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Dengler, Georg [Hrsg.]
Kirchenschmuck: Sammlung von Vorlagen für kirchliche Stickereien, Holz- & Metallarbeiten & Glasmalereien — N.F. 3.1881

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4. Heft (1884)
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Zur Geschichte der kirchlichen Wandmalerei in Tirol
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Praktische Notizen
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https://doi.org/10.11588/diglit.26638#0062
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Nr. 16. 1884.

Zur Geschichte der kirchlicheu Waudmalerei iu Tirol. — Praktische Notizeu.

7

Herzen im Rendenathale nicht kalt gelassen, und die Uebrigen wußten
nicht, was sie Alles aufbieten sollten, um ihren durch den Martyrer-
tod so groß gewordenen Seelenhirten zu ehren, wie es ihm gebührt.
Selbst aus Trient, erzählt die Legende, kamen Diakonen und Priester
herbei und schlossen sich den Uebrigen im Sarkathale an, um in ihren
vollen Ornaten und im langen, feierlichen Zuge, Psalmen singend,
die Leiche des großen Bischofes in die Stadt einzuführen, von wo
Groß und Klein, Arme und Reiche in Prozession entgegen kamen.
Dieses Alles verstand Egnolt verhältnißinäßig in wenigen Figuren
bestens uns vorzuführen.

Bild 6 zeigt uns die Beisetzung des Heiligen in
seinem Grabe, hinabgesenkt von seinen getreuen und trauernden
Priestern und Diakonen. Schade, daß diese zwei letzteren Bilder
theilweise zerstört sind; die hübsche Gruppirung in Verbindung mit
sehr gefälligem Kolorit blieb nur mehr an einzelnen Figuren voll-
ständig ersichtlich.

Der Bilderkreis der Südwand beginnt vorne am Triumphbogen
uud besteht aus liebvollen, selteuer vorkommenden Szenen aus dem
Leben der heiligen Jungfrau.

7. Maria am Webestuhle. Nach der Legende wurde das
zarte Kind Annens und Joachims im Tempel in allen Hausarbeiten,
ja in künstlerischen Beschäftigungen unterrichtet; dahin gehört u. A.
das Weben eines ungenähten Rockes. Der alte Maler zeigt uns hier
ein gar zartes, schlankes Mädchen, in eng anliegendem Kleide mit
einer Perlenkrone geschmückt, vor einem Webestuhle und mit Herstellung
eines grünen Stoffes beschäftigt; eine Hand breit ist davon bereits
hergestellt. Daneben steht eine stattliche Figur eines hohen Priesters,
mit Kopftuch und einer Art Kasel bekleidet; er hält ein Buch in
Händen und erscheint der kleinen Maria gegenüber aufmunternd und
belehrend. Die Szene geht in einer tempelartigen Halle vor sich, zu
der man über eine Stiege emporsteigt.

8. Erzählung des Bräutigams für die heilige Jung-
frau. Die apokryphen heiligen Schriften erzählen: Als Maria un-
gefähr fünfzehn Jahre alt und bereits ihre beiden Eltern durch den
Tod verloren hatte, so nahm es der hohe Priester auf sich, um für
sie einen Bräutigam zu suchen. Er schickte Boten aus und ließ be-
kannt machen, daß alle jene Jünglinge, die aus dem Stamme Davids
wären, sich zu diesem Zwecke melden und einen Stab einsenden

Ucver das Gonapämn.

Unter Konopäum versteht man einen seidenen, zeltartigen Behang
zur Verhüllung des Tabernakels, in welchem das heiligste Sakrament

möchten. Die Zahl elf war gleich beisammen, aber der zwölfte
Jüngling, den der hohe Priester auch noch wünschte, fehlte, denn es
hatte sich Joseph der Zimmermann aus Demuth verborgen. Darum
schickte er seinen Stab erst nach dringender Aufmunterung endlich ein.
Alle zwölf Stäbe wurden auf den Altar gelegt und darüber gebetet
von dem hohen Priester: der Herr möge ein Zeichen an jenem kund
machen, dessen Besitzer als Bräutigam für Maria bestimmt sei. Und
siehe, es fing der Stab Josephs an zu grünen und Blätter zu treiben.
Jn unserem Bilde liegen alle Stäbe noch auf dem Altare, hinter
welchem der hohe Priester in seinem vollen Ornate steht, den grünenden
Stab hat er aber bereits erhoben und übergibt ihn dem demttthigen
Joseph, welcher bereits durch den Heiligenschein gekennzeichnet ist.
Die übrigen Bewerber um die zarte Haud Mariens waren auch alle
vollzählig erschienen und umstehen den heiligen Altar in flehender,
erwartender Stellung in einem großartigen Tempel gothischen Styls
in violettem Tone, der mit zartem Maßwerk in den Fenstern pracht-
voll abschließt und den ganzen Hintergrund ausmacht.

