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Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 21.1906

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Köster, August: Das Alter des Athena-Niketempels
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https://doi.org/10.11588/diglit.29676#0156
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Köster, Das Alter des Athena-Niketempels.

Daß diese Rechnung richtig ist, zeigt die Probe. Sowie kurz vor dem Ausbruch des
peloponnesischen Krieges die Gegenpartei wieder zur Geltung kommt, das Ansehen
des Perikies zu wanken beginnt und sein Einfluß für eine Zeit in Frage gestellt ist,
greift man auf den alten Volksbeschluß zurück, der nun mit größter Konsequenz
und Rücksichtslosigkeit gegen die Bauten des Perikies durchgeführt wird.
Um die Mitte des fünften Jahrhunderts entstanden, muß um 440 herum der
endgültige Entwurf der Propyläen Vorgelegen haben und genehmigt worden sein.
Wie sich nun dieser Entwurf zu dem in Aussicht genommenen Niketempel verhielt,
d. h. wie sich Mnesikles mit der Tatsache abfand, daß die Erbauung eines Tempels
auf dem Pyrgos durch die Volksversammlung beschlossen war, ist nicht zu ersehen.
Geplant waren die Propyläen mit zwei symmetrischen Flügeln^; unter den gegebenen
Raumverhältnissen und mit der Erbauung des Tempels und des Altars als Voraus-
setzung konnte Mnesikles aber unmöglich die Propyläen auf dem Pyrgos so weit nach
Westen ausgreifend planen als am Nordflügel; der Raum ist viel zu beschränkt. Die
Westwand der Propyläen hätte bis unmittelbar an den Altar, dessen Spuren Richard
Schöne wieder entdeckt hat*?, herangereicht, ja eine Ecke wäre sogar innerhalb der
Halle zu liegen gekommen (Bohn, a. a. O. Taf. XX); und wo hätten dann die Kult-
handlungen vor sich gehen sollen? Es handelte sich doch immerhin um die Opferung
einer Kuh, und bis man sie den steilen Aufgang hinaufgeschafft hatte, durch die Propy-
läen zwischen den Säulen hindurch bis auf den Pyrgos, mußte das Tier so aufgeregt
sein, daß die nötige Bewegungsfreiheit für die Opferer die unerläßlichste Bedingung
war. Darüber kann kein Zweifel sein, der südliche Propyläenflügel in seiner
geplanten Ausdehnung und der Niketempel, wie er heute steht, schließen sich gegen-
seitig aus. Wenn nun aber Mnesikles die Südhalle der Nordhalle symmetrisch
machen wollte, trotzdem der Volksbeschluß über die Erbauung des Tempels bestand,
so wollte er entweder die Ausführung des Beschlusses überhaupt verhindern, oder
auch es lag die Absicht vor, den Pyrgos, dessen Nordwand sowieso umgebaut
werden mußte, umzugestalten und zu vergrößern, vielleicht etwas tiefer zu legen, die
Aufgangswand mit Marmorquadern zu verkleiden und dann in harmonischem Ein-
klang mit den Propyläen einen Tempel der Athena-Nike zu errichten. Daß mit dem
Pyrgos jedenfalls etwas anderes beabsichtigt war und man hier etwas anderes plante,
als geworden ist, ist sehr wahrscheinlich, denn als der westliche Stirnpfeiler des
Propyläenunterbaues versetzt wurde, war die kleine Treppe offenbar noch nicht
geplant, da man bei der Errichtung des Stirnpfeilers sonst darauf Rücksicht
genommen und die unarchitektonische Lösung, die Stufen stumpf gegenstoßen zu
lassen, vermieden haben würde. Auch ist dieser Stirnpfeiler an drei Seiten als
freistehende Ante gebildet, was darauf hinweist, daß hier ein selbständiger Abschluß
geplant warU Was aber auch immer die Absicht des Mnesikles gewesen sein mag
wängler, Meisterwerke 207 f.; Münchener Aka- 4?) Richard Schöne, Erläuterung des Planes der
demieber. 1898, I, ßSoff., 1904, 380T. Terrasse des Athena-Niketempels, beiR. Kekule,
46) Stuart and Revett, Antiquities of Athens II Die Balustrade des Tempels der Athena-Nike 42.
Taf. XLII; Dörpfeld, Athen. Mitt. X 1885, 42ff. 4&) Bohn, Archäol. Zeitung XXXVIII 1880, 86.
 
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