Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Zeitschrift des Kunst-Gewerbe-Vereins zu München — 1878

DOI Artikel:
Verschiedenes
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.6904#0016

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
■h \2 -ß

Verkaufspreise von höchstens 600 Mark, ejcl. des Kamin*
Einsatzes. Die Zweckmäßigkeit der inneren Einrichtung darf
durch die Form nicht beeinträchtigt werden; im Uebrigen ist
jede Form zuläßig, sowie jede in der Kunsttöpferei zur Anwend-
ung kommende 2(rt der Verzierung durch Farben, welche im
Feuer gefestigt sind. Für die Anerkennung des Preises ist die
Schönheit der Verhältnisse, sowie die geschmackvolle Verzierung
und die harmonische Färbung maßgebend. Es sollen zwei
Preise, ein erster von \ooo Mark und ein zweiter von 500 Mark
für die beiden besten Gefen vertheilt und letztere außerdem zu
je 600 Mark für die kgl. Staatsregiernng angekauft werden."
Zur Konkurrenz sind eingeschickt und im deutschen Gewerbe-
Museum aufgestellt I Gefen von 8 Ausstellern. Sämmtliche
Gefen wurden in technischer Beziehung als den allgemeinen
Bedingungen der Konkurrenz entsprechend befunden. Die Kom-
mission hält es für ihre Pflicht, anzuerkennen, daß diese Ge-
sammtleistung, welche diese Konkurrenz darstellt, eine überaus
tüchtige und erfreuliche ist. Es waltet durchgehends bei allen
Arbeiten ein ernstes und erfolgreiches Bestreben, den Reichthum
an Formen und Farben, welchen die Blüthezeit deutscher Kunst-
töxferei besessen, wieder zu gewinnen und für moderne Zwecke
brauchbar umzugestalten, wenn sich hierbei gewisse Unsicher-
heiten und Unfreiheiten nicht verkennen lassen, so zeigt dennoch
der einheitliche Gesammtcharakter, welchen die Gefen aufweisen,
daß unsere Industrie sich ans einem bestimmten Gebiete soweit
heimisch gemacht hat, um es als ihr wirkliches geistiges Eigen-
thum erklären zu dürfen. Die guten Formen der deutschen
Renaissance des t 6. Jahrhunderts, gereinigt und bereichert durch
die Kenntniß der italienischen Renaissance und Antike, sind ganz
durchgehends (bis auf einen Dfen) und zwar mit sehr anerkennens-
werther Geschicklichkeit verwendet. Es zeigt sich hierin eine
Selbstständigkeit, die mit dem früheren oft beklagten Nachahmen
fremder moderner Vorbilder völlig gebrochen hat. Die hier aus-
gestellten Gefen würden auf jeder Weltausstellung ihre voll-
kommen eigenartige Stellung neben den besten Erzeugnissen
anderer Nationen haben. Es zeigt sich ferner, daß die hier
vertretene Industrie keineswegs nur Ausstellungsstücke, sondern
wirklich in den Gebrauch ausgenommene Arbeiten liefert, an
deren Veredlung sie unabläßig arbeitet. Die hier ausgeschriebene
Konkurrenz hat durch die Anregung, neue, besonders gute Mo-
delle zu schaffen, einen ganz unverkennbaren und erheblichen
Nutzen gestiftet, so daß die Kommission das Gesammtergebniß
derselben mit hoher Genngthnung begrüßt.

w. tu XüLrtic Mer den französischen Guürier.

Allenthalben regt sich in deutschen Landen das Bedürfniß, die
Pflege des Kunsthandwerkes zur Volksangelegenheit zu machen.
Einen neuen Beleg hiefür bildet das 5Pest der in Stuttgart
erscheinenden Volksbibliothek, welches den Titel trägt: „Das
Kunsthandwerk in Vergangenheit und Gegenwart." von Prof.
IJr. w. Lübke. wir erhalten in diesem Schriftchen in klarer
Sprache eine gedrängte Uebersicht über den ganzen geschichtlichen
Entwicklungsgang des Kunstgewerbes. Der Verfasser schließt
mit einer ihm von seinem Patriotismus eingegebenen Nutz-
anwendung: „Es ist eine Lebensaufgabe für uns, daß wir für
alle kunstgewerblichen Bedürfnisse nicht ferner im Schlepptau
der Franzosen uns fortziehen lassen." Aber er verschmäht es
nicht, auch auf die guten Seiten unseres Paupt-Rivalen hin-
zuweifcn. So entwirft er von dein französischen Duvrier fol-
gendes Bild: „Der moderne französische Guvrier hat seinen
lsandwcrkstolz, in dein er es mit dem besten Zunftmeister des
z6. Jahrhunderts aufnimmt. Er setzt seine Ehre darein, jedes
Stück, das aus feiner Werkstatt hervorgeht, bis zum letzten

