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214

Eine Epistel des Kladderadatsch au die
Dramatiker und Lyrnvalbiker. die Satiriker. Lnriker und Empiriker, die Humoristen und Parodisten, an teS Vlctsinn- wilde Strategikcr und der milde Elegiker, die Sanier tei
Epc». an Schn und Nerck. an alle Zukunfrs. Musitanten, an alle Let iciber vcn Zolianren. an dre Veltgericht-- Richter und Trabanten, an die Weltgeschichrs. Dichter und Zabrikanten. die
einstmal- werten auf Erden wohnen; mit einem Wort an dre —
Epigonen.

2br Glücklichen, vor deren klaren Blicken
Das Bild der Gegenwart sich einst enrrcQr,
Die ihr einst aus der Dichtung Ouell erauickcn
Und Leidenschaften drastisch schüren sollt.
Wie glücklich seid ibr. Shakespeare- künft'ger Zcitcn?
Welch reicher Stofs erblühet dem Gedicht'
Verbannte Kön'ge — Lears, auf allen Seiten!
Und auch die lust'gen Hosnarr'n fehlen nicht.

Gin Richard dort — do'.t Vetteln und Mailrcssen.
Dort schwarze Kutten, schmiedend finstern Plan.
Verstoßen dort — o Gab lenz? — und vergessen
Ter Mohr, der 'eine Schuldigkeit gethan?
Und dort — o seht — die KrüppebReichsparade,
Wie sie Prinz Heinz kaum majestät'scher sah.
Und auch ein — Falstaff aus der Retirade.
Gin Alexander des Humors, ist da?

Wir nähren uns von Märchen noch und Sage
Und tasten nach Geschicktchen fern und nab;
Ihr lei't nur die Geschickte unsrer Tage,
Und vor euch steht leibhaft Ophelia!
Puebla-Rosen als verwelkte Krone
Im wirren Haar, sucht sie ein Wellcngrab.
„Geh in ein Kloster!" Vom Aztekenthrone
Stieg eben jetzt dein Unglückoprin; lnrab!
Was ist der wilde Kampf der beiden Rosen?
Gin winzig Schauspiel nur an winz'gem Hof.
Der Kamps der grauen mit den rothen Hosen,
Das wird ein großer, welthistor'scher Stoff!
Der Sommernachtstraum mit den luft'gen Elsen,
Wie ist er gegen Jürgens Traum io blaß!
Was ist der Haß von Ghibellin' und Welfen
Wohl gegen unsrer Tage Welfenhaß?

Greift zu! Ihr dürft mit vollen Händen schöpfen;
Euch ist der Born deS Lebens nicht verwehrt.
Schreibt zu! Es bängt einst über euren Köpfen
Kein Preßgesetz und kein Damoklesschwert.
UnS sieht deS Staates Anwalt auf die Finger.
Wenn — Dies und Jenes unser Witz nichd scheut;
Ibr kennt Lectoren nicht und keine Zwinger,
Ihr dürft einst schreiben, wie's das Herz gebeut.
Ihr dürft al Fresco zeichnen die Gestalten, tz
Die Despotie in ganzer Niedertracht;
Vor euch zurückgeschlagen sind die Falten
DeS Kaisermantels wie der Römermacht.
Ibr wißt, ob ehrlich war der Fürsten Wollen.
Ob edel unsrer Helden Leidenschaft;
Wir sehn das Rad der Weltgeschichte rollen.
Es zu ersassen fehlt unS noch die Kraft.

In hochrcmant'scker Pracht steht einst vor eurer
Entzückten Phantasie ein Ritterschwarm.
Ein ganzes Heer wahnwitz'ger Abenteurer,
Den Ebrenschild Gaöta's hoch im Arm.
Hier stücht'ge Fürsten, Kanzler und Gcnosien.
Und dort die Wahrheit als zerlumpter Starr,
Und mit dem Schwert, zum Todeskampf entschlossen.
Im Hoblwez dort rin zweiter Belisar.

UnS ist nock Räthsek, was euch klar verständlich,
UnS blendet, was vor eurem Aug' erbleicht;
Was uns unsterblich dünkte und unendlich,
Erscheint als Zwergenschöpfung euch vielleicht.
Gar Mancher, den beut unser Blick bewundert,
Ten wir verewigen in Erz und Stein.
Ihr seht ihn an: Welch lächerlich Jahrhundert!
Wie groß das Monument — der Mann wie klein!
Kladderadatsch.


Nachtrag zu einem Lenedek'schen flrmee6efc(jf.

1. Kragen von wasserdichtem oder sonstigem Stoff dürfen in der Schlacht
entweder gar nicht getragen werden oder müssen derartig construirt sein, daß
da- Umdrehen derselben dem Feinte unmöglich ist.
2. Um zu verhindern, daß der Feind sie vors Messer kriegt, dürsen die
k. k. Truppen von jetzt ab nur vollständig glatt rasirt eine Scklacht an-
nehmen.
3. DaS Lockern der Halsbinde ist inskünftig auch vor dem Feinde
unter keiner Bedingung gestattet. Wie tie^ Erfahrung lehrt, ist eS lediglich der
leichtfertigen Lockerung der Halsbinde zuzuschreiben, daß k. k. Officiere in der
Feldschlacht dem Feinde gegenüber den Kopf verloren haben.

Der s>anuouer'sch!eu Nitterschasl.
Ibr ignorirt den Thalbestand?
Fahrt rubig fort zu cpponiren? —
Wer so sich zeigt alS Ignorant.
Den kann mau füglich ignoriren.

& n f r a g e.
3ft eS wirklich wahr, daß in Schwaben die Episteln Pauli'verboten wer-
de» sellm? Ein Tbeel-ge.

Es ist nicht wahr, daß Preußen, um sich an Oesterreich für die
Berufung teS Herrn von Beuft zu rächen, den Feldzeugmeister Benedek
als Kriegsministcr und den Grafen (5!am-Gallas als Oberbibliothckar an
der Königlichen Bibliothek (>'ulrimentum Spiritus) nach Berlin zu berufen
beabsichtige.

TaS Spanische Cabinet hat an den heiligen Vater die Einladung
ergeben lassen, nach der Räumung Roms durch die Franzosen seinen Wohnsitz
in Spanien zu nehmen. Ter heilige Vater, ein seiner Kenner der Spanischen
Zustände, soll darauf bei der Spanischen Regierung angeftagt haben, ob er
seinen Stuhl in das Cabinet selbst oder nicht lieber gleich vor die Tbür
desselben setzen solle, um zu der betreffenden Zeit mit der Spanischen Re-
gierung zusammen zu sein.

Sächsische Schnadahüpfl.
Und a Bissele Lieb' und a Bissele Treu'
Und a Bissele Falschheit ist allweil' dabei.

<fln der Rörse.
^ weier. Lagen Sie 'mal, warum sind die O c st e r r e i ch i s ch e n
Staatsnoten mit Rückdruck verleben worden?
Bemeier. Das ist doch sehr einfach: damit man nicht darauf
rechnen soll.
 
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