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182

Feuilleton.

Der Protest.

„Nein, nein! Ich kann's nicht ruhig tragen!
Und wenn siws auch nicht ändern läßt,
So will ich's doch Europa klagen.
Europa, höre den Protest!
Ich war ein Fürst, wie es nur wcn'ge
Gegeben hat und geben wird,
Ein rechtes Vorbild guter Kön'ge,
Wachsamen Aug'S ein Völkerhirt.
Verjagt aus meines Reichs Bezirken.
Hat mich Gewalt mit Spott und Hohn;
Hört es. Franzosen, Russen. Türken,
Und helft mir wieder auf den Thron!
£> Frechheit, mich zu exmittiren!
O schnöder Undank und Verrath!
Europa, hör' mich protestiren!
Europa, hör', was man mir ihat!" —
Europa hört'S mit halbem Lachen;
Bedauernd spricht sie dann zuletzt:
„Mein Sohn, hier laßt sich nichts mehr machen;
Du siehst, dein Platz ist schon besetzt.
Ick batte wabrlich nicht geringe
Geduld mit dir, doch — grad' heraus:
Vis an das Ende aller Dinge
Halt'S Der und Jener bei dir aus!
Hör' aus zu schelten und zu lästern.
ES bleibt doch nun einmal dabei;
Doch sprich mit einer meiner Schwestern,
Die haben öfter Stellen siei.
Amerika will ja so eben
Den Max entlasten; wie ich hör',
Will man dir gern daö Stellchen geben —
Jetzt geh', und quäle mich nicht mehr.
Ich ehre dich als Christ und Welfen;
Doch, unter unS gesagt, mein Sohn,
Was kann das Protestiren helfen?
Horch! LouiS ruft!" — Fort war sie schon.
Kladderadatsch.

Dessentticher Dank.
Der Gras Bernstorfs auf Gartow (in Hannover) zeigt an, daß
»unter den tief eingreifenden Veränderungen, die unser Vaterland betroffen
haben, daS Comitö für die WaleSroder Parforce-Jagden zu dem Ent-
schluß gebracht sei, in diesem Jahre keine Jagden reiten zu lasten."
Die Unterzeichneten können nicht umbin, für die ihnen in diesem Jahre
zugesicherte Schonung dem Grafen von BiSmarck, als dem geehrten Ur-
heber der »lief eingreifenden Veränderungen", ihren tiefst gefühlten Dank hier-
mit ergebenst auszudrücken.
Tie vereinigten Eber, Keiler und sonstigen
Standesgenostcn im seligen Welscnreich.

Bescheidene Anfrage.
Werden in Preußen die Parsorce-Jagden auf Walesrode und
Consorten auch bloß für dieses Jahr eingestellt?
Einige Gehetzte.

, Lieber Österreichischer Corpora! als Preußischer Feld«
marsch all!" — soll der Kronprinz von Sachsen trinksprüchlich geäußert, und
dadurch vcrrathen haben, daß er weder ein noch das Regiment zu führen
jemals verstehen dürfte.

