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Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 28.1913

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Frickenhaus, August: Phidias und Kolotes
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https://doi.org/10.11588/diglit.44288#0359
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PHIDIAS UND KOLOTES.

Die kühne und kraftvolle Untersuchung, die Otto Puchstein 1890 im fünften
Bande dieses Jahrbuchs veröffentlichte, hat die Phidiasforschung der letzten Jahr-
zehnte entscheidend beeinflußt, ja zum Teil begründet. Puchstein bewies zunächst,
daß in der Überlieferung weder die Erfindung noch die Ausführung der Parthenon-
Skulpturen direkt mit dem Namen des Phidias verbunden sei; andererseits glaubte
er nachweisen zu können, daß mindestens die Giebel weder dem Stil noch der Er-
findung nach phidiasisch sein könnten.
Nur wenige Gelehrte haben sich fast bedingungslos auf Puchsteins Seite ge-
stellt *), und ebenfalls wenige haben trotz Puchstein fortgefahren, die Parthenon-
Skulpturen ohne weiteres dem Phidias zuzuschreiben 2). Aber die Mehrzahl der
heutigen Forscher neigt zu einem Kompromiß: man führt zwar den Entwurf jener
Bildwerke (dessen Art man vorsichtigerweise meist nicht präzisiert) auf Phidias
zurück, wagt aber nicht mehr, ihn für die Einzelausführung verantwortlich zu
machen 3). Diese Unsicherheit zwang dann dazu, für das persönliche Bild des
Meisters ganz auf den Parthenon zu verzichten und anderwärts Ersatz zu suchen.
Indem man aber von dem, was als sicher phidiasisch bezeugt ist, ausging, konnte
eine Reihe sich gegenseitig ausschließender Hypothesen entstehen: denn was Amelung,

Furtwängler-Curtius, Kekule-Schrader als
teils schlechterdings unvereinbar.

J) Besonders Noack, BPhW 1909, 635. Man be-
achte ferner, wie B. Graef und U. v. Wilamowitz
sich in der Einleitung S. VIII von Passows Stu-
dien zum Parthenon gegen die Auffassung ver-
wahrten, als sei Phidias für die Parthenonskulp-
turen verantwortlich. Auch Furtwängler kapitu-
lierte zuletzt (Mel. Perrot, 1903, 110 Anm. 2),
allerdings nur aus chronologischen Gründen, vor
Puchstein, nachdem er sich vorher energisch ge-
wehrt hatte (MW 61; Intermezzi 20, 1).
■2) Vgl. u. a. Amelung (ÖJ XI 1908, 197 ff. und in
Ilelbigs Führer 3 Nr. 1367), Preyss (AJ XXVII
1912, 125), Svoronos (Journ. int. num. XIV 1912,
294). Gute allgemeine Bemerkungen bieten ein
Anonymus in den Hamburger Nachrichten 1892
(Belletristisch-Literarische Beilage Nr. 7 »Phi-
dias redivivus«; um die Feststellung des Autors
XXIX 19

phidiasisch ausgegeben haben, ist großen-

haben sich die Herren Prof. Klussmann in
Hamburg und Prof. Petersen in Halensee leider
vergeblich bemüht) und P. Johansen, Zeitschr.
f. bild. Kunst XX 1909, 166. Den m. E. durch-
schlagenden Beweis (vgl. unten Abschnitt III)
bringt nur W. Klein, Gesch. d. griech. Kunst II
(1905), 118.
3) So in verschiedenen Schattierungen (ich nenne
nur einige Zeugen aus den letzten Jahren) z. B.
Kekule, Die griech. Skulptur31907, 120; Michaelis
in Springers Kunstgeschichte 19 (1911) 257;
Loewy, Die griech. Plastik (1911), 45; Koepp,
Archäologie III (1911), in; Winter in Gercke-
Nordens Einl. in die Altert.-Wiss. II 2 (1912), 118
und in der Kunstgeschichte in Bildern 2 I Heft 8. 9
S. 231; Koepp, Pfuhl, Studniczka, Neue Jahrb.
XXIII 1909, 476. XXVII 1911, 179 Anm. 3.
12, 247.

Jahrbuch des archäologischen Instituts XXVIII.

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