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Ursprung der Glas-Malerei.
X. verfall der Glasmalerei.
Von Or. §epp. (Fortsetzung.)
rsprüuglich war der Glasmaler zugleich Glasbrenner, farbenbereiter,
Rartonzeichner und Verglafer. Zuletzt trennte sich der Künstler vom
Handwerker und bildete sich als Gelmaler nach den leuchtenden Vor-
bildern der Niederländer ans, der Glasermeister aber bestellte bei ihm
nur die Zeichnungen und setzte die Malerei noch handwerksmäßig fort.
Wenn man vor zwei und drei Jahrhunderten auch der Technik
noch Meister blieb, so war der heilige chauch, der Geist der Kunst
doch allmälig versiogen und die Darstellung wurde trivial. Mau
betrachte sich das Bild von Tobias' und Raphael's Einkehr in
einem Nürnberger Patrizierhaus, gestiftet von Andreas Beham (585. gu oberst zeigt
sich das Dorf Edelhausen mit einem Schloß, der lvirth steht mit der chaube in der chand
vor der Thüre, wo drei Reiter ankommen: der eine ist bereits voin Pferd gestiegen, das ein
Engel hält; die beiden andern sehen sich nach der ankommenden Rutsche mit ein paar Frauen-
zimmern um. Zwei Schilde unter einem Belm nehmen als Wappen die Mitte der Fenster ein.
Die Ordnung der Glaser zu Nürnberg besagt: „es solle keiner Meister werden, er
verstehe denn die Kunst, roth, grün, blau und geel Glas zu färben." Doch blieb schließlich nicht
der Kunstmaler, sondern der Glaser übrig. Nur zu wahr steht in den Nürnberger Denk-
würdigkeiten : „wenn sonst ein Kaiser nach Nürnberg kam oder ein fürstentag gehalten ward,
beeilte man sich, die Fenster in den Kirchen, welche, wie die alten Lhroniken melden, oft
häßlich zerworfen gewesen, also daß wenig Scheiben und nur das Blei darin gestanden,
durch die Stadtglaser wegen der fremden Leut wieder ausbessern zu lassen." Was aber
bezeugt das Kunstblatt (826: „Auf die seltsamste Weise ward an den alten zerbrochenen
Glasgemälden eine höchst barbarische Flickerei betrieben. Bruchstücke farbiger Scheiben aller
Art wurden in die Lücken eingesetzt, das Ideale, Poetische mußte prosaisches ergänzen und
umgekehrt: Thierpfoten geriethen au Menschenleiber und Menschenköpse aus Thierrümpse.
Der Baum trug ein Säulenkapitäl, die Segelstange trieb Aeste mit Blättern und Früchten,
Paläste erhielten Strohdächer und vor die Bütte kam ein Portal mit Säulen und Architraven.
Es war oft eine wahre ovidifche Metamorphose und mancher schöne Rest der ächten alten
Glasmalerei ging zu Grunde, weil man ihn so entstellt nicht mehr sehen mochte." Wir haben
dasselbe Beispiel bei Fenstern aus dem Regensburger Dom im bayerischen National-Museum
vor Augen. Die bei der Gebrechlichkeit des Materials (Glück und Glas, wie bald bricht
das!) vorgenommenen Reparaturen brachten so in der Regel mehr Schaden als Nutzen.
Die deutsche Reichsherrlichkeit und das Nationalleben gingen in die Brüche. Die
Kirchenspaltung trat ein, die Reformation lehnte die altrömische Bildnerei als katholischen
Aberglauben ab. furchtbare langwierige Kriege brachten die Städte in Noth, mit dem
Reichthum und Kunstgeschmack nahmen auch die Bestellungen ab und man ließ den Brenn-
ofen erkalten. Die besseren Meister, wie ein Both, Dow, wurden der undankbaren Glas-
malerei abtrünnig und wandten von mühsamen Schmelzsarben und dem ungewissen Ergebnisse
des Brennofens sich lieber der Leinwand und den Gelfarben zu. „Alls Bilder Bernhards
von Linge um (655 tragen vollkommen die Gebrechen seiner Zeit an sich. Er verschmähte
die bsüttengläser und wendete leichtflüssige färben an, übersetzt mit Bleiglas und Borax,
welche den Einflüssen der Witterung nicht widerstehen und bald verbleichen."
Ueber die Glasgemälde, die (554 Paul Dax von Innsbruck für das Rathhaus
Ursprung der Glas-Malerei.
