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Zeitschrift des Kunst-Gewerbe-Vereins zu München — 1878

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https://doi.org/10.11588/diglit.6904#0032

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FAlltizeN. vor einiger Zeit war in einer Mitglieder-
Versammlung des Münchener Kunstgewerbevereins die Decke des
englischen Lase mit einem sehr schönen Gas-Lüstre in ge-
triebener Arbeit geschmückt. Dieses Werk kfalbreiter's zeichnet
sich durch Erfindung wie durch Vollkommenheit der technischen
Formengebung aus. Die meisterlich gehandhabte Technik des
Treibens verleiht dem Lustre den Reiz der Leichtigkeit und
Lebendigkeit. — von neueren Zugängen im Ansstellungs-
lokale des Vereins in der Maximiliansstraße ist eine Iar-
dinidre von I. Grünig hervorzuheben. Es ist eine flott
behandelte Boulearbeit in Schildkrot und Bronce. Der Ver-
fertiger erhielt dafür die goldene Medaille der König Lndwig's
Preisstiftung. — Ferner gehören zu den neueren Zugängen
zwei Medaillons von Leigh, ein Schrank von Pössen-
bacher, ein Regulator von Iagemann. Die Meisterschaft
dieser Männer ist als bekannt voranszusetzen. —• Noch ist unter
den ausgestellten Gegenständen eine sehr beachtenswerthe Er-
gänznng des Denkmals des Lysikrates hervorzuheben,
welche vom Bildhauer Eysen herrührt. Das mit großer Ge-
wissenhaftigkeit ansgeführte Modell wird Schulen zur Anschaffung
empfohlen. — Dem jungen und sehr rührigen Berliner Kunst-
gewerbeverein wurden von unserm ersten Vorstand, verrn Fer-
dinand von Miller, welcher als Reichstagsmitglied in Berlin
anwesend war, die Grüße und Glückwünsche des älteren Mün-
chener Vereins übermittelt. In einer längeren, von stetem
Beifall der Versammlung begleiteten Rede erzählte lqerr von
Miller die Geschichte des Münchener Vereins, worauf er dis
Aufgabe des deutschen Kunstgewerbes umschrieb. — Der Ge-
werbe- und Industrieverein Bremen hatte im lferbst J877 ein
Preisausschreiben, die „Möbeleinrichtung eines einfachen Wohn-
zimmers des Mittelstandes" betreffend, erlassen. Den ersten
Preis erhielt für seine Entwürfe lferr Gtto Frisische, Archi-
tekt im Atelier von Anton pössenbacher und Lehrer an der
Abendschule des Münchener Knnstgewerbevereins.

Die „Muster altdeutscher Leinenstickerei", gesammelt von
Julius Lessing, schließen sich den mannigfaltigen, in neuerer
Zeit entstandenen Veröffentlichungen an, welche den Zweck
habe», durch Verbreitung der besten Vorbilder alter Zeit das
moderne Knnftgewerbe neu zu beleben. Es sind keineswegs
Abdrücke alter Musterbücher, wie die im klebrigen sehr verdienst-
lichen neuen Auflagen von Sibmacher und anderer älterer Bücher;
die Muster sind vielmehr von Driginalarbeiten der früheren
Zeit gesammelt und zum Theil den Darstellungen auf alten
Gemälden entlehnt. Es ist hiebei nicht auf archäologische Selten-
heit, sondern lediglich auf die wirkliche Verwendbarkeit gesehen.
Die Muster gehören im wesentlichen dem deutschen Kunstgewerbe
des ;5. und ;s. Jahrhunderts an; einige noch verwandte Muster
slavischer Herkunft sind hinzugefügt. Der Name des Verfassers
bürgt dafür, daß die Auswahl und Zusammenstellung der Muster
durchweg vom besten Geschmack geleitet sind. Diese Sammlung,
welche jetzt 242 Nummern umfaßt und ein überreiches Material
für alle Arten von Leinenstickerei mit blauem und rothem Garn
enthält, war ursprünglich in Nummern in 2 Extrablättern
der Modenwelt und Illustr. Frauen-Zeitung veröffentlicht und
ist durch diese beiden Blätter in fast 300,000 Exemplaren ver-
breitet worden. Dies gab den Anstoß, die alte Kunst an allen
Ecken und Enden wieder neu aufleben zu lassen. In der neuen
Gestalt hat das Material noch übersichtlicher geordnet werden
können; eine ausführliche Einleitung, Register und Hilfstaseln
mit verwendbaren Sprüchen und Aehnlichem erhöhen den Werth
der Sammlung. Auch der Deckel, gezeichnet von F. Luthmer,
mit einer höchst anmnthigen Figur von E. Ewald, geben dem
sehr zierlich ausgestatteten Buche einen hohen Reiz. Der Preis
des Buches mit 44 Tafeln und \6 Seiten Text ist in Folge
der sehr großen Auflage überaus niedrig, auf nur 2 Mark
festgestellt. Die Verlagshandlung sieht nicht auf Gewinn, son-
dern wünscht nur eine möglichste Verbreitung des Werkes.

Unsere kunstgewerblichen Muster-VIsttcr.