Punkt vollendet auszustatten, er schreibt in gerechtem Stolz seinen
Namen darauf und wenn es zur Ausstellung geht, so kommt
er selbst, zieht seine Blouse an, packt seine Sachen aus und
wieder ein und steht Jedem Rede über das, was er macht und
weiß seine waaren zur Geltung zu bringen, aber auch die
Vorzüge der Andorn voll und ganz anzuerkennen. Er ist jeder
Bildung zugänglich, er hält die kunstwissenschaftlichen Journale
und kaust alte Drnamentstiche, nach welchen er arbeitet. Er
bildet sich seine Specialität aus, iit welcher er es unabläßig zur
höchsten Vollendung zu bringen sucht, und wenn man an seinem
Schautische das nicht sindet, was man wünscht, so führt er den
Fremden mit der größten Bereitwilligkeit zu .seinem Nachbar
und Konkurrenten, bei welchem der betreffende Gegenstand
allenfalls zu finden sein möchte. Er ordnet sich willig dem
Ganzen unter und hält daraus, daß seine Ausstellungsgegen-
stände nicht durch zu starkes pervortreten den Gesammtanblick
der französischen Abtheilung schädigen, vor Allem aber hat er
die vortreffliche Eigenschaft, daß er seine Verpflichtungen ein-
hält und die Stücke, auf welche er Bestellungen annimmt, zur
rechten Zeit und in untadelhafter Ausführung abliefert: Eigen-
schaften, die das Gegentheil von jener verrufenen Gberflächlichkeit
und Unzuverlässigkeit sind."

Unsere kunstgewerblichen Muster - Blätter.

Tafel i: Petroleumlampe, entworfen von p. Kellner.
Das Gefäß ist in Glas, das Gestell und die Fassung natürlich
in Metall gedacht. Die Renaissancemotive sind zum einheitlichen
Ausbau des Ganzen gut benützt. Das Streben der Metall-
fassung, von der Mitte der vorder- und Rückseite des Gefäffes
aus das letztere nach rechts und links hin zu umschließen, ist
mittelst des an jedem Köpfchen befindlichen und durch dessen
Umrahmung gesteckten Flügelpaares gut ausgedrückt. Diese
Umrahmung setzt sich mit ihren Ausläufern nach oben und
unten fort, so daß also von der Mitte aus die horizontale und
vertikale ksauxtrichtung markirt erscheint. Die Gesichtsprofile
der Köpfchen am Umriß bezeichnen scharf die Wendung von
einer Seite zur andern. Neben der Lampe befindet sich noch
ein zweites Motiv der Fassung und der lhenkel. — Tafel 2:
Tapeten must er, entworfen von L. Meggendorfer. Der
Grund ist dunkelgrün, das Muster hellgrün. Auch könnte dieser
Entwurf von Zimmermalern benützt werden. — Tafel 3: Ini-
tialen, entworfen von IuliusIürrß. In diesen Initialen
sind sehr mannigfaltige Motive miteinander verschmolzen, ohne
daß die Deutlichkeit der Buchstaben beeinträchtigt wird. Lin
zweites Blatt folgt. —Tafel -4: Leuchter, Lpiegel, Ring,
Lingerhut u. lladelbüchschen, entworfen v. p.Kellner.
Die Leuchter und der Spiegel in Zink oder vergoldetem Silber,
wir finden auf diesem Blatt reichbewegte und doch klare und
übersichtliche Gliederungen, welche zur Ausführung der mit-
getheilten Gegenstände verlocken sollten. — Tafel 5: Trenn- und
Jagdmesser, entworfen von Lramer. MancherIagdliebhaber
könnte sich hier etwas auswählen und in Bein schnitzen lassen.
— Tafel S: Thürklopfer, ausgenommen von G. Schulze
Venedig. Diese Tafel gehört zu einem Aufsatz über die Ge-
schichte der Thürklopfer. Es ist wahr: praktische Bedeutung
haben die Thürklopfer nicht mehr. Doch werden in Wien und
auch in anderen Städten immer noch Thürklopfer zum Schmuck
der pausthore verwendet. Außerdem intereffirt uns auch be-
sonders die Geschichte von Gegenständen, selbst wenn sie nicht
mehr im Gebrauch sind, falls nur eine so reiche Erfindungskraft
sich an denselben offenbarte, daß ihnen auch für andere Gegen-
stände verwendbare Motive abgesehen werden können. Und das
ist bei den Thürklopfern der Fall.

verantw. Redakt.: vr. S. Lichtenstein.

Verlag von G. ls irth in Leipzig & München. — Druck von KnorrApirthin München.
 
Annotationen