X. verfall der Glasmalerei.
Von Or. §epp. (Fortsetzung.)
rsprüuglich war der Glasmaler zugleich Glasbrenner, farbenbereiter,
Rartonzeichner und Verglafer. Zuletzt trennte sich der Künstler vom
Handwerker und bildete sich als Gelmaler nach den leuchtenden Vor-
bildern der Niederländer ans, der Glasermeister aber bestellte bei ihm
nur die Zeichnungen und setzte die Malerei noch handwerksmäßig fort.
Wenn man vor zwei und drei Jahrhunderten auch der Technik
noch Meister blieb, so war der heilige chauch, der Geist der Kunst
doch allmälig versiogen und die Darstellung wurde trivial. Mau
betrachte sich das Bild von Tobias' und Raphael's Einkehr in
einem Nürnberger Patrizierhaus, gestiftet von Andreas Beham (585. gu oberst zeigt
sich das Dorf Edelhausen mit einem Schloß, der lvirth steht mit der chaube in der chand
vor der Thüre, wo drei Reiter ankommen: der eine ist bereits voin Pferd gestiegen, das ein
Engel hält; die beiden andern sehen sich nach der ankommenden Rutsche mit ein paar Frauen-
zimmern um. Zwei Schilde unter einem Belm nehmen als Wappen die Mitte der Fenster ein.
Die Ordnung der Glaser zu Nürnberg besagt: „es solle keiner Meister werden, er
verstehe denn die Kunst, roth, grün, blau und geel Glas zu färben." Doch blieb schließlich nicht
der Kunstmaler, sondern der Glaser übrig. Nur zu wahr steht in den Nürnberger Denk-
würdigkeiten : „wenn sonst ein Kaiser nach Nürnberg kam oder ein fürstentag gehalten ward,
beeilte man sich, die Fenster in den Kirchen, welche, wie die alten Lhroniken melden, oft
häßlich zerworfen gewesen, also daß wenig Scheiben und nur das Blei darin gestanden,
durch die Stadtglaser wegen der fremden Leut wieder ausbessern zu lassen." Was aber
bezeugt das Kunstblatt (826: „Auf die seltsamste Weise ward an den alten zerbrochenen
Glasgemälden eine höchst barbarische Flickerei betrieben. Bruchstücke farbiger Scheiben aller
Art wurden in die Lücken eingesetzt, das Ideale, Poetische mußte prosaisches ergänzen und
umgekehrt: Thierpfoten geriethen au Menschenleiber und Menschenköpse aus Thierrümpse.
Der Baum trug ein Säulenkapitäl, die Segelstange trieb Aeste mit Blättern und Früchten,
Paläste erhielten Strohdächer und vor die Bütte kam ein Portal mit Säulen und Architraven.
Es war oft eine wahre ovidifche Metamorphose und mancher schöne Rest der ächten alten
Glasmalerei ging zu Grunde, weil man ihn so entstellt nicht mehr sehen mochte." Wir haben
dasselbe Beispiel bei Fenstern aus dem Regensburger Dom im bayerischen National-Museum
vor Augen. Die bei der Gebrechlichkeit des Materials (Glück und Glas, wie bald bricht
das!) vorgenommenen Reparaturen brachten so in der Regel mehr Schaden als Nutzen.
Die deutsche Reichsherrlichkeit und das Nationalleben gingen in die Brüche. Die
Kirchenspaltung trat ein, die Reformation lehnte die altrömische Bildnerei als katholischen
Aberglauben ab. furchtbare langwierige Kriege brachten die Städte in Noth, mit dem
Reichthum und Kunstgeschmack nahmen auch die Bestellungen ab und man ließ den Brenn-
ofen erkalten. Die besseren Meister, wie ein Both, Dow, wurden der undankbaren Glas-
malerei abtrünnig und wandten von mühsamen Schmelzsarben und dem ungewissen Ergebnisse
des Brennofens sich lieber der Leinwand und den Gelfarben zu. „Alls Bilder Bernhards
von Linge um (655 tragen vollkommen die Gebrechen seiner Zeit an sich. Er verschmähte
die bsüttengläser und wendete leichtflüssige färben an, übersetzt mit Bleiglas und Borax,
welche den Einflüssen der Witterung nicht widerstehen und bald verbleichen."
Ueber die Glasgemälde, die (554 Paul Dax von Innsbruck für das Rathhaus