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Österreich / Zentral-Kommission für Erforschung und Erhaltung der Kunst- und Historischen Denkmale [Hrsg.]
Kunstgeschichtliches Jahrbuch der K[aiserlich-]K[öniglichen] Zentral-Kommission für Erforschung und Erhaltung der Kunst- und Historischen Denkmale - Beiblatt für Denkmalpflege — 1907

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Heft II
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https://doi.org/10.11588/diglit.18481#0051
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NOTIZEN

Wie soll man Ruinen erhalten

Cornelius Gurt.itt hat gelegentlich der Dis-
kussion über die Restaurierung der Burg der Grafen
von der Mark in Altena folgende Grundsätze für die
Erhaltung der Ruinen aufgestellt:

„1. Aufräumen des Schuttes, so daß die erhaltenen
Bauteile klar erkennbar werden.

2. Aufführen von Stützen einfacher Art, wo die
Mauern umzufallen drohen. Diese Stützen sind so zu
behandeln, daß man sie ohne weiteres als moderne
Hilfskonstruktionen erkennt.

3. Wiederaufstellen herabgefallener Bauteile
dort, wo dies ohne Ergänzungen und mit unzweifel-
hafter Richtigkeit geschehen kann. Unter dieser
Richtigkeit verstehe ich das, was nicht erst auf dem
Wege archäologischer Studien als richtig erkannt zu
werden braucht, sondern was ohne Aufwand von
Wissenschaft sich von selbst ergibt.

4. Entfernen des Baum- und Strauchwuchses
so weit, daß die Ruine von nah und fern übersicht-
lich wird, unter Beibehaltung einiger schönen Baum-
gruppen, die womöglich an früher nicht bebauten
Stellen (in alten Höfen oder Gärten) stehen sollen.

5. Genaue zeichnerische Aufnahme der Ruine,
sorgfältige archäologische Rekonstruktion auf dem
Papiere und Herausgabe eines guten, billigen Buches,
das es dem Besucher ermöglicht, sich in der Phan-
tasie die Ruine so richtig wie möglich zu ergänzen.
Herstellung eines die Rekonstruktion erläuternden
Modelles und Sammlung aller solcher Gegenstände,
Akten und Abbildungen, die die Geschichte der Burg
erläutern.

6. Sollte die keineswegs zu bekämpfende Ab-
sicht bestehen, auf der Ruine Neubauten zu errichten
(Wohnungen, Aussichtstürme, Gasthäuser usw. usw.),
so sind diese „im Geiste der Alten“ zu schaffen.
Das heißt nicht in der den „Alten“ ganz fern liegen-
den Absicht, daß das Neue für ein früher Geschaffenes,
für ein Älteres, „Idealeres“ oder dergleichen gehalten
werden soll, als es tatsächlich ist. Der „Geist der
Alten“ beruht nicht in romanischer oder gotischer
Form, sondern in schlichter Wahrheitsliebe. Mittel-

alterlicher Arbeit sieht man ohne weiteres Zweck
und Zeit an. So soll auch das Neue so geschaffen
werden, daß man ohne weiteres erkennt: Dieser Teil
gehört nicht der alten Burg an, sondern erst nach
Zweck und Form ein Einbau des XX. Jhs. Daß die
Gruppe trotz stilistischer und zwecklicher Ver-
schiedenheit ein künstlerisches Ganze bilde, dafür
hat der Baukünstler zu sorgen, der keineswegs archäo-
logische Kenntnisse dazu braucht, die Gruppe her-
zustellen. Diese werden ihm viel eher ein Hindernis
in der Erfüllung der künstlerischen Aufgabe sein.
Denn auch die alten Burgherren bauten, ohne sich
auf dem Wege der Archäologen über das zu unter-
richten, was ihre Vorgänger in diesem oder jenem
Falle geschaffen hatten, sie schafften dem jeweiligen
Zwecke gemäß, also rein künstlerisch! Aufgabe des
historisch geschulten Architekten wird dabei sein,
daß er mit Ehrfurcht alles vermeidet, was zur Zer-
störung der durch ihr Alter geherbergten Überreste
der Vergangenheit führt, ln der Schonung auch des
unbedeutendsten alten Steines kann nie zu weit ge-
gangen werden! Denn das Alte ist das Unersetz-
liche, das Wertvolle. Das Neue hat sich in diesem
Falle überall achtungsvoll unterzuordnen.“ Die gol-
denen Worte des letzten Absatzes gelten gewiß nicht
nur für die Behandlung der Ruinen, sondern mutatis
mutandis aller alten Baudenkmäler. Wie viel wäre
uns erhalten geblieben, wenn man auch nur eine
Generation früher nach solchen Grundsätzen vor-
gegangen wäre!

Proberestaurierung der Apsisgemälde
des Domes von Aquileja

Die Gemälde, welche die Apsis des Domes von
Aquileja schmücken und zu den wichtigsten Denk-
malen der mittelalterlichen Kunst in Österreich ge-
hören, sind in Gefahr ganz zugrunde zu gehen. Sie
sind in der Barokkzeit mit Stukkaturen überzogen
worden, wobei in die Malschichte in regelmäßigen
Abständen Löcher geschlagen wurden. Die Ränder
dieser Einpickungen zerfallen und bröckeln ab und
 
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