
verschiedener Quellen, ohne es selber zu bemerken, verdoppelt hat47.
Hätte ein solches Gemälde des Apelles noch zur Zeit Lucians existiert, so
hätte dieser sicher nicht versäumt, es zur Ausmalung seiner Panthea zu verwenden,
und sich kaum mit der Pakate des Apelles zufrieden gegeben48.
Das Gemälde galt also in Kos als unfertig, in Rom als beschädigt. Das
letztere wird sicher richtig gewesen sein, da es nicht lange nachher zugrunde ging.
Ob auch das erstere? Obgleich nicht unmöglich — hat es doch auch im Altertum
wie in der Neuzeit sonst berühmte unvollendete Werke gegeben —, möchte ich
doch lieber glauben, daß das Durchscheinen durch das Wasser schon von Anfang

42) N. Η XXXV 91.
43) Satyr 84. Vergl. Studniczka, Vermut, z. Gr.
Kunstgeschichte S. 37 f. und dagegen Blümner,
Arch. Zeit. XLII 1884 S. 133E
44) Recueil de Peintures Antiques, trouvees a Rome
par Pietro-Santo Bartoli, seconde editionÄ, Taf. XXI.
In nur 30 Exemplaren gedruckt.

4S) Athen. Mitt. I, 1876, Taf. II.
4«) N. Η XXXV 92.
47) Helbig, Untersuchungen über die kampanische
Wandmalerei, 151.
48) Ikones 7.
 
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