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Zeitschrift des Kunst-Gewerbe-Vereins zu München — 1880

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Lange, Emil: Fortschritte der Kunstindustrie, [2]: Mit besonderer Rücksicht auf die im Jahre 1879 stattgehabten Ausstellungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.7024#0044

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Fortschritte der Nunstinduftrie

mit besonderer Rücksicht auf die iin Jahre f879 stattgehabten Ausstellungen,
von Lmil Lange, Direktor der kgl. Annstgewerbeschule München.

REILITks wäre die Uebersicht der für
die Entwicklung und den Fortschritt un
seres heimischen Aunstgewerbes wichti
gen Ausstellungen des Vorjahres un-
vollständig, würde ich nicht auch noch
jener anderen Ausstellungsunternehmun
gen kurz gedenken, welche mit Beihilfe
des Aunstgewerbes als des rauinschmü
ckenden Elementes würdig inscenirt wur
den, oder welche wegen ihrer Aleinheit und der besonderen
Zwecke ihrer Entstehung nicht in die Linie der erstgenannten
Ausstellungen gehören. Darf doch nach beiden Richtungen
speziell unser München nichi vergessen werden, das sich durch
die Raumausstattung der vorjährigen internationalen Aunst
ausstellung, durch die Ausstellung seines Aunstgewerbe-
Vereins und seiner, gestatten Eie mir dieß unter Beiseite
lassung meiner persönlichen Beziehungen zu derselben
anzusühren, Aunstgewerbeschule so sehr bemüht hat, als
Pflegestätte des Aunstgewerbes sich hervor zu thun.

Aber auch eines weiteren Unternehmens des Vorjahres,
an dem sich Deutschland zur Förderung seiner Industrie
lebhaft betheiligte, ist hier zu gedenken, umsomehr, als es
das erste seiner Art ist, bei dem Deutschland nach der in
Philadelphia erlittenen Niederlage wieder in den Wettstreit
mit anderen Nationen eintrat, ich meine die Weltausstellung
von Sidney.

Dank dem energischen Vorgehen der deutschen Reichs
regierung geschah dießmal die Beschickung in einer streng
kontrolirten und planmäßigen Weise, und wenn auch der
auf australischem Boden gelegene Aampfplatz zur Entwicklung
eines ernsthaften Gefechtes nicht mit den früheren Weltaus-
stellungen auf gleiche Linie gestellt werden darf, so haben
wir doch guten Grund, uns über die Nachricht des von
Deutschland auf industriellem Gebiete dort errungenen An
sehens und Erfolges zu freuen. Nach offiziellen Mittheilungen
nimmt nämlich Deutschland mit seinen 680 Ausstellern
qualitativ eine durchaus befriedigende, dagegen nummerisch
schon die II. Stelle ein, und wird hierin nur von England
übertroffen. Während die Zahl der deutschen Ausstellungs
objekte im Ganzen 76k, nämlich 659 Industrieprodukte und
f08 Aunstwerke umfaßt, beträgt die österreichische Beschickung
von beiden Gattungen zusammen nur s70, die französische
5\8, die belgische 286, die amerikanische nur 550 Objekte.

Angesichts dieser gewiß überraschenden Anzahl von
Ausstellungen von allein industrieller oder kunstgewerblicher
Richtung, an welchen Deutschland theils allein, theils in
hervorragender Weise im Vorjahre betheiligt war, dürfen
wir uns über den hiedurch bekundeten Aufschwung unserer
heimischen gewerblichen Thätigkeit, über den überall zu
Tage tretenden Eifer, letztere nach Aräften zu fördern und
zu unterstützen, sie durch gegenseitigen Vergleich von Leistungen
zu schulen und anzuspornen, für sie vorbildliches Material
aus den uns überkommenen Schätzen früherer Zeiten zu ge-
winnen, ihr überhaupt die Wege gedeihlicher Entwickung zu
zeigen, angesichts solcher Vorgänge dürfen wir uns mit

gutem Grunde freuen, und dem Ausstellungswesen in diesen
Bestrebungen auch ferner die gleiche Unterstützung und
Opferwilligkeit seitens der betheiligten Areise wünschen. Zn
der That hat es bis jetzt kein anderes Mittel so sehr ver-
mocht, die Gewerbskreise in gleichem Grade wie das Pub
likum über den Zustand unserer gewerblichen Thätigkeit
zu belehren, auf die Mängel und Vorzüge unserer Leistungen
gegenüber denen anderer Nationen aufmerksam zu machen
und auf Mittel der Besserung oder weiteren Entwicklung
zu sinnen, überhaupt für die Förderung der gewerblichen
Thätigkeit, insbesondere des Aunstgewerbes, in solch' nach
haltiger und tiefgehender Weise Propaganda zu machen,
als es ein wohl organisirtes Ausstellungswesen zu Stande
gebracht. Insbesondere ist es den auf kleinere Bezirke oder
Berufsgebiete beschränkten Ausstellungen zu danken, daß
sich die unser Aunstgewerbe reformirende Bewegung nicht
mehr allein in den staatlichen Tentren, sondern nunmehr
auch in den Provinzen kund gibt und somit an Ver-
breitung wie an Intensität gewinnen konnte. Solange
auch mit den Ausstellungen nur solches Ziel angestrebt
und von ihnen alles Fremdartige fern gehalten werden
wird, steht von einer weiteren Entwicklung des Aus
stellungswesens nur Gutes zu erwarten. Nur wenn
gewinnsüchtige Absichten, vielleicht hervorgelockt durch die
äußerst günstigen finanziellen Erfolge einzelner der bisherigen
Ausstellungen, dazwischentreten, oder ein Rivalisiren da
Platz greift, wo gemeinsames Vorgehen angezeigt erscheint,
dann wohl wird allerdings über kurz oder laug ein empfind-
licher Rückschlag zu befürchten sein, der leider auch nicht
ohne nachtheilige Folgen für den Gewerbestand selbst, an
gesichts der großen Opfer, die ihm ein zu häufiges Beschicken
von Ausstellungen auferlegt, bleiben kann. Ob und wie
weit die bereits für die nächsten Jahre geplanten und ein
geleiteten Ausstellungen Anlaß zu Befürchtungen dieser Art
bieten, läßt sich wohl vorerst nicht entscheiden und wird dieß
erst durch das Ergebniß selbst sich Herausstellen, pören
wir einstweilen, welche Aussichten uns für dieses und die
kommenden Jahre zur weiteren Förderung der heimischen
Thätigkeit eröffnet sind.

Die hervorragendste der dießjährigen Ausstellungen ver-
spricht zweifelsohne die von Düsseldorf in großem Maßstabe
geplante Industrie Gewerbe-Ausstellung der Rheinlande und
Westfalen, in Verbindung mit einer deutschen Aunstaus
stellung zu werden, für deren Großartigkeit vor Allem der
Amstand spricht, daß der Ausstellungsbezirk den industriell
reichsten Distrikt Deutschlands umfaßt. Nächst diesem Unter-
nehmen wird bezüglich einer hervorragenden Vertretung
deutscher Industrie sicher die in diesem Jahre zu Melbourne
stattfindende Weltausstellung, eine Fortsetzung des zu Sidney
begonnenen Wettstreites aus australischem Boden, größere
Bedeutung erlangen.

Auch an kleineren, örtlich oder fachlich beschränkteren
Ausstellungen wird es in diesen: Jahre der deutschen Industrie
nicht fehlen, so die von Mecklenburg beabsichtigte Landes
gewerbe Ausstellung, die in Leipzig demnächst stattfindende
 
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