BERICHTE
Die mittelalterlichen Wandmalereien in Muggia Vecchia
Das ganze nördliche und östliche Litorale der
Adria entlang bis in die Bocche di Cattaro und noch
südlicher hat Venedig sowohl Städten und Ortschaften
als auch einzelnen Gebäuden eine offizielle veneziani-
sche Signatur in einer Uniformität gegeben, die für
den zielbewußten Apparat der venezianischen
Kolonisationsbestrebungen seit dem XIV. Jh. bezeich-
nend ist. Trotz aller Mannigfaltigkeit im Detail
haben doch die Stadtanlagen, Plätze, die Kirchen
und Paläste alle denselben Charakter, wie man es
in Italien selbst nie findet, als ob sie nach einer
Dikasterialbauordnung entworfen worden wären. Ähn-
lich mag es sich mit der römischen Reichskunst in
den barbarischen Provinzen verhalten haben. Diese
dalmatinisch-venezianische Kunst war eine, nach
Analogien und zu bestimmten administrativen Zwecken
importierte Kunst und deshalb charakterlos und steril,
so prächtig sie auch manchmal sein mag und führte
deshalb auch nicht zu einer indigenen Weiterent-
wicklung, sondern machte, nachdem ihre Quellen ver-
siegten, einer großen und andauern-
den künstlerischen Armut Platz.
Dank der losen Verbindung mit
dem älteren bodenständigen Kunst-
schaffen vermochte diese importierte
Kunst aber auch nicht so schnell
und so umfassend die älteren Kunst-
schichten zu beseitigen, wie es sonst
überall der Fall war, wo neue Kunst-
strömungen einer allgemeinen Wand-
lung im Kunstleben eines Gebietes
ihre Entstehung verdankten. Das
führte aber einerseits dazu, daß sich
in Istrien und Dalmatien zahlreicher
und unversehrter Denkmale aus
einer Zeit erhalten haben, deren
Kunstwerke in anderen Gebieten
des Abendlandes, da sich weder
eine besondere religiöse noch pa-
triotische Pietät an sie knüpfte (was
vor allem für die Denkmale der
Völkerwanderungszeit gilt), durch das intensive
Kunstleben der Folgezeit beinahe ganz beseitigt
wurden, anderseits dazu, daß auch der altertüm-
liche Stil solcher Kunstwerke an der Ostküste der
Adria ein Element des Kunstschaffens noch in einer
Zeit bildet, in der er anderswo schon längst der
Vergangenheit angehörte und vergessen gewesen ist.
Wir finden da deshalb oft, daß die Kunst, welche
die Statthalter und Kaufleute der Republik aus der
Heimat in die küstenländischen und dalmatinischen
Kolonien verpflanzten und welche zuweilen die
modernste und fortgeschrittenste gewesen ist, die
das Zeitalter geboten hat, mit stilistischen Prinzipien
und Motiven zusammentrifft, die nicht Dezennien,
sondern Jahrhunderte älter sind.
Wohl nicht in dieser zeitlichen Verknüpfung,
aber gerade deshalb besonders markant, tritt uns
diese zweifache Quelle der mittelalterlichen Kunst-
übung an der Ostküste der Adria in dem kleinen
Kirchlein von Muggia Vecchia entgegen. Der
Die mittelalterlichen Wandmalereien in Muggia Vecchia
Das ganze nördliche und östliche Litorale der
Adria entlang bis in die Bocche di Cattaro und noch
südlicher hat Venedig sowohl Städten und Ortschaften
als auch einzelnen Gebäuden eine offizielle veneziani-
sche Signatur in einer Uniformität gegeben, die für
den zielbewußten Apparat der venezianischen
Kolonisationsbestrebungen seit dem XIV. Jh. bezeich-
nend ist. Trotz aller Mannigfaltigkeit im Detail
haben doch die Stadtanlagen, Plätze, die Kirchen
und Paläste alle denselben Charakter, wie man es
in Italien selbst nie findet, als ob sie nach einer
Dikasterialbauordnung entworfen worden wären. Ähn-
lich mag es sich mit der römischen Reichskunst in
den barbarischen Provinzen verhalten haben. Diese
dalmatinisch-venezianische Kunst war eine, nach
Analogien und zu bestimmten administrativen Zwecken
importierte Kunst und deshalb charakterlos und steril,
so prächtig sie auch manchmal sein mag und führte
deshalb auch nicht zu einer indigenen Weiterent-
wicklung, sondern machte, nachdem ihre Quellen ver-
siegten, einer großen und andauern-
den künstlerischen Armut Platz.
Dank der losen Verbindung mit
dem älteren bodenständigen Kunst-
schaffen vermochte diese importierte
Kunst aber auch nicht so schnell
und so umfassend die älteren Kunst-
schichten zu beseitigen, wie es sonst
überall der Fall war, wo neue Kunst-
strömungen einer allgemeinen Wand-
lung im Kunstleben eines Gebietes
ihre Entstehung verdankten. Das
führte aber einerseits dazu, daß sich
in Istrien und Dalmatien zahlreicher
und unversehrter Denkmale aus
einer Zeit erhalten haben, deren
Kunstwerke in anderen Gebieten
des Abendlandes, da sich weder
eine besondere religiöse noch pa-
triotische Pietät an sie knüpfte (was
vor allem für die Denkmale der
Völkerwanderungszeit gilt), durch das intensive
Kunstleben der Folgezeit beinahe ganz beseitigt
wurden, anderseits dazu, daß auch der altertüm-
liche Stil solcher Kunstwerke an der Ostküste der
Adria ein Element des Kunstschaffens noch in einer
Zeit bildet, in der er anderswo schon längst der
Vergangenheit angehörte und vergessen gewesen ist.
Wir finden da deshalb oft, daß die Kunst, welche
die Statthalter und Kaufleute der Republik aus der
Heimat in die küstenländischen und dalmatinischen
Kolonien verpflanzten und welche zuweilen die
modernste und fortgeschrittenste gewesen ist, die
das Zeitalter geboten hat, mit stilistischen Prinzipien
und Motiven zusammentrifft, die nicht Dezennien,
sondern Jahrhunderte älter sind.
Wohl nicht in dieser zeitlichen Verknüpfung,
aber gerade deshalb besonders markant, tritt uns
diese zweifache Quelle der mittelalterlichen Kunst-
übung an der Ostküste der Adria in dem kleinen
Kirchlein von Muggia Vecchia entgegen. Der