SS8E De
12(1
s Kehklmraths <£ntriiffung- ssssvj
(Sin Kommerfr ifd)oii ^dnIV.
- --5
i, der schönen Sommerfrische
6 Slit der thenern Gattin Seile
Sitzt beim Frühstück der Gchcimrath.
Vor ihm steh! die leckre Mettwurst,
Steht die Flunder, steht der Spickaal,
Vor ihm in dem Glase funkelt
Portwein, den er ausnahmsweise
lind in kleinen Quantitäten
Stach dem Bade schlürft. In Händen
Hält er das gewohnte Lcibblatt,
Liest darin von Bismarcks Reise,
Von den Steden, die der frührc
Kanzler, hielt im Inst'gen Jena
Vor Gelehrten und Studenten,
Vor dem Volk, das scharenweise
'War hcrbcigeslrömt, zu sehn ihn
lind zu hören.
Slnfangs lächelt
Der Geheimrath still-zufrieden,
Doch allmählich wird er ernster.
Trüber wird sein Slntlitz, tmster
Endlich wie die Stacht. Zusammen
Knautscht er das gewohnte Lcibblatt,
Schleudert cs in eine Ecke,
Und ingrimmig spricht er dieses:
„O was gibt cs doch für Menschen!
Seltner in der Menschen Herzen
Ist die Dankbarkeit zu finden
Silo die blüh'nde Aloe,
Slls der weistbeschwingte Stabe,
Als der Onyx, als die Perle,
Die vollkommen ohne Fehl.
Dieser Bismarck, der allein doch
oft durch uns cmporgchobcu,
Wagt cs kühnlich uns zu lästern,
Slnzutasten unsre Würde,
Zn bezweifeln unfern Werth,
Während cs notorisch fcststcht,
Slctenmäsiig ist erwiesen,
Daß durch die Geheimen Stäthe
Wird gemacht die Weltgeschichte
Und durch keinen andern sonst.
Waren wir nicht dagcwcscn.
War' er heute noch Dcichhauptmanii,
Schwach besoldet, unoerühmt.
Stur bekannt im nachiten Umkreis.
O, ich fürchte, dieser Slcrgcr
Wird mir ganz die Kur verderben,
Und so sehr bedars ich doch
Der Erholung und Erfrischung,
Der ich zu des Landes. Stutzen
Mich In hartem Dienst verzehre
lind erst einmal decörirt bin."
'Also spricht er und erhebt sich.
Unberührt bleibt aus dem Teller
Bor ihm stehn die leckre Mettwurst,
Unberührt die braune Flunder,
Unberührt sogar der Spickaal.
Doch den Portwein, der im Glase
Funkelt, stürzt mit einem Mal er -
Stmimcrmchr kann's ihn» bekommen -
In des Zornes Hast hinnntcr,
Und zur theuern Gattin spricht er:
„Kannst du, Martha, noch erinnern
Dich des Tags, als ich in Misdroy -
Oder war'S in Karlsbad? — sagte,
Daß auf Otto kein Verlast sei?
Dir vertraut' ich's, was im Geiste
Slhnungsvoll ich längst voraussah.
Slbcr du, du wicderstrittcst,
Wurdest eifrig und empsindlich,
Wie cs so der Weiber Slrt ist.
Sieh, jetzt haben den Salat wir!
Undank ist der Lohn der Welt."
Akcinc Aerlincr Nachrichten.
Ein Börscnfürst, der drei Sonntage hinter einander von Halenscc nach
Charlottenburg gefahren war, ohne eine Entgleisung zu erleben, beabsichtigte
zur Eriiineriing an diese denkwürdige Thatsache am Slandc des Grlincwalds
eine Dankcs-Synagoge zu erbauen.
Slach reiflicher Ucberlcgung hat er diesen Plan aufgcgcben und will
nun die ausgesctzte Summe zur Unterstützung derjenigen verwenden, die bei
dcni nächsten Eisciibahnunglück an jener Stelle zu Schaden kommen.
Ein alter Wucherer ist in sich gegangen und hat sich entschlossen, seinen
Opfern die ungerecht erworbenen Gelder, über die er genau Buch geführt
hat, mit 5% Zinse» zuriickzncrstatttcn.
Auf Veranlassung des Hausarztes ist der Kranke sogleich in eine
Irrenanstalt gebracht worden, uni dort beobachtet zu ivcrdcn. Die Familie
hat bei Gericht den Antrag ans schleunig« Entmündigung gestellt.
Der geachtete Hausbesitzer Schultzc Vcgab sich vor acht Tagen in den
Grunewald, um den bekannten Süesenwcls zu fangen, der sich im Schlachtcnscc
anfhält. Er ist seitdem nicht znrückgekchrt, und auch ani Sec weist man
nichts von ihm.
Btan befürchtet, das; der Fisch die Oberhand erhalten und den passionirten
Slnglcr in die Tiefe gezogen hat. Behauptet wird freilich auch, dast
Schnitze vorgestern in verschiedenen Localen von Berlin NO gesehen
worden sei.
