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Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 21.1906

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Prandtl, Antonin: Zur Rekonstruktion des Parthenon-Ostgiebels
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https://doi.org/10.11588/diglit.29676#0051
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Prandtl, Zur Rekonstruktion des Parthenon-Ostgiebels.

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zum Ausdruck gebracht. Dieses Richtungsgesetz aber besteht darin, daß die
Hauptlinien der Gestalten senkrecht zur Giebelschräge stehen, und der
Sinn des Gesetzes ist offenbar, daß die Statuen sich in den Dienst der Architektur
stellen und, ideell, durch die Linie ihrer Haupterstreckung der niederdrückenden
Last des Daches entgegenwirken sollen; diese Gegenwirkung aber erfolgt am
leichtesten im rechten Winkel. — Das gleiche Kompositionsgesetz finden wir auch
im Westgiebel eingehalten: auch hier ist die Hauptrichtung von Athenas und
Poseidons Gestalt senkrecht zur Giebelschräge; in dem Maße, als die seitwärts
folgenden Figuren der Mittelgruppe nahestehen, kehrt das Motiv mehrfach wieder,
um gegen die Enden zu allmählich auszuklingen: am stärksten mußte es da betont
sein, wo der Druck des darüber schwebenden Daches am größten ist, d. i. in den
beiden Mittelhguren.
Angesichts dieser Tatsache darf man nun wohl die Frage stellen: Sollte es


Abb. 2 b.
Fuß Nr. 2ß6 des britischen Museums. Seitenansicht.

ein bloßes Spiel des Zufalls sein, daß von den Figuren des Madrider Reliefs, welche
die Geburt der Athena darstellen, die Körperachsen durchaus so gestellt sind, daß
sie einen rechten Winkel bilden zu einer schrägen Linie, welche mit der Grundlinie
einen Winkel von genau 13^ Graden einschließt, somit ein Gesetz befolgen, welches,
angewendet im Parthenongiebel (mit 13'/^° Giebelschräge), von der feinsinnigsten
Berechnung zeugen würde, und das, nach Aussage der Carreyschen Zeichnungen,
im Westgiebel sowie ferner in den erhaltenen Fragmenten des Ostgiebels auch tat-
sächlich befolgt ist? Sollte vielmehr nicht nach all dem Beweisenden, das oben
angeführt worden, hiermit ein letzter und stärkster Beweis erbracht sein für den
angenommenen Zusammenhang zwischen dem Madrider Putealrelief und der Ostgiebel-
gruppe des Parthenon und für die Richtigkeit der hieraus abgeleiteten Restitution
des letzteren, ein Beweis, der die Annahme fast zur sicheren Tatsache erhebt?
 
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