9. Die Vermählung Mariens, eine figurenreiche, schöne
Komposition in prachtvoller Farbenharmonie. Leider ist ein Theil ab-
geschlagen, doch sieht man deutlich die aus dem vorhergehenden Bilde
bekannten elf Figuren mit ihren Stäben freudigen Angesichtes zum
Feste eilen, denn jeder hat St. Joseph für den würdigsten unter ihnen
gehalten, der Bräutigam der heiligen Jungfrau zu werden. Jhre
neugierigen Blicke sind sehr charakteristisch. Rechts unten erscheinen
auch zwei Kinder in ebenfalls freudenvoller Stimmung, man sieht es
ihnen gleich an; sie haben die Hände ihrer Mutter ergriffen und
richten ihre Augen verwundernd in die Höhe. Darüber brachte der
Künstler noch eine zweite Nebenszene an, nämlich zwei zarte Jünglinge,
welche mit einem Horne und einer Violine eifrig musiziren. — Das
folgende Bild wurde durch das spätere Ausbrechen eines Fensters
vollständig zerstört; vermuthlich stellt es die Verkündigung, oder noch
wahrscheinlicher die Geburt des Herrn vor, denn darauf folgt

10. die Aubetung durch die Könige, und unmittelbar
vorher haben die Alten meistens letztgenannte Darstellung gewählt,
wodurch eben die Erdenglorie Mariens am höchsten hervortritt, nämlich
als Mutter des Weltheilandes. Bei der Anbetung im vorliegenden
Falle thront Maria merkwürdigerweise von einer Strahlenglorie um-
geben wie in einem Garten, denn der ganze Vordergrund ist mit ver-

schiedenfarbigen Blumen reichlich besetzt. Darin kniet ein greiser König
und schwingt das Rauchfaß gegen das Jesuskind. Seine zmei Freunde
stehen tief sich verwundernd mit ihren Geschenken im Hintergrunde.

11. Jesus mit seiner ganzen Verwandtschaft in Jeru-
salem oder auf dem Wege dahin. Es treten viele Familienmit-
glieder auf, Männer und Frauen mit ihren Kindern (Knaben), wie eben
die Schrift erzählt, daß die Verwandten und Bekannten mitsammen die
Reise zmn großen Feste in Jerusalem machten. Die Knäblein werden
von ihren Eltern an der Hand geführt und jcdes hat ein Täfelchen,
worauf sein Name steht. Auf jenem vom Heilande steht geschrieben:
jesus nazarenus rex judeorum. Jn allen Figuren herrscht
viel Bemegung und Leben, Maria erscheint mit mehr Fleiß vom
Künstler ausgeführt, itin als Hauptperson zu wirken.

Die Apside war ebenfalls entsprechend dem Schiffe sehr reich
bemalt. Die Dicke des Triumphbogens schmückcn die klugen und
thörichten Jungfrauen, oben an den mit einer Hand segncnden, mit
der anderen abwehrenden Herrn sich anschließend. Es sind sehr zarte
Brustbilder in eng anliegendem Kleide, die einen voll seliger Freude,
die anderen beschämten, trauernden Angesichtes. Die Wände der
Apsis umstanden Christus und seine zwölf Boten nebst den Evangclisten
unter reichem Baldachine, nur ihre schönen Köpfe sind noch vorhanden,
und darüber bereits in das Gewölbe hineinragend erscheinen Reste
von Leidensszenen des Herrn. Der Dlitteltheil des Gewölbes ist
leider eingeschlagen worden, um für Oekonomiezwecke des Meßdieners
bequemeren Raum zu bieten. Einen solchen schmählichen Dienst muß
nun das einst hoch geachtete St. Vigiliuskirchlein leisten, wohin man
einst so feierlich mit den Kreuzen zog l

Auf der Nordseite der Absis stand von jeher ein fester Thurm,
durch die Rustika uoch heute für sein hohes Alter Zeugniß gebend
und zum Schutze des unter ihm ausmündenden unterirdischen Ganges
zur Burg dieneud; auch ihm durfte wenigstens ein kleiner Bilder-
schmuck nicht fehlen und darum stellte man den hl. Vigilius in reichem
bischöflichen Ornate dar, und vor ihm kniet ein Pilger mit dem
Rosenkranze in den Händen. Wer da vorgestellt ist, blieb uns bis
zur Stunde noch unbekannt. Was den künstlerischen Werth aller
Bilder von St. Vigilius betrifft, so ist er ein vorzüglicher an sich
und gehört zu den besten Leistungen der im fünfzehnten Jahrhunderte
in und um Bozen blühenden eigenen Malerschule.

Dnchti-rlie Iotirqn


aufbewahrt wird. Dasselbe ist somit, wie das ewige Licht, ein sicheres j vier Seiten des auf Säulen ruhenden Baldachin- oder Ciborienaltares
Kennzeichen für den Katholiken, auf welchem Altare sich das Sank- ^ verhüllten, und ist nur eine auf den Tabernakel gehörige Verkleinerung ^

tissimum befindet. Seinen Ursprung hat dieses Konopäum zweifels- dieser Behänge. Jn Deutschland und Frankreich wird das Konopäum
ohne in den Vorhängen — tetruvülu —, welche in alter Zeit die! leider fast nicht mehr angewendet, dagegen findet sich dasselbe fast
 
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