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Zeitschrift des Kunst-Gewerbe-Vereins zu München — 1880

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Pecht, Fr.: Das Kunsthandwerk auf den Ausstellungen zu Düsseldorf und Brüssel, [1]
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Frauberger, Heinrich: Kunstgewerbliche Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.7024#0071

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Akademie verziert hatte, was eine reizende Wirkung inachte.
Noch kühner erschien eine von Dykerhoff und Söhne in
Mannheim und Amöneburg aus Zement ausgeführte Brücke
mit Pavillon darauf, sehr kühn komponirt von Mylius und
Bluntfchli und so noch vieles Andere, was ich gezwungen
war, zu übergehen. Dahin gehören vor Allem die Aus-
stellungen der Schulen und der Erzeugnisse der graphischen
Gewerbe, die zur Durchmusterung eine Zeit erfordert hätten,
die mir leider nicht zu Gebote stund. Was mir davon
übrig blieb, mußte ich vielmehr für die Ausstellung kunst-
gewerblicher Alterthümer verwenden, die, wenn auch bei
weitem nicht so reich als die Münchener, doch immerhin
viel des Interessanten bot. Dazu gehörten in erster Linie
die Metallarbeiten, besonders Kirchengeräthe, so die be-
rühmten Silberarbeiten Eisenhuth's, die in der Virtuosität
des Treibens allerdings das höchste leisten und in allein
Dekorativen außerordentlich interessant sind. Speziell in der
vollendeten Feinheit mit der an figürlichen und sonstigen
Reliefverzierungen der Ron tour behandelt ist, wie er sich vom
Grund bald energisch abhebt, bald ganz in ihm verschwindet
und so außerordentlich zur Lebendigkeit des Ganzen bei-
trägt. Pier war Eisenhuth offenbar maßgebend für den
Barock- und Rococostyl. Aber auch die Emaillirkunst, polz-
schnitzerei und Möbelfabrikation, dann die Glasindustrie
u. A. war sehr gut vertreten, was durch die Einrichtung
ganzer Zimmer in je einer Stylperiode besonders fruchtbar
gemacht ward.

Aann man also von dieser Ausstellung sagen, daß sie

durch ihre Gediegenheit wie durch ihren unvorhergesehenen
Reichthum das günstigste Zeugniß für das Wachsen des
künstlerischen Vermögens in unserer Industrie ablegte, so zeigte
sie auch die Nothwendigkeit einer baldigen allgemeinen
deutschen Ausstellung in Berlin nach Art der Münchener
von s876 auf's evidenteste. Denn hat diese letztere schon
so außerordentlich wohlthätig auf die Ausbildung des nationalen
Stylgefühls und Farbensinnes gewirkt, wie man in Düssel-
dorf auf Schritt und Tritt Nachweisen konnte, so müßte eine
erneute große, ausschließlich nationale Ausstellung in Berlin
diesen Prozeß der Stylbildung natürlich nur befördern. Sie
würde aber auch ganz geeignet sein, jenes berechtigte Selbst-
vertrauen und die Unternehmungslust unserer Künstler und
Kunsthandwerker in hohem Maße zu wecken, welche von
Dünkel und Selbstüberschätzung so ganz verschieden sind, da
sie auf der Kenntniß der reichen Kräfte beruhen, welche die
Nation in ihrem Schooße birgt, in dein festen Vorsatz,
es denselben gleich oder zuvor zu thun und nicht auf selbst,
genügsamer provinzieller Abgeschlossenheit. Noch günstiger
müßte aber eine solche Ausstellung auf die ganze Nation
und vor Allem auf die wohlhabenden Klassen derselben
wirken, indem sie ihnen auf's unwidcrleglichste darthun
würde, daß unsere Produktion in vielen Dingen der besten
fremden vollständig gewachsen ist, sobald ihr nur die nöthigc
Förderung zu Theil wird, und so dazu beitrüge, jenes un-
glückliche Vorurtheil für alles Fremde, das in unseren
höheren Ständen noch immer so verbreitet lind das größte
pinderniß alles Fortschrittes bei uns ist, 511 zerstören.

(Schluß folgt.)

Kunstgewerbliche Rundschau.

von Leinrich Fvauberger.

II.

Ausstellungen als Konkurrenzobjekt — Epilog zur Drechslerausstellung
i» Leipzig — die Brunner Frauenarbeiten — Vorlagen über Bunt-
stickerei — Kultur nationaler kfausiiidustrie — Agramcr Streben nach
Verbesserung farbiger Fäden — Lzcchischc Exposition in Prag —
Spezialausstellung von Bucheinbände» im f. f. östcrr. Museum in Ivien
— Literatur für die Buchbinder — Buchbeschläge — Buchdecken —
Buchrücken.

Die Konkurrenz, welche sich jetzt die einzelnen Städte
mit Ausstellungen bereiten, führt zu Keberhastungen, die
den Industrien, dem Unternehmen, der Stadt nicht zum
Vortheil gereichen. Viel zu kurz ist die Zeit, die zwischen
dem Beschlüsse zur Durchführung einer Ausstellung und
dem Tage der Eröffnung einer solchen besteht, um ein
wohldurchdachtes, wohlorganisirtcs, wohlinszenirtes Unter-
nehmen zu machen; viel zu kurz, um dem Aussteller Ex-
perimente, technische Untersuchungen zu ermöglichen, um
mit Neuem, Wohldurchdachtem und Gutgenrachtem zu er-
scheinen: dann sinkt die Ausstellungshalle zur Markthalle
herab, die Magazine werden zum Zwecke der Ausfüllung

der überdeckten Flächen geräumt und an die Luft gebracht,
Nüchternheit und Langeweile ist dann die Signatur einer
solchen Exposition. Der zeremoniöse Apparat, den jede
Ausstellung mit sich führt, wie feierliche Eröffnung, Kon
greßsitzungen, Iuryarbeiten, Prcisvertheilung und feierlicher
Schluß, werden mit viel größerem Pomp inszenirt, mit
größerer Exaktheit durchgeführt, damit die Masse von dem
Fiasko keine Kenntniß erhält, das sich die Unternehmer bei
verschlossenen Thüren wohl zugestehen.

Das waren die Gedanken, die ich hatte, als mir der
erste Brief eines Fachgenossen über die Ausstellung der
Drechsler, Elfenbeinarbeiter und Bildschnitzer Deutschlands
und Oesterreich Ungarns in Leipzig zukam. Und doch hat
auch diese Fachausstellung ihren großen Effekt liitd Nutzen,
nur ersteren nicht in der künstlerisch vollendeten Waare,
letzteren nicht im Triumph über die großartigen Leistungen
in polz, porn und Bein. Die dekorirtcn Objekte waren
gewöhnliche Marktwaare oder Schaustücke von zweifelhaftem
Werthe, dagegen war diese Fachexposition großartig in der
Vorführung von Rohprodukten, war lehrreich durch die
 
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