Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Zeitschrift des Kunst-Gewerbe-Vereins zu München — 1878

DOI Artikel:
Sepp, ...: Ursprung der Glas-Malerei, [8, 9]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.6904#0073

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
x~~~--—

:-j- 75 -j—

deutsche Baukunst verwarf, so nahm die kirchliche Malerei alltägliche Motive auf und wurde
sich selber untreu: es fehlte der Glaube. Ich selbst besitze noch eine fünf Fuß lange, zwei
Fuß hohe Predella der Verspottung Thristi, ein stgurenreiches Bild mit Pilatus, Maria und
Johannes darauf, angeblich vom alten Bolbein, ganz aus Papierstücken zusammengeklebt,
wie sie den Glasmalern als Muster Vorgelegen, um Stücf für Stücf darnach zu malen.

Die Iohanneskirche zu Gouda in Holland enthält 44 Fenster, wovon 2st der bes-
seren durch die Brüder Krabeth gemalt sind. Sie war t552 durch das wilde Feuer verzehrt
und da man von k555—t603 fortmalte, läßt sich in der Reihenfolge die Entartung von der
mittelalterlich christlichen Weise in's Allegorisch-Heraldische erkennen. ?lus einem Triumph-
wagen fährt nach der Stiftung von Südholland t5st6 die Gewissensfreiheit, Eintracht, Ge-
rechtigkeit und andere Tugenden, und zermalmt unter den Rädern die Tyrannen. Uebrigens
steuerten Könige (wie Philipp Hst und Fürsten, weltliche und geistliche Herren, zu den immerhin
schönen Fenstern bei.

Im Stadthause zu Leyden sieht man nicht weniger als 36 fast lebensgroße Bilder
der Grasen und Grästnen von Holland, die Wilh. Thibaut steinartig grau in Gelb oder
Weiß gemalt, daß sie wie auf Glas übertragene Kupferstiche erscheinen. Rathhäuser und
Zunststuben, Schützensäle, Schlößer und Patrizierhäuser prangen in: Schmuck der Renais-
sance und entsprechender Fensterbilder. Die Gläser werden vorne und rückwärts
bemalt, um auf Distanz landschaftliche Hintergründe darzustellen, und grünes Pigment, wie
Siegellack aufgeschmolzen, was inan jetzt nicht mehr kann, diente zur Verstärkung des Schattens.
Ich habe so ein Miniaturbild: Booz und Ruth, die Aehrenleserin, mit Stadt und Fluß,
Wiese und Wald und blauem Bimmel im Hintergrund: Herz, was begehrst du mehr?

Die Landschaft von Tyrol oder Kammer zu Innsbruck bestellt J565 durch den Prä-
laten von Muri, bei dem Heggenzer zu Zürich, „da ein guetter Maler und Schmelzer
sein solle, das alt und new Gesterreichifch Wappen in ainem Glaß neben ander oder quartirt
fchinelzsn zu lassen." Lhrenwappen mit mythologischen Figuren, Löwen als Schildhalter für-
zünftige Familien, Ahnenbilder werden in Sitzungssälen und Korridors zum Preise der bürger-
lichen wie Adels-Angehörigen gestiftet. Darin sprach sich bereits der Reichthum des Bürgerthums
aus urid die republikanische Schweiz blieb an Selbstüberhebung nicht zurück. Die Schweizer
versuchten es im Grunde zuerst mit mehreren Farben ohne Zwischenverbleiung aus Einem
Glas und figuriren ganze Landschaften. So malten, abgesehen von Abel Stimmer in Schaff-
hansen, Jos. Maurer und sein Sohn Thristoph J560 in Zürich die Standartenträger in
den Fenstern des Schützenhauses. In veredelter Weise hat jüngst Wladimir von Swertsch-
koss diese Richtung verfolgt und in den beiden bannertragenden Landsknechten am Aufgang
des bayerischen National-Museums diesem und sich selbst ein würdiges Denkmal gestiftet.

Die Kabinetsmalerei, wie sie sich zuletzt entwickelte, dient mehr und mehr zur
Verklärung des irdischen Lebens. Lange Jahrhunderte, nachdem Augsburg die ersten Glas-
gemälde von Tegernsee bezogen, schreibt Paul von Stetten tccst: „Ls war vor Zeiten
keine Kirche, kein öffentliches Gebäude, kein Haus eines vermöglichsn Mannes, darin man
nicht gemalte Fensterscheiben erblickte." Dies gilt eigentlich von jeder Reichsstadt: die an der
Pegnitz war stolz auf Martin Grüneberger \523, und Veit Kirschvogel den Aeiteren
k46k—1525, der zwei Söhne und einen Enkel zu Rachsolgern in derselben Kunst hatte.
Namhaft machte sich Augustin Hirschvogel, der eine „sonderliche Duschirung erfand, im reißen
(Zeichnen) gewaltig ward, im Glasbrennen vortheil ersann, wie auch im Gamalieren (Email-
liren) ward seiner Zeit keiner über ihm", f J560. <$ortie8»t.g folgt.)

.idiiac/\ -hs#

^ ^ v a

10
 
Annotationen