Der.schon in hohen Semestern stehende stuck, insä. Biermann wachte
jüngst mit einem geivaltigcn Kater auf, dessen Entstehung ihm völlig un-
begreiflich war, da er nur sein gewöhnliches Quantum getrunken hatte.
Stach langem Grübeln wurde ihm endlich die Ursache klar: er hatte noch spät
im „Centralblatt für Bakteriologie" den Slnssatz des Prof. vr. Löffler über
die Vernichtung der Hans- und Feldmänsc gelesen.
Biermann hat bcschlosscn, sich nie mehr am Slbend mit der Mäuse-
fragc zu beschäftigen.
Der bekannte Sicntier Lehmann hat einen fürchterlichen Eid ge-
schworen, dast er keinen Slbend vor drei Uhr heimkommen ivill, bis eine
Slnssöhniing zwischen dem alten und dem neuen Kanzler erfolgt. Die
Familie ist in Verzweiflung.
Vielleicht trägt die Rücksicht auf die unschuldigen Slngchörigeii des
patriotischen Mannes dazu bei, dem unerfreulichen Streit zwischen den beiden
hohen Herren rascher ein Ende zu machen.
Es hat sich eine freiwillige Comniission von Hochconscrvativen und
Ccntrumslcutcn gebildet, um ein klerikal-confervaUves LLO-Bnch abzufaflen,
und schon mehrere Slbcnde in einem Hotel Unter den Linden bei einer guten
Bolvlc eifrig gearbeitet.
Ter Slusgang der Bcrathungcn, bei denen das Centrum eine entschiedene
Uebcrlcgcnheit zeigen soll, ist noch nicht abzusehen.
ZUM Aride der Aismarckfahrt.
Stun ist mit Lorbeer» reich beschwert
Der Slltrcichskanzlcr hcimgekehrt.
Bei seinen achtuiidsiebzig'Jahren,
Tic zum Theil keine leichten waren,
War keine Kleinigkeit die Fahrt.
Er hat sich doch noch viel bewahrt
Bon Jugcndgluth und Jugcnbkraft,
Ec ist noch gar nicht so greisenhaft.
S!un mag er — freundlich fei's ihm empfohlen —
Zu Hause sich in Ruh erholen
Von all den Festen und den Feiern,'
Manche Erinnerung dabei erneuern,
Ein ivenig auch sich daran erlaben,
Dast andere sich geärgert haben
Ucber die Kränze, die man ihni ivand,
lieber die Liebe, die er fand.
Mögen sic niäkcln auch und schimpfen,
Die Stirne runzeln, die Stasen rümpfen,
Ihre Pcrrückcn sich zerraufen,
Die Wände in die Höhe laufen
Sleidgelben, wüthendcn Gesichts:
Geändert wird daran doch nichts.
Daß immer noch wie in alten Tagen *
Für ihn die deutschen Herzen schlagen.
In Kairo ist, wie die Zcitnngen niclden, ein Theil des Gebäudes der
Ocffentlichen Schuld cnigestürzt.
Im Interesse der ägyptischen Regierung hoffen wir, daß bei dieser Ge-
legenheit das Schuldbuch vernichtet worden ist.
Wie man hört, ioird der Fürstbischof Dr. Ko pp demnächst mit dem
Verlangen hervortrctcn, daß die Verhandlungen des deutschen SIcichslages
ivic des prcnstischcn Slbgcordnctciihauscs in polnischer Sprache geführt werden.
Er hoyt »nt Entqcqenloinmcn von Seiten der Sicgierungcn wie der meisten
SSlitglicdcr der parlamentarischen Körperschaften.
12(1
s Kehklmraths <£ntriiffung- ssssvj
(Sin Kommerfr ifd)oii ^dnIV.
- --5
i, der schönen Sommerfrische
6 Slit der thenern Gattin Seile
Sitzt beim Frühstück der Gchcimrath.
Vor ihm steh! die leckre Mettwurst,
Steht die Flunder, steht der Spickaal,
Vor ihm in dem Glase funkelt
Portwein, den er ausnahmsweise
lind in kleinen Quantitäten
Stach dem Bade schlürft. In Händen
Hält er das gewohnte Lcibblatt,
Liest darin von Bismarcks Reise,
Von den Steden, die der frührc
Kanzler, hielt im Inst'gen Jena
Vor Gelehrten und Studenten,
Vor dem Volk, das scharenweise
'War hcrbcigeslrömt, zu sehn ihn
lind zu hören.
Slnfangs lächelt
Der Geheimrath still-zufrieden,
Doch allmählich wird er ernster.
Trüber wird sein Slntlitz, tmster
Endlich wie die Stacht. Zusammen
Knautscht er das gewohnte Lcibblatt,
Schleudert cs in eine Ecke,
Und ingrimmig spricht er dieses:
„O was gibt cs doch für Menschen!