lleßer den Amgang mit Sachsen.
Offenes Sendschreiben des Bürgers und Zimmervermiethers Traugott
Kunzemüller in Dresden
an den Verein gegen Thiergnälerei in Berlin.
Hochwohlleebliche Dhierchenquälereigesellschaft!
Weeß Kott. sähen Se, hären Se. es iS nu reene schon zum Verzappeln,
wie mit unS hier umgegangen wird! „Der Kerechte erbarmt sich seines
Fiehs. aber das Herz des Kottloscn ist unparmherz'g!" sagte der
alte Jude Salomo, welcher allerdings ooch König war. aber doch wenigstens
in Jeruhsalcm blieb und nicht daö Keld von seinen j irden Unterthanen in
Wiener Hotels verkreeschte. Nu werden Sie sagen: „Ja, ihr vertammten Säch-
ser. warum laßt ihr euch das gefallen? So werdet doch Braißen!" Ei ja,
mai kutes Dhierchenquälereivereinchen, daS wollen wir ja gern; aber wer steht
unS denn davor, daß morgen Biömarck'n ein Pein gestellt wird, und er kriegt
daS Sterzen, und wir muffen wieder Säch'sch werden. Ei Kott Strambach!
da könnten wir Sie. die wir unS zuerst vor Braißen erklärt hätten, dann lange
in Wald hei m Wolle spinnen! Ja. mei kudes Dhierchenquälereigesell-
schaftchcn! Das ist Alles leicht kesagt, wenn man in Perlin sitzt, in der Via
Driumphalisch. und links und rechts die eroberten Glvstierspritzchen zu
stehen hat! Ei ja! da läßt es sich scheene daS Her; erleichtern und Alles
dheoredisch entwickeln; aber in der Dräsner Wirklichgeit, da sieht es Sie sehr
verstopft aus! Ich wünschte bloß, daß die Herren Zeitungsschreiber, die immer
so über unfern Braißenhaß rehsoniren. 'mal so lange nischt weiter wie Kardoffeln
in der Schahle und Pliemchencaffee mit den lieben Jbrigcn genösten, wie ich mit den
wertb-n Meinig*n seit Mai die Ehre habe wo mir Alles leer steht, wenn nicht Ein-
quardicrung und der Winter vor eie Dyure uno leine Aussicht aus Verdienst durch
Fremdenverkehr und reene fertig! Ei da singe du und der Deibel: „ H e i l d i r i m
Siegergranz!" oder: „Ich bin ein Braiße. kennt ibr meine Farben?"
DaS geht ja noch über Rawalljacken, dem Attentäter von dem Französischen
Hangrie Kater, wo sich die Schlächterzunft in Baris damals erboten hatte, ihm
die Haut so vom Leibe zu schinden, daß er noch vierzehn Tage aus dem Gal-
gen leben sollte? Denn uns wird ja nu schon fünf Monate lang das Fell
über die Ohren gezogen, und wir müsten ooch noch leben! Darum, mei kudes
Dhierck'enquälereigescttschaftchen? Dhun Sie wenigstens was for uns, und dhei-
len Sie uns kütigst aufrichtig mit, ob denn der von unserm edlen Kron-
brinzen bei Gebnichkrätz gefangen genommene Braißische Brinz
Friedrich Garl eö wirklich noch lange aushalten kann in Eisen bei fünfmal
wöchentlich fasten aus dem Spielberge, wodurch kein Friede zu Stande
kommen kann; oder erst zum Friehjahr. wo Johann mit Louis
kommt, weil «JE jetzt IHM nicht sortläßt, biü die Steinchen
alle 'raus sind? Damit wir endlich aus dem fürchterlichen Schwebezustand
kommen, worin wir nicht leben und nicht sterben können, womit ich bin
Einem verehrten Dhierchenquälverein
erkebenster
Traugott Kunzemüller.

Auch euu 8chmör jensfdjreu.
Eu weub! Wü heußt?
Dör großer Beust
Münüster von Oesterreuch?
Wür würden jötzt
An dör Lust gesötzt!
Aber — doch nücht gleuch?
Z w i ck a u e r.

Lonsessiouette wissen.

Die Blätter bringen aus Rom neuerdings wieder die Nachricht, daß Herr
von Merode von der Einführung des ZündnadelgewehrS deßhalb Abstand
genommen, weil diest Mordwaffe bisber in keiner rechtgläubigen Armee
eingetnbrt sei.
Da nun nickst bestritten werden kann, daß unter Mitwirkung des besagten
Instruments die Herstellung geregelter friedlicher Verhältnisse verbältnißmäßig
rasch angebahnt worden ist. so dürfte man sich der Hoffnung hingeben können,
daß schließlich auch daö Papsttbum — daran glauben muß.
 
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