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Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 21.1906

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Köster, August: Das Alter des Athena-Niketempels
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https://doi.org/10.11588/diglit.29676#0155
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Köster, Das Alter des Athena-Niketempels.

kimonischen Mauer, sowie die Umkleidung des Pyrgos mit Quadern fällt, waren
vielleicht die Ursache gewesen, daß der Kult vernachlässigt worden war, zumal die
Athena-Nike eine eigene Priesterin noch nicht besaß. Es lag daher jetzt nichts
näher, als über diese Angelegenheit Beschluß zu fassen.
Mit den großen Bauten, die sich auf der Burg vorbereiteten, steht das
Psephisma über den Niketempel allerdings in keiner Verbindung, wie Bruno Keil
annehmen möchte V Daß vor Beginn der perikleischen Bauten eine amtliche
Behörde über die Bebauung der Akropolis zu Rate gesessen und sie den Beschluß
über die Erbauung des Niketempels erwirkt habe, wie Keil durch scharfsinnige
Kombinationen zu erweisen sucht, wird schon dadurch unwahrscheinlich, daß der
Niketempel, in welcher Form er auch zur Ausführung kommen mochte, und die
perikleischen Propyläen nicht nur nicht zusammen stimmen, sondern sich räumlich
sogar gegenseitig ausschließen. Die Erbauung des Niketempels kann daher auch
nicht von der Partei des Perikies ausgegangen und beantragt sein.
Wenn auch ein amtlicher Bebauungsplan in Keils Sinne nicht existierte,
so kann doch kein Zweifel darüber sein, daß die ausführende Bauleitung auf der
Burg, mit Perikies an der Spitze, sich von Anfang an darüber klar war, daß man
sich mit der Erbauung des Parthenon nicht begnügen könnte und wollte, und eben-
sowenig ist es zu bezweifeln, daß es bereits bald zu greifbaren Ideen kam und
die einzelnen Projekte durchberaten und verworfen oder verändert wurden, so daß
wir z. B. den Entwurf der Propyläen — wenn auch nur der vorläufigen — nicht
früh genug ansetzen können. Um herum wird ein in diesem Sinne aufgefaßter
allgemeiner Burgbebauungsplan bereits Vorgelegen haben, der aber durchaus privater
Natur war, allerdings von Männern entworfen und gebilligt, die auch die Mittel und
die Macht besaßen, ihren Plänen und Vorschlägen Geltung zu verschaffen. Zu
diesem großen Entwurf der perikleischen Partei, von dem der Teil, der für unsere
Frage in Betracht kommt, die Propyläen, ausgeführt oder doch in ihrem ursprüng-
lichen Plane bekannt sind, steht eine Bebauung des Nikepyrgos in direktem Gegen-
satz, und nur eine der perikleischen entgegengesetzte Richtung, die entweder Perikies'
Absichten und Pläne nicht kannte oder nicht kennen wollte, kann den Beschluß
über die Erbauung des Niketempels erwirkt haben, was am schlagendsten dadurch
bewiesen wird, daß von der Partei des Perikies, so lange sie die Macht in Händen
hat, dieser Beschluß ignoriert und die Erbauung des Tempels verhindert wirdU

4*) Anonymus Argentinensis 108.
4^) Durch den Volksbeschluß bekommt der Architekt
Kallikrates den direkten Auftrag, den Plan des
Niketempels zu entwerfen, und es ist sehr wohl
denkbar, daß der Riß bereits damals entstanden
ist, und darin könnte man den Grund erkennen,
daß der Tempel seiner ganzen Erscheinung nach
älter aussieht, als er wirklich ist und infolge-
dessen mehrfach früher angesetzt wurde. Ob es
der Partei des Perikies von vornherein gelang,
Jahrbuch des archäologischen Instituts XXI.

die Ausführung des Beschlusses zu inhibieren,
wissen wir nicht, und wir können immerhin an-
nehmen, daß einzelne Teile bereits in Arbeit
gegeben waren, so daß z. B. der Fries, in dem
sich einige nicht wegzuleugnende Anklänge an
eine ältere Kunstweise ßnden (namentlich im
Ostfries), nicht gegen die Errichtung des
Tempels um 432 sprechen würde, selbst wenn
er dieser Zeit ferner stände als der Zeit vor
Phidias, was aber ja nicht der Fall ist. Furt-

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