Tafel 7: Entwurf zu einem Zimmer, aus dem Ate-
lier von Ant. Wagner, Dekorationsmaler, Haupteingangs-
wand. Kräftige Säulen mit stark ausladendem Hauxtgesimse
fassen die Thüre ein; sie selbst tritt noch in eine Nische zurück,
um so eine kräftige Schattenwirkung zu erzielen. Die Thüre
ist mit Intarsien und aufgelegten Verzierungen geschmückt.
Solcher Schmuck ist auch an den Säulen rc. angebracht; die
Vertäfelung ist über Mannshöhe gedacht; die höheren oberen
Füllungen mit Rundbogen sind mit Eschenholz eingelegt; die
unteren kleineren Füllungen sind quadratisch mit Hellem Nußholz.
Es folgt der Lehnstuhl, im Eharakter des Ganzen gehalten, mit
Damast bezogen. Der Dfen ist nach altem praktischem Gebrauch
mit einem Eisengitter umschlossen; der Unterbau desselben tritt
mehr vor; die Ecken haben Fruchtgehänge, die von Fratzenköpfen
ausgehen; sie fasten eine große Relieffüllung ein, welche ein
Reiterbild schmückt; der engere ®berbau des Mfens hat Säulen
an den Ecken und schließt mit einem Kuppeldach; in der Nische
steht ein allegorisches Figürchen. Rechts von der Thüre, in die
Vertäfelung eingefügt, steht ein Schränkchen (für Silber oder
Kleinodien); es ruht auf Säulen; die Füllungen sind mit Archi-
tektur geschmückt; der Gbertheil des Schränkchens ist zur Auf-
stellung von verschiedenen Gegenständen geeignet, welche zur
Belebung des Ganzen beitragen. Das Zimmer ist entworfen
und gezeichnet von I. Schäffler. — Tafel 8: FeNster-
feite des auf Tafel 7 mitgetheilten Zimmers, ans dem Atelier
von Ant. Wagner, Dekorationsmaler, Hier ist das Haupt-
augenmerk auf den Erker gerichtet, welcher dem Zimmer einen
gemüthlichen Eharakter geben soll. Die Seiten sind abgeschrägt;
es zieht sich eine Bank herum; in der Mitte steht ein Arbeits-
tisch. Die Fenster haben kleine Rundscheiben mit Glasbildern.
Abgeschlossen wird der Erker durch eine Logenstellung, welche
sich auf Pilaster stützt. Den Bogen füllt ein geschmiedetes Eisen-
gitter aus; hier könnte ein Damastvorhang angebracht sein, der
Abends den Erker abschließt. Links von diesem sehen wir eine
Kastenthüre, die in der Diagonale in's Zimmer hereingebaut ist,
damit der Erker um so tiefer erscheine und so die Wirkung
erhöhe. Rechts ist in die hier etwas niedere Vertäfelung ein
Buffet eingelassen; es eignet sich durch seine Bauart besonders
zur Aufstellung von Prunkgefäßen. Es folgt ein breites hohes
Fenster; hier bildet sich eine Nische, in der eine Sitzbank an-
gebracht ist, welche an der wand fortläuft und einen Fa-
milientisch umgibt. Entworfen und gezeichnet von I. Schäff-
ler. — Tafel 9: Tintenzeug, entworfen von Earl Lehr.
Ls ist in Meffingbronce oder Altsilber gedacht; der durchbrochene
Bauch hält das eigentliche Faß aus schwarzem Glas, welches
sich, nachdem man die obere Partie abgeschraubt hat, zum Rei-
nigen und Füllen herausnehmen läßt. Der Deckel ist mit einem
Tharnier befestigt oder ohne ein solches zum Abnehmen. Die
untere Schale dient zur Aufnahme des Federhalters rc. Da
man die Anwendung des Sandfasses häufig verwirft und durch
Tintendrücker u. dgl. zu ersetzen sucht, beschränkt sich der Ent-
wurf auf das Tintenfaß und die darunter befindliche Schale. —
Tafel ;o: Mafchkasten, entworfen von Albrecht Haupt.
Der Maschkasten ist in Eichenholz ausgesührt und bemalt. Es
wird einfach mit Tusche und Sepia auf das vorher mit Leim-
waffer bestrichene Holz gemalt und sodann mit warmem Leinöl
das Ganze überstrichen. (Ohne die Malerei stellt sich der Preis
auf ;20 Mark. — Tafel ;;: Uhr und Pokale, entworfen von
H. Kellner. Das Rhrgestell aus Ebenholz oder schwarz ge-
beiztem Holz. Die Füllung aus Kupfer, getrieben und vergoldet.
Das Zifferblatt aus oxpdirtem Silber. Die Zahlen werden
gravirt, die Zeiger sind von Gold, der Uhrschlüssel von Silber,
die Pokale in getriebener Arbeit. — Tafel \2: § tu 1)1, ent-
worfen von L. Meggendorfer. Drechslerarbeit, aus Eichen-
oder Nußbaumholz, in Mel zu tränken. Der Ueberzug einfarbig,
aus Plüsch oder Leder.

verantw. Redakt.: Or. S. Lichten stein. — Verlag von G. H irth in Leipzig 6c München. — Druck von KnorrScHirthin München.
 
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