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Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 21.1906

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Pernice, Erich: Zwei Vasenbilder
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https://doi.org/10.11588/diglit.29676#0061
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Pernice, Zwei Vasenbilder.

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sein Lied. Oder Paris verkriecht sich bei der Annäherung des Gottes hinter den
Altar und dieser zieht ihn rückwärts an den Beinen heraus; dieser Vorgang kann
dann mit den schönsten drastischen Einzelheiten verziert gewesen sein. Ich könnte
mir sogar denken, daß die Andeutung der Herde durch ein paar Tierköpfe dadurch
zu erklären ist, daß man bei der Aufführung hinter dem Altar einige Attrapen anbrachte,
da man lebende Tiere nicht verwenden konnte. Kratinos hat, wie Körte dargelegt
hat, in seinem Dionysalexandros denselben Stoff, wenigstens dieselbe Sage verwertet
und den Dionysos in der Maske des Paris auftreten lassen. Hier eine gleiche Maske
anzunehmen liegt die Veranlassung nicht vor, aber es ist wichtig, daß auch hier
die Figur des Paris als komische verwendet worden ist.
Wenn die vorgetragene Erklärung das Richtige trifft, würde die Vase des
Ashmolean Museums für die Anfänge szenischer Aufführungen in Attika von höchstem
Werte sein, ähnlich wie die schwarzfigurigen, von Poppelreuter zuerst ausführlicher
behandelten Bilder mit den Rittern, Vögeln usw., und wie die von Körte hierfür
verwerteten Korinthischen Vasen mit den dickbäuchigen phallischen Dämonen. Es
würde sich bei diesen ältesten Aufführungen um die burleske Behandlung mytho-
logischer Stoffe in Verbindung mit dem Auftreten der Satyrn handeln. Die Folgerungen
für das Satyrspiel zu ziehen ist verfrüht, bevor nicht weitere gleichartige oder verwandte
Darstellungen nachgewiesen werden. Denn wenn man die unmittelbare Einwirkung
szenischer Aufführungen auf die Malerei dieser ältesten Zeiten zugeben soll, muß
man erwarten, ja fordern, daß dieser Nachweis gelingt. Bei der Untersuchung des
uns überkommenen Materials auf diesen Gesichtspunkt hin werden sich allerlei
Schwierigkeiten zeigen. In vielen Fällen wird man nicht mit Bestimmtheit sagen
können, welche Quelle dem Bilde zugrunde gelegen hat, ob es ein Hymnus ge-
wesen ist, wie bei der Frangoisvase und bei der Darstellung des Hermes als Kind,
ob, wie vermutlich bei der Parisdarstellung, eine aus ionischer Schwankdichtung
abgeleitete Posse oder ob schwankartige Erzählungen die Veranlassung zur bildlichen
Darstellung boten, Erzählungen, wie sie in jener Zeit, ohne in bestimmte Form
gefaßt zu sein, vermutlich in großer Zahl von Mund zu Munde gingen oder durch
berufsmäßige Erzähler verbreitet wurden. Auch wird man sich hüten müssen, und
es ist oft und mit Recht davor gewarnt worden, die Lebendigkeit des altertümlichen
Stils als parodisch aufzufassen". Trotz dieser Schwierigkeiten wird sich, wie ich

if) Furtwängler im Archäolog. Anzeiger i8$o S. 25.
Die Warnung ist wiederholt bei der Besprechung
der Caeretaner Busirishydria (F.-Reichhold, Gr.
Vasenmalerei S. 256), aber es heißt doch weiter
(S. 258): xln dieser Schilderung des feigen
Ägyptergesindels und der gewaltigen Kraft des
griechischen Helden liegt ein köstlicher Humor,
den man aber sehr mißverstand, wenn man von
Parodie redete. Denn dieser Künstler ist ebenso
voll naiven Ernstes, wie er voll von Plumor ist.«
Die humoristische Färbung muß jedem ein-
leuchten, aber dann gab es auch eine Erzählung

des Abenteuers, die den Stoff ins Burlesk-
Humoristische zog, wie denn überhaupt die
Figur des Herakles für solche Geschichten mit
Vorliebe verwertet ist. Auch die Caeretaner
Hydria mit der Kerberosdarstellung ist mit der
Absicht komischer Wirkung gemalt, und die
Geschichte ist auch dichterisch, wie ich hier-
nach annehme, in humoristischer Form verbreitet
gewesen. Die voraufgehende Szene der Plerauf-
liolung des Kerberos würde ich mir in der
burlesken Fassung etwa so denken, wie sie der
Maler des korinthischen Skyphos Archäol.Zeitung

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