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Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 21.1906

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Assmann, Ernst: Die Schiffsbilder von Althiburus und Alexandria
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https://doi.org/10.11588/diglit.29676#0125
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E. Aßmann, Die Schiffsbilder von Althiburus und Alexandria.

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mast. Die Türme standen natürlich dort, wo im Altertum die Epibaten zuerst und
zumeist fochten (antea ex prora tantum et puppi pugnabatur, Plin. VII, $7), nicht aber
da, wo die turres den das ganze Mittelschiff einnehmenden Rojern und dem Groß-
mast mit seinem Segel hinderlich gewesen wären. Die prora mit ihrem Sporn griff
an, war zumeist am Feinde, auf sie gehörte folglich in erster Linie der Turm, wie
ja auch Duilius seinen corvus im Bug (Polyb. I 22), nicht etwa mittschiffs, aufstellte.
Noch die Galeeren führten ihre gedeckte Batterie ausschließlich auf dem Vorschiff,
und die Segelkriegsschiffe des Mittelalters schoben ihre Vorderkastelle oft erkerartig
über den Vorsteven hinaus vor. Sch. 48 meint ferner, die Gefechtstürme hätten den
Schiffen der hellenistischen Zeit gefehlt und begännen erst bei den Römern in der
zweiten Hälfte des ersten Jahrhunderts v. Chr. Diesen Fehler sah bereits Petersen,
Römische Mitteil. XIX 1904, 256 Anm. Livius XXXVII, 24 bezeugt ja den rhodischen
Kriegsschiffsturm für 190 v. Chr., Polyb. XVI, 3 den pergamenischen für 2015
Athenaeus V p. 208 beschreibt die Gefechtstürme des bewaffneten Kauffahrers
Alexandreia aus dem 3. Jahrh., und Thukyd. VII, 23 erwähnt den Schiffsturm von 413
v. Chr. (vgl. auch Herod. I, 203). Der hier abgebildete Turm soll nach Sch. 30 nur ein
hoher Behälter für Zündmasse sein, aus welchem Flammen, nicht Lanzenspitzen (wie
Botti meinte) aufragen, er soll behufs Ausschüttung seines Inhalts umgelegt werden
»im geeigneten Moment, d. h. wenn die Schiffe durch den Sporn, der wie ein
gewaltiger Enterhaken wirkte, fest miteinander verbunden waren«. Bei solcher
festen Verbindung wären natürlich beide Schiffe verbrannt, falls der mächtige,
lodernde Feuerturm nicht schon vorher sein eigenes vernichtet hatte. Darf man
den Alten solche Unvorsichtigkeit zumuten? Schiff 48 A. 1 sieht bei dem
Ludovisi-Relief (Baumeister, Abb. 1360) auf dem Hinterdeck die Steuerpinne
mit ihrem Ring (öaxioho^, vgl. oben) für einen »Ankerschaft« an; er findet das
»vexillum« auf dem Hinterdeck des Schiffes vom Palazzo Spada (Baumeister,
Abb. 1696; Jahrb. IV 1889, 93) echt römisch und »sinnlos«, ich finde diese Standarte
hellenistisch und sachgemäß. Dieses Schiffskreuz, diese Seestandarte, stammt von
dem phönizischen Admiralszeichen ab, kam durch Alexander und die Diadochen
zu den Griechen, wie ich nachweisen konnte (Arch. Anz. 1903, 119; Zeitschrift für
Numismatik 1903, 213ff., 226). Von jenen beiden Schwesterschiffen ist das Ludovisische
gröber und ungenau gearbeitet, dem des Spadareliefs nicht ebenbürtig. Bei dem
neben der Standarte stehenden Thyrsos denke ich nicht an den »Rausch« und die
»Lustigkeit« des verliebten Paris, sondern an ein der Götterwaffe (Strabo I, 19;
Nonn. XVII, 232; Polyaen I, 1; Athen. V, 200) ßop3oV-;'yos nachgebildetes Kommando-
zeichen, wenn das Ding schon erklärt werden soll. Demnach müssen die Er-
läuterungen Schiffs zu den Bildern als verfehlt gelten.
Die Schiffszeichnungen von Alexandria enthalten, wie wir sahen, einiges der
Besprechung Werte, jedoch keine wertvollen Neuigkeiten; weder sie, noch die Bilder
von Althiburus vermögen unsere Kenntnis des antiken Seewesens merklich zu fördern.

Berlin.

Ernst Aßmann.
 
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