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Deutsches Archäologisches Institut [Editor]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Editor]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 20.1905

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Nr. 4
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Weber, Georg: Wasserleitungen in kleinasiatischen Städten, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.47181#0218
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Weber, Wasserleitungen in kleinasiatischen Städten.

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Aizanoi aufmerksam gemacht, entschloß ich mich, von Kara-hissar einen Abstecher
nach Äsops Vaterstadt zu machen, in der Hoffnung, daß ihr berühmter Burghügel
auch meinen speziellen Nachforschungen ersprießlich sein würde. Die starken Mauern
des Schlosses, von vielen Türmen flankiert, sind leidlich gut erhalten; sie bildeten
eine der wichtigsten byzantinischen Festungen in Klein-Asien und umschließen heute
noch einen der ärmeren Stadtteile von Kutaya. Zu meinem nicht geringen Erstaunen
fand ich hier eine Hochdruckleitung in vollem Gange. Sie bringt das Wasser aus
dem Gebirge und leitet es über einen langen Sattel, kaum 30 m unter der Schloß-
höhe, in das Schloß hinauf. Allein es geschieht hier durch Holzrohre (Deicheln),
ausgebohrte 4 bis 5 m lange Tannenstämme, die in die Oberfläche des Bodens ein-
gelassen, aber überall sichtbar sind. An manchen Verbindungsstellen spritzt das
Wasser in feinen Strahlen mehrere Meter hoch heraus. Im Schloß selbst steht der
Schuppen mit dem einfachen Apparat, um diese Stämme zu bohren: ein starker
Tisch, mit Eisenklammern versehen, um sie festzuhalten, und ein großer, 3 m langer,
eiserner Bohrer.
Wie die Leitung im Altertum hergestellt war, konnte ich nicht ermitteln;
es fanden sich weder Ton- noch Steinrohre. Der aus guter Erde bestehende Sattel
ist überall bebaut. Es dürfte vielleicht eine offene Frage bleiben, ob die Türken
hier nicht ein altes, von ihnen vorgefundenes System einfach beibehalten haben
(vergl. die von Μ. Cetius Faventinus in V. Roses Vitruv 293, 5 und 293, 11 als
bequemes und verbreitetes Leitungsmaterial erwähnten tubi vel canales lignei}.
Am Schlüsse meiner Untersuchungen angekommen, glaube ich folgende Tat-
sachen festgestellt zu haben:
I. Alle Hochdruckleitungen in Pergamon, Smyrna, Trapezopolis, Tralleis,
Laodikeia, Apameia Kibotos, Magnesia ad Sipylum, Philadelpheia, Blaundos, Ak-
monia und den beiden Antiocheia sind in die hellenistische Epoche zurückzudatieren.
In römischer Zeit wurden sie entweder
a) beibehalten, wie in Tralleis, Laodikeia, Blaundos, Akmonia usw., oder
b) tiefer gelegt, wie in Pergamon, und
c) wo es möglich war, durch Kanalleitungen vervollständigt, wie in Smyrna und
Pergamon.
II. Die Ausführung dieser Hochdruckleitungen geschah
a) mit Bleirohren (zu Pergamon),
b) mit Steinrohren (in Pergamon, Smyrna, Trapezopolis, Laodikeia, Apameia
Kibotos, Akmonia, Prymnessos, Antiocheia ad Pisidiam) oder
c) mit Tonrohren, da wo der Druck nicht zu stark war (wie in Tralleis, Antiocheia
ad Maeandrum, Magnesia ad Sipylum, Philadelpheia und Blaundos.
III. Die Anlage dieser Druckleitungen erfolgte mit Ausnahme von Smyrna
über den Sattel, der den Stadtberg jeweils mit dem höheren Gebirge verbindet. Ist
dieser Sattel der einzig bequeme Zugang zur Stadt, so wird die Leitung auf einen
Bogenstrang, wie in Blaundos und Akmonia, oder auf eine von Toren durchbrochene
Jahrbuch des archäologischen Instituts XX.

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