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Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 21.1906

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Sauer, Bruno: Eine Apollonstatue des Paionios
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https://doi.org/10.11588/diglit.29676#0174
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B. Sauer, Eine Apollonstatue des Paionios.

einer eingehenderen Vergleichung der plastischen Formen zu verschaffen. Seit längerer
Zeit stehen jetzt die Abgüsse beider Werke in der Gießener Sammlung neben-
einander und haben mich immer mehr überzeugt, daß nicht etwa nur eine allgemeine
Ähnlichkeit, wie sie bei Werken der gleichen Epoche eben vorkommt, die beiden
verbindet 3, sondern daß in allen wesentlichen Zügen dasselbe Stilemphnden, dieselbe
Formensprache in beiden sich äußert.
Um diese Ähnlichkeit bequem zur Anschauung zu bringen, habe ich den
Ffertzschen Kopf und den des Apollon von Ince von verschiedenen Seiten in gleicher
Größe aufnehmen lassen und lege diese lehrreichen Aufnahmen hier den Fach-
genossen zur Prüfung vor (Abb. 2—8).
Man sieht es den Abbildungen an, und wer an den Abgüssen kontrollieren
kann, wird es an diesen noch deutlicher beobachten können, daß der Hertzsche
und der Apollonkopf von verschiedenem Werte sind. Daß beide Kopien sind,
wird niemand bezweifeln. Was den Hertzschen Kopf gegenüber dem Fragment der
Nike als Kopie erkennen läßt, hat Amelung gut und klar dargetan. Aber dieser Kopf
erhebt sich immer noch weit über die Dutzendkopien römischer Zeit und überrascht
in den direkt vergleichbaren Teilen des Oberkopfes mit seiner charakteristischen
Furchung der Haarmasse durch ungewöhnliche Treue der Nachbildung stilistischer
Eigenheiten, die derDurchschnittskopistals unwesentlich und unbequem lieber übergeht.
Dagegen ist der Apollonkopf eben nicht mehr als eine ganz gewöhnliche Kopie, die in
trockener, teilweise fast harter Arbeit nur ganz äußerlich und allgemein die Linien und
Formen des Originals wiedergibt, feinerer Individualisierung dagegen, sei es aus Absicht,
sei es aus Mangel an Verständnis oder Ausdrucksfähigkeit aus dem Wege gehtk
So hat der Kopist nur ein kaltes, langweiliges Werk zustande gebracht, in dem wir
keine Spur von der frischen Lebendigkeit des Hertzschen Kopfes wiederfinden.
Andererseits fehlt es diesem, zum Teil wohl infolge von Beschädigungen der Ober-
fläche, stellenweise an der scharfen Bestimmtheit, die nicht für die künstlerische,
wohl aber für die kritische Betrachtung ein Vorzug des Inceschen Kopfes ist. In
letzter Linie mag diese zunächst sich aufdrängende Verschiedenheit sich auch daraus
erklären, daß der Apollon, wie später darzutun sein wird, sicher auf ein Bronze-

den Apollon nicht in seine neue Ausgabe von
Müller-Wieselers Denkmälern aufgenommen, wes-
halb ihn auch Graef im Text nicht erwähnt.
Höhe 1,53 (ohne Plinthe). Vorzüglich erhalten;
ergänzt sind nach Michaelis nur ein kleines
Stück der Nasenspitze, r. Hand mit oberem
Ende des Bogens (und des Baumstammes?)
und ein Teil der Plinthe. Geschlechtsteile
durch Weinblatt, vielleicht nur in Gips, ver-
deckt. Pentel. Marmor (nach Michaelis). Die
Statue stammt aus der Sammlung Bessborough,
die größtenteils durch Käufe auf dem Kontinent,
besonders in Italien, entstanden war (Michaelis
S. 61), sie ist also wohl sicher in Italien gefunden.

3) Als Verwandten der Paioniosnike, wenn auch
nicht in dem hier gemeinten speziellen Sinne,
hat schon Wolters den Apollon behandelt, indem
er beide Werke im Verzeichnis der Berliner
Abgüsse dicht nebeneinander stellt (Nr. 496)497.
499)-
4) Aus dieser Formgebung hauptsächlich ergab sich
das strenge Urteil, das Michaelis über das Werk
fällte, damals allerdings ohne den Anteil des
Erfinders und des Kopisten so genau auseinander
zu halten, wie wir das heutzutage in solchem
Falle versuchen müssen. Ich zweifle nicht, daß
heute auch Michaelis günstiger über das Werk
urteilen würde.
 
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