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äus dem Tagebuch einer liöiieren Tochter.

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Der Frühling soll da sein. Meine Freundin. Adelgunde v. Z.. will .
ihn im Grunewald gesehen haben, wohin ne gegangen war, um Veilchen zu
pflücken. Es wird aber wohl ein Strolch gewesen sein. Sie kam ohne
Veilchen, aber mit einer blauen Nase zurück.

Cb wir wohl eine Sommerreije in diesem Jahr machen werden? Papa
l,al sich an den WelsensondS deswegen gewandt. Hossentlich wird sein Gesuch
bewilligt. Unterdessen schtvankcn tvir schon zwischen Heringsdors nnd den
Alpen hin und her.

* ... *

Gestern feierte Cntcl .Hermann seinen Geburtstag. Seil einiger Zeit
l,nt er sich aus das Prähistorische geworfen und geht ganz in Scherben und
Knochen aus. Seine Kinder hatten znsammengelegl und schenkten ihm ein
altes Gerippe, das er sich schon lange gewünscht hatte. An einem Knochen des
Skeletts war ein Zelte! befestigt, ans dem die Worte standen: „Aus Liebe."

*

*

An Vergnügungen ward uns wenig gereicht in der letzten Zeit. Wir
wollten gern die Azteken sehen, aber Papa sagte: „Was ivollk ihr daran
sehen? Es sind ja doch leine echten, sondern nur Mikrocephaleu aus dem
Pvjen'schen. Virchow sagt es" — Dann wollten wir den zweiköpfigen
Knaben anjehen. aber Papa war dagegen. „Wenn ihr beide," sagte er.
„Jenny und du. auch zujammengewachsen wäret, dann könnte man darüber
reden. Für eine allein aber ist er keine Partie." — Wir hätten für unser
Leben gern die Dame mit dem Bart gesehen, Papa sagte: „Seht euch Tante
Vien che n an. die hat ein ganz nettes Bärtchen ans der Oberlippe nnd nimmt
tein Entree." — Wir wollten in die Hyacinthenausstellnug. da sagte Papa vor>

f wurfsvoll, indem er auf unser» alten Gummibaum hinwies: „Habt ihr nicht
zu Hause genug Blumen?" Da sagten wir nichts mehr.

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Man sagt: Wenn die Osterversetzung schlecht ausjällt, gibt es einen
nassen Sommer. Diesmal ist sie, wenigstens so weil sie unsere Familie
angeht, recht schlecht ausgefallen. Trübe Aussichten also!

*

Fr in. der in Untertertia sitzen geblieben ist. will sich jetzt der Dichtkunst
widmen. Er arbeitet zur Zeit an einem Drama, ivelches den Titel hat
„Unangenehme Menschen". „Dieser Titel allein schon." jagt Papa,
„verbürgt einen glänzenden Ersolg." Demnach scheint ihm der Lorbeer sicher
zu sein.

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Bei „Lorbeer" fällt mir das Schwein ein. Die Zeitungen sind jetzt wieder
unerträglich. In allen spielt das Schwein die Hauptrolle, aus jeder Spalte
steckt es seinen Rüssel heraus. Dreht sich denn wirklich das ganze Rational
wohl um Eisbein und Speck? Wir hatten am legten Donnerstag einen
jungen Lyriker zu Tisch. Seinem Einhaueu nach zu uriheilen ist das
Schwein auch schon in die Poesie eingedruilgen.

*

Der Frühling ist wirklich da.' Die Mädchen ziehen, die Schwalben
kommen, die Motte slattert, der Schnee füllt, der Eiszapfen bildet sich, der
erste April, der schreckliche Miethszahlungstag. steht vor der Thür. Papa
ivill sich deswegen an den Welsensvnds ivenden. Hossentlich wird uns die
fällige Miethsrate aus demselben bewilligt.

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6^lter0etrachtung.

Deulsther Biil'sal; non Rtärchen Rkütter.

Schon der oberflächliche Blick, der noch nicht geschärft ist durch die ver-
schiedenen Festbetrachtungen, die zu den regelmäßig iviederkehrendeu Ausgaben
der höheren Schule gehören, bleibt an dem Worte „Ostern" haften, weil es
nngeivöhnlich nnd fast fremdländisch klingt. Es stammt nichtsdestoweniger von
der altdeutschen Göttin des Frühlings „Ostara" ab, die man sich aber, wie
heule die Jahreszeiten liegen, nicht anders als im Pelzmantel und blau
gesroren deuten kann. In der deutschen Vorzeit, als die Kalender noch nicht
erfunden waren nnd keiner sich um das Thermometer kümmerte, das noch
im Schoß der Zeilen ruhte, mag der Frühling wirklich ein grüner Junge
gewesen sein, der sich aber im Lauf der Jahrhunderte verfchlechtert hat und
jetzt wie ein Schneemann anssiehl. Ueberhanpt ivaren unsere Voreltern
stark im Erfinden von sinnreichen mythologischen Bildungen, mit denen sie
anspruchslos die Nachwelt versorgten, nicht eliva aus Eitelkeit, denn selbst
die erste Auflage -von Beckers Weltgeschichte, wo man alles Nachlesen
kann, war damals noch nicht erschienen. Woher es kommt, daß wir trotz
unserer Bildung in diesem Punkte schwächer sind, weiß ich nicht. Onkel F-rin
meint, die allen Deutschen hätten dazu die Zeit gehabt, weil sie noch nicht
für die Stenern anskommeu mußten, und auch die Politik noch nicht erfunden
war. die jetzt soviel Zeit wegnimml.

