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Zeitschrift des Kunst-Gewerbe-Vereins zu München — 1878

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Sepp, ...: Ursprung der Glas-Malerei, [10, 11]
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https://doi.org/10.11588/diglit.6904#0087

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-*• 87 ^

von Ensisheim geliefert, lautet die Klage, es fei „der mehrer Theil nit geschmelzt, sondern
an vielen Orten mit Gelfarben, die das Wetter nit leiden mögen, gemalt". *) Ebenso klagt
die Kammer zn Innsbruck (575 über die Glasgemälde des Meisters Neidhart, daß sie
„schlecht von Farben, auch nit von ganzen Stücken geschmelzt seien". In der Schweiz lassen
sich all' diese und noch andere Mängel bereits seit den Zwanziger-Jahren des XVII. Iahrh.
Nachweisen.**) Auch die englischen Maler waren schon um diese Zeit nicht mehr im Besitz
der richtigen Technik, wie das Aussterben der Farbei: und der schlechte Zustand ihrer Werke
beweist. Aus der zweiten chälfte desselben Säkulums sind alle Glasgemälde zu Brüssel ohne
Roth und andere lebendige Farben nur Grau in Grau gemalt, der chalbguache ähnlich —
von Büttengläsern keine Bede mehr.

Daß die Künstler gegen einander geheimnißvoll thaten, sagen wir aus Brodneid, zeigt
das Beispiel eines Krabeth und Levieil, die gute Bekannte waren, kaum 60 Schritte von
einander wohnten, und beim Besuche der Ateliers ihre Arbeiten verhingen, daß ja keiner dein
andern etwas ablernte. Dies trug gewiß nicht wenig zum verfall der Kunst bei. So rasch
erfolgte dieser, daß schon X655, fünfzig Jahre, nachdem wouter und Dirk Krabeth die 3k
prachtsenfter für die Iohanneskirche zu Gouda in Holland in höchster Vollendung gemalt,
und ein Menschenalter nach der meisterhaften Ausführung der Glasgemälde im Beinhaus
von St. Eustache in Paris, ein zünftiger Meister, Wilhelm Tomberge von Gouda, be-
haupten konnte, diese Kunst sei ganz verloren, und die Reparaturen in der That mit aller
Stümperhastigkeit vornahm. Unschätzbare Erfahrungen gingen mit dem Tode jedes Meisters
oder mit dem einfachen Uebertritt zur Gelmalerei zu Grabe, wegen verschmähung der
chüttengläser entbehrten die Farben der Kraft und Harmonie und starben in bräunlichen Tinten
aus, wie die Glasbilder in: Universitäts-Tolleg zu Gxford auch nicht Tine Farbe von der
Tiefe und Schönheit der alten Fensterbilder ausweisen und manche völlig verblichen sind.

Pierre Levieil, aus einer alten Glasmalerfamilie in Rouen, f (772, veröffentlicht
(760 sein nicht eben kritisches Buch: »L’Art de la pemture sur verre et de la vitrerie« —
und damit hat Alles ein Ende. Die noch im Jahrhundert vorher erschienenen Werke (wacker-
nagel (76) nehmen es nicht mit Theophilus auf. Zum Beweise, daß auch die Welt Zeiten
des Rückschritts erlebe, gerieth die herrliche Kunst, die in Tegernsee ihren Ursprung genommen
und das ganze Abendland 700 Jahre freudig durchstrahlte, außer Uebung und wie ein
Traum in Vergessenheit.

In Frankreich war der (766 verstorbene Benediktiner Pierre Regnier der letzte,
welcher noch die Klostersenster seines Ordens reftaurirte; ein Mitlebender fristete sich mit
Wappenmalen und Glashandel. James Berry, ein englischer Künstler und Kunstästhetiker,
führt (775 als einen Beweis der artistischen Barbarei unter den Königen Heinrich VIII. von
England und Franzi, von Frankreich an, daß man damals gothifch gebaut und auf Glas
gemalt habe?!?

Obwohl der Dom zu Prag schon (276 mit Glasbildern aus dem alten und neuen
Testament illustrirt war, fand sich (6(7 in: ganzen Königreich kein Glasmaler mehr, „alhie
in Bo heim ist khein glaßemahler," schreibt Büsching; daher schickte ein Klosterabt die
Zeichnungen für 60 Scheiben nach Neisse. So zählt der Freiherr von Bibra, der aus
seinem Schlosse Schwebheim in Franken selber eine hochinteressante Sammlung von Glas-
gemälden besitzt, die Glasmaler des vorigen Jahrhunderts auf: Dannecker in Straßburg
um (750, Restaurator und schlechter Maler; Dor, um (750 in Paris, malte Fenster in der

*) Professor Kuhn führt aus, daß im Regenerationsverfahren pettenkofer an Lonservator Eigner und Maler Fries Vor-
gänger gehabt, und den abgestandenen Firniß mittels erwärmter Spirituosen abgenommen, bis Pettenkofer auf kaltem Wege dasselbe
bewirkte. Nun eben empfiehlt Freiherr v. Bibra zur Reinigung alter Gelgemälde Nitrobenzol, wie liegt es nahe, daß die Glas-
malerei anfangs eine oberfiächliche war, bis man lernte, die Farben dem Glase selber zu incrustiren. Das Lude glich hier dem Anfang.

**) Lübke, Geschichte der Glasmalerei 5. 53.
 
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