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Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 21.1906

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Prandtl, Antonin: Zur Rekonstruktion des Parthenon-Ostgiebels
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https://doi.org/10.11588/diglit.29676#0043
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Prandtl, Zur Rekonstruktion des Parthenon-Ostgiebels.

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ZUR REKONSTRUKTION DES PARTHENON-
OSTGIEBELS.
Seit mehr als zwanzig Jahren ist die Hypothese aufgestellt worden', daß
von der Mittelgruppe im östlichen Giebel des Parthenon uns noch ein Abbild in
dem Relief des Madrider »Puteais« mit der Darstellung der Geburt der Athena^
erhalten sei. Als entschieden kann die Hypothese noch nicht angesehen werden.
Im großen und ganzen hält man an einem mehr oder weniger engen Zusammenhang
zwischen dem Werke des Phidias und dem Putealrelief fest, auf andrer Seite aber
hat man zwischen den beiden einen Abstand erblickt, der das Relief für Rekon-
struktionsversuche des Giebelwerkes unbrauchbar mache". Die Entscheidung der
Frage kann letzten Endes nur in dem Versuch der Rekonstruktion selber liegen:
wenn die einzelnen Figuren des Madrider Reliefs getreue Kopien des großen Giebel-
werkes sind, nur verschieden angeordnet und in veränderten Größenverhältnissen,
dann muß sich aus diesen Einzelfiguren als den echten Bestandteilen eines ursprünglich
Ganzen durch entsprechende Umstellung und Verschiebung der Größenabstufung
dieses Ganze wiederherstellen lassen. Dieser Gedanke lag dem Restitutionsversuch
von Six* zugrunde. Indem er ihn jedoch nicht strikte durchführte, sondern die
Gestalten des Reliefs willkürlich abänderte und verzerrte, ward ein Resultat erzielt,
das weder nach künstlerischer noch nach technischer Seite befriedigen konnte. Die
Folge war, daß man neuerdings dem Madrider Relief nur noch wenig Autorität
glaubte zugestehen zu dürfen und sich für Rekonstruktionsversuche mehr auf das
Gebiet freier Kombination begab". Jedoch ist der exakte Versuch einer Rückführung
der Relieffiguren auf die ursprüngliche Komposition im Giebelfeld noch immer nicht
unternommen worden, und erst wenn dies geschehen und wenn sich ein unhalt-
bares Resultat dabei ergeben hat, sollte man für die Wiederherstellung der Giebel-
gruppe nach anderweitigen Anhaltspunkten suchen. — Im folgenden soll dieser Versuch
gemacht werden. Für die Beurteilung des Ergebnisses muß maßgebend sein, daß
es sich ebensowohl durch innere Haltbarkeit und Tüchtigkeit als ein Werk phidiasi-
schen Geistes offenbare wie andrerseits durch zwanglose Übereinstimmung mit den
auf dem Giebelboden erhaltenen Standspuren der dort einst aufgestellten Statuen"
sich mit letzteren als identisch erweise. Doch ehe wir an die eigentliche Aufgabe

i) R. von Schneider, Die Geburt derAthena 1880.
9) Beste Abbildung Arndt-Amelung, Einzelaufnah-
men 1724—1729.
Furtwängler, Intermezzi 1896, S. 25.
4) Jahrb. IX 1894, S. 83 ff.
") Furtwängler, Intermezzi S. 17 ff; Sitz.-Ber. d.
bayr. Akad. d. Wiss. 1898 S. 349 ff. — Vor
kurzem ist eine Rekonstruktion des Giebelwerkes
ausgeführt worden von dem Bildhauer Karl

Schwerzek: dazu dessen Schrift: Erläuterungen
zu dem Versuch einer Rekonstruktion des öst-
lichen Parthenongiebels 1904. Als wissenschaft-
lich kann das Unternehmen nicht gelten, da es
sich mehr auf subjektiven Forderungen denn auf
strikten Beweisgründen auf baut; es sind darin
Elemente des Madrider Reliefs in freier Weise
verarbeitet.
6) Br. Sauer, Athen. Mitt. XVI 1891, S. 59ff.

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