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Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 21.1906

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Pernice, Erich: Zwei Vasenbilder
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https://doi.org/10.11588/diglit.29676#0054
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ist, im Einklänge mit der bildlichen Tradition, dem Höhepunkte der Geschichte, der
Rückführung, zugewendet. Was vorhergegangen ist, und was folgen wird, deutet
der Maler nur an. Aber der Beschauer des sechsten vorchristlichen Jahrhunderts
konnte darüber nicht im unklaren sein, da er ganz anders vorbereitet an die
Betrachtung ging als wir Modernen. Uns hat Robert und v. Wilamowitz den Sinn
des Bildes erschlossen, Robert", indem er die beabsichtigt komische Färbung in der
Figur des Ares erkannte, v. Wilamowitz durch den Nachweis, daß der Maler eine
Geschichte wiedergab, die in Form eines Hephaistoshymnos auch literarisch hxiert
war, wenn er nicht diesen Hymnos geradezu illustriert hath Dieser Hymnos enthielt
in der wenig schmeichelhaften Rolle, die Ares in ihm spielte, deutliche Spuren
burlesken Charakters, und wenn sich der Maler genau an den Hymnos gehalten hat,
so war auch in der Schilderung der Gefolgschaft des Dionysos, der üppigen Silene,
dieses Gebiet betreten*.
Zu dem Hephaistoshymnos gesellt sich, als Parallele für das Vasenbild viel-
leicht noch geeigneter, der Hermeshymnos mit seinen schwankhaften Episoden und
Eulenspiegeleien. Wie der Hephaistoshymnos, hat auch der Hermeshymnos oder
wenigstens die in ihm erzählte lustige Geschichte vom Rinderdiebstahl auf die
bildende Kunst eingewirkt. Auf der rotfigurigen Schale des Museo Gregoriano 11, 81
ist einmal erzählt, wie Apollon den Hermes entdeckt^, der als Kind unbefangen in
seinem eigenartigen Bett von der Form eines großen Filzschuhes am Eingänge der
Höhle liegt, während die Rinderherde daneben weidet, auf der andern Seite, wie
Apollon die langgesuchte Herde wiedergefunden hat, die er nun forttreibt.
Wertvoll ist besonders, daß beide Geschichten, die Rückkehr des Hephaistos
und der Rinderdiebstahl des Hermes, auf den dem ionischen Kunstkreise nächst-
stehenden Caeretaner Hydrien dargestellt sindh Denn von Ionien sind diese
Geschichten ausgegangen. Aus welcher Stimmung heraus, deutet v. Wilamowitz
(a. a. O. S. 225) mit einigen Worten an: »Das Ionien, das in dem heroischen Epos eine
unvergleichliche Erzählungsliteratur und einen ausgebildeten Stil besaß, aber der
heroischen Stoffe nachgerade überdrüssig ward, ging zu der Travestie über, indem
es zunächst die alten Personen neue Dinge erleben oder auch die alten Geschichten
in neuer Weise erleben ließ; davon sind die beiden uns erhaltenen Epen voll,
obwohl sie deshalb aus der großen homerischen Masse ausgewählt sind, weil sie

3) Preüer-Robert, Griech. Mythologie S. 178.
3) Hephaistos. Nachrichten d. K. Gesellschaft d. W.
zu Göttingen 189$. S. 217 ff.
4) Der Hephaistoshymnos war, wie v. Wilamowitz
gleichfalls nachgewiesen hat, dem Dichter des
Demodokosliedes imH bekannt; in der Schilde-
rung dieser 'lasziven Geschichte' hat das Schwank-
haft-Burleske vollends die Oberhand gewonnen.
Weitere derartige Züge in den homerischen Ge-
dichten hat W. Nestle Anfänge der Götterburleske
bei Homer' (Neue Jahrbücher f. d. klass. Alter-
tum 190$ S. 161 ff.) zusammengestellt.

3) Reisch bemerkt im 'Führer durch die öffent-
lichen Sammlungen in Rom' II S. 292, daß die
Figur des Apollon stark ergänzt ist und daher
auch weiblich, also Maia, die Mutter des Hermes,
3) Die Rückkehr des Hephaistos auf der Hydria in
Wien, abgeb. Masner, Sammlung antiker Vasen
u. Terrakotten im K. K. Österreich. Museum
Taf. II, 218. Vgl. Endt, Beiträge zur ionischen
Vasenmalerei (S. i.VII). Der Rinderdiebstahl des
Hermes im Louvre, abgeb. Nuove Memorie dell'
Inst. 11. 15 (Vgl. Endt a. a. O. S. i.X.)
 
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