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Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 21.1906

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Poulsen, Frederik: Zur Typenbildung in der archaischen Plastik
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https://doi.org/10.11588/diglit.29676#0229
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F. Poulsen, Zur Typenbildung in der archaischen Plastik. 2IQ

schon auf sf. Vasen oder in derjenigen Heras im Parisurteil der ionischen Vulci-
vase^°, oder wenn zwei Nymphen auf dem Hintergründe eines gemeinsamen Mantels
ihre Schönheit den lüsternen Satyrn zeigen^*. Noch bei der Hera des Parthenon-
frieses könnte man an die ausschließlich malerische Bedeutung der Geste glauben,
aber in der Herametope von Selinunt spielt sich die Handlung mit ihrer ganzen
Kraft innerhalb des Rahmens des Bildes ab. Das Malerische dieses Motivs tritt
also dadurch klar hervor, daß es in der Regel unmotiviert, oft sogar sinnlos, in der
Malerei verwendet wird, das Plastische des Motivs des Aufhebens an der Seite
offenbart sich darin, daß es in Malerei und Relief durchgehends nur verwendet wird,
wo es der Situation entspricht. Wieder ein Beispiel für die artistische Denkart der
archaischen Künstler.
Wir kehren zu unserem plastischen Motiv zurück. In der jüngeren, leider
stark zerstörten Euthydikoskore ist die Hand, welche die Schleppe aufhebt, weiter
als gewöhnlich vorgestreckt, das Ausschreiten entsprechend verstärkt Das ist
für den Aufbau der Figur von großer Bedeutung: sie entfaltet sich viel freier und
erhält unten eine größere Ausdehnung, während die älteren Figuren oft dreieckig
und unten spitz-zulaufend waren. Durch die stärkere Bewegung wird auch der Fall
des Gewandes natürlicher, die Kurve zwischen den Beinen durch den Widerstand
der Luft erklärlicher. Hiermit war ein neuer Weg betreten, es kommt jetzt die
Zeit, in der die Künstler für die stark ausschreitenden, oft seitwärts profilierten
Statuen eine augenfällige Vorliebe bekunden Die ersten Beispiele werden uns
schon von älteren Giebelfiguren, z. B. von der Athena des Hekatompedons und
der des delphischen Porosgiebels, geboten, aber die Entwickelung, der Gegensatz
zwischen Alt und Neu, tritt uns besonders in den beiden Mittelfiguren des West-
und Ostgiebels des Aphaiatempels von Ägina entgegen ^b Es ist dieselbe Bewegung,
die in den Tyrannenmördern fortlebt und im Diskoboi Myrons gipfelt. Dieser
Übergangsperiode gehört auch die merkwürdige*, sitzende Athenastatue von der
Akropolis an, welche Lechat dem allerdings etwas mystischen Endoios zuschreiben
möchte^" Sie sitzt nicht, wie die anderen Athenafiguren, ruhig thronend da, sondern
biegt das rechte Knie und stellt den Fuß etwas zurück, und durch diese lebhafte
Bewegung, die als eine Vorstufe des Phidiasischen Kniemotivs gelten darf, wird
das Durchscheinen der Form begründet. Hiermit war die Ansicht gewonnen, daß
die Bewegung der Figur das Anschmiegen des Gewandes und das Durchscheinen

279) Literatur bei Helbig a. a. O. 217 Anm. 1. Dazu
Gerhard, Auserl. Vas. Taf. 129.
290) Furtwängler-Reichhold Taf. 21.
29') Gerhard, Auserl. Vas. Taf. 324. Vgl. die He-
tären daselbst Taf. 295—296. Etrusk. und Kamp.
Vas. Taf. 21. Vgl. Furtwängler, Sammlung
Sabouroff Taf. 51 und Dümmler, Kleine Schriften
III Taf. II. Dümmler versucht S. 43f. die ge-
meinsame Verhüllung in einen Mantel »mytho-
logisch« zu erklären.

29Q Lechat, Au Musee 365 Fig. 36—37.
993) 'Erpyjp.. Kpy. 1887 Taf. 7. de Ridder, Bronzes
de l'Acropole 300T., 310fr., Taf. VIII. Olympia
IV Taf. VII, 53. Vgl. Müller, Nacktheit
101.
994) Bull, de corr. hell. XXV 1901, ^ooff. und
Taf. XVIII. Furtwängler, Ägina Taf. 105—106.
Vgl. auch S. 257 Abb. 214.
293) Au Musee 437 ff. Vgl. Athenagoras, llpecßda 17.
 
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