In jenen allen Zeiten, welche die „Ostara" verehrten, hielt das junge
Volk am Fest tage der Göttin Umzüge in Wald und Feld nnd bekränzte sich
mit den ersten Blumen der nenerivachten Flur. Diese Gebräuche sind längst
abgckommen, nur bei nuferen Dienstmädchen haben sich die Ostara Umzüge
"halten und sind eine stehende Einrichtung geworden, ivodurch, wie in diesem
Jahre, die Festtage angenehm belebt iverden. Die Dienstmädchen stecken
eben, wie Mama sagt, noch in der altdeutschen Bärenhaut und fallen noch
heute aus den hinterpommerschen und anderen Urwäldern in die modernen
Hauseinrichtungen hinein, iveshalb sie ckuch den Staubwedel wie eine Keule
gebrauchen und immer auf dem KriegSpsade sind. Und die letzten sind alle-
mal die schlimmsten, setzte Mama hinzu, was mit meinen Beobachtungen
übereinstimml.

Von anderen Ostergebräuchen ist der Osterhase der beliebteste. Er ist
A'ar nicht ganz, was sein Name besagt, ebensowenig wie d?r Polnische nnd
böhmische Haje, für die Bruder Richard sein Leben läßt, denn er legt trotz
'"nes angenommenen Säugethiercharakters Eier, die sich mit der fortschreitenden
Kultur immer mehr verbessert haben, so daß sie heute in den anständigen
Familien zum mindesten mit Bonbons und Pralines gefüllt sind.

Könnte ich mit einem freundlicheren Bilde meine Osterbetrachtung schließen
ols mit diesem anmuthigen Eierleger, der uns so recht die süße Lieblichkeit

schönen Festes versinnbildlicht? Schade, daß er sich nicht ganz und gar
>'u das Haus gewöhnen läßt, und sein Unterhalt etwas kostjpielig ist!

Der militärische tz-eist im Schulwesen.

(ckrühjahrsbeüchtiguug öe.s Lehrer - Corps einer höheren Unkerrichlsnnllall

durch den sf)errn Rliniller.)



Die Lehrer sind seit 6 Uhr Morgens in Linie zu zivei Gliedern, nach
der militärischen Charge geordnet, im Schulhofe ausgestellt. Ter Premier
Lieutenant der Reserve. Oberlehrer Dr. Slram m. macht dem um 7 Uhr
erscheincndeu Director, Hauptmann der Landlvehr Sch urig l er. die Vorschrift
mäßige Meldung und fügt hinzu: „Der Hilfslehrer Krummbeck, der bei der
vorjährigen Besichtigung die Richtung verdorben hat, hat sich revierkrank ge
meldet". „Das haben Sie gut gemacht" sagt mit listigem Augenzwinkern
halblaut der Director und gehl die Linie entlang: „Richtung und Vorder ,
mann sind gut: ziehen Sie ihren dicken Bauch etwas ein. Oberlehrer Pichlerr
er ragt um einen halben Mann über die Richtungsliuie hinaus. Jetzt, lieber
Sk ramm, lassen Sie die Unlerosfiziere vortreten: der Professor Schnüsflug
mag als dienstlhuender Gefreiter mit austreteu." - Mit der Besichtigm.-n
des Anzuges ist der Herr Director weniger zufrieden: er sagt für morg
einen Frack- und Stiesel-Appel an.

Um 10 Uhr erscheint Excellenz. Nachdem ihm gemeldet und durch Pi-,d
senliren der Rohrstöcke Honneur erwiesen ist, befragt er die einzelnen eiugeh^r
über Charge Truppentheil und Dienstzeit, auch über ihr Civil-Fach im Leljei
plan. Vor dem alten Professor Schwind Hag eu bleibt er stehen: „Dief!ü-
Manu sieht sehr schwächlich, krumm und knickcbeinig aus!" — „Er hat d'
„Uebnngen in der griechischen Syntax" geschrieben", erklärt der Directo
ängstlich, „und unterrichtet in den oberen Klassen." — „Bon den oberen
Klassen halte ich überhaupt nichts", bemerkt Excellenz. „Seine Hebungen
soll er in Zukunft am Querbaum und Schnursprunggeslell machen." — Die
muskelkrästige Gestalt des Turnlehrers Bullenhagen entlockt dem Minister
einige anerkennende Worte: „Der Mann könnte mit noch einem Ochsen einen
Heuwagcu ziehen." meint er. Leider wird ihm die gute Stimmung wieder
durch den Schulamtskandidaten Spärlich verdorben, welcher nach Excellenzens
Ansicht dastehl, „als ob ihm ein Krokodil in die Halsbinde kröche." — „Ei
macht erst sein Probejahr ab." entschuldigt der Director. ..Er wird zwei
Probejahre dienen" bestimmt Excellenz. Schließlich sällt die Besichtigung doch
noch zu seiner Zufriedenheit aus (den Dr K lapperstück (Ersatz-Reserve II).
welcher in das zweite Glied an den linken Flügel gestellt war. hat er zum
Glück übersehen, und er gibt seine Kritik dahin ab: „Im Ganzen herrscht
cm guter militärischer Geist iu der Lehrertruppe: erhalten Sie denselben. Herr
Hauptmann, und drücken Sie den Leuten meine Zufriedenheit aus. Wegen
Abschaffung der überflüssigen Unterrichts-Gegenstände wird das Nötlüge be
fohlen werden. Bitte, mir jetzt das Corps im Parademarsch vorznsührcn!"—

berechtigte Krage.

„Ist der holde Lenz erschienen?'

Ende März bei etivas unter Null.
 
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