Seltner in der Menschen Herzen
Ist die Dankbarkeit zu finden
Silo die blüh'nde Aloe,
Slls der weistbeschwingte Stabe,
Als der Onyx, als die Perle,
Die vollkommen ohne Fehl.
Dieser Bismarck, der allein doch
oft durch uns cmporgchobcu,
Wagt cs kühnlich uns zu lästern,
Slnzutasten unsre Würde,
Zn bezweifeln unfern Werth,
Während cs notorisch fcststcht,
Slctenmäsiig ist erwiesen,
Daß durch die Geheimen Stäthe
Wird gemacht die Weltgeschichte
Und durch keinen andern sonst.
Waren wir nicht dagcwcscn.
War' er heute noch Dcichhauptmanii,
Schwach besoldet, unoerühmt.
Stur bekannt im nachiten Umkreis.
O, ich fürchte, dieser Slcrgcr
Wird mir ganz die Kur verderben,
Und so sehr bedars ich doch
Der Erholung und Erfrischung,
Der ich zu des Landes. Stutzen
Mich In hartem Dienst verzehre
lind erst einmal decörirt bin."
'Also spricht er und erhebt sich.
Unberührt bleibt aus dem Teller
Bor ihm stehn die leckre Mettwurst,
Unberührt die braune Flunder,
Unberührt sogar der Spickaal.
Doch den Portwein, der im Glase
Funkelt, stürzt mit einem Mal er -
Stmimcrmchr kann's ihn» bekommen -
In des Zornes Hast hinnntcr,
Und zur theuern Gattin spricht er:
„Kannst du, Martha, noch erinnern
Dich des Tags, als ich in Misdroy -
Oder war'S in Karlsbad? — sagte,
Daß auf Otto kein Verlast sei?
Dir vertraut' ich's, was im Geiste
Slhnungsvoll ich längst voraussah.
Slbcr du, du wicderstrittcst,
Wurdest eifrig und empsindlich,
Wie cs so der Weiber Slrt ist.
Sieh, jetzt haben den Salat wir!
Undank ist der Lohn der Welt."
Akcinc Aerlincr Nachrichten.
Ein Börscnfürst, der drei Sonntage hinter einander von Halenscc nach
Charlottenburg gefahren war, ohne eine Entgleisung zu erleben, beabsichtigte
zur Eriiineriing an diese denkwürdige Thatsache am Slandc des Grlincwalds
eine Dankcs-Synagoge zu erbauen.
Slach reiflicher Ucberlcgung hat er diesen Plan aufgcgcben und will
nun die ausgesctzte Summe zur Unterstützung derjenigen verwenden, die bei
dcni nächsten Eisciibahnunglück an jener Stelle zu Schaden kommen.
Ein alter Wucherer ist in sich gegangen und hat sich entschlossen, seinen
Opfern die ungerecht erworbenen Gelder, über die er genau Buch geführt
hat, mit 5% Zinse» zuriickzncrstatttcn.
Auf Veranlassung des Hausarztes ist der Kranke sogleich in eine
Irrenanstalt gebracht worden, uni dort beobachtet zu ivcrdcn. Die Familie
hat bei Gericht den Antrag ans schleunig« Entmündigung gestellt.
Der geachtete Hausbesitzer Schultzc Vcgab sich vor acht Tagen in den
Grunewald, um den bekannten Süesenwcls zu fangen, der sich im Schlachtcnscc
anfhält. Er ist seitdem nicht znrückgekchrt, und auch ani Sec weist man
nichts von ihm.
Btan befürchtet, das; der Fisch die Oberhand erhalten und den passionirten
Slnglcr in die Tiefe gezogen hat. Behauptet wird freilich auch, dast
Schnitze vorgestern in verschiedenen Localen von Berlin NO gesehen
worden sei.
Der.schon in hohen Semestern stehende stuck, insä. Biermann wachte
jüngst mit einem geivaltigcn Kater auf, dessen Entstehung ihm völlig un-
begreiflich war, da er nur sein gewöhnliches Quantum getrunken hatte.
Stach langem Grübeln wurde ihm endlich die Ursache klar: er hatte noch spät
im „Centralblatt für Bakteriologie" den Slnssatz des Prof. vr. Löffler über
die Vernichtung der Hans- und Feldmänsc gelesen.
Biermann hat bcschlosscn, sich nie mehr am Slbend mit der Mäuse-
fragc zu beschäftigen.
Der bekannte Sicntier Lehmann hat einen fürchterlichen Eid ge-
schworen, dast er keinen Slbend vor drei Uhr heimkommen ivill, bis eine
Slnssöhniing zwischen dem alten und dem neuen Kanzler erfolgt. Die
Familie ist in Verzweiflung.
Vielleicht trägt die Rücksicht auf die unschuldigen Slngchörigeii des
patriotischen Mannes dazu bei, dem unerfreulichen Streit zwischen den beiden
hohen Herren rascher ein Ende zu machen.
Es hat sich eine freiwillige Comniission von Hochconscrvativen und
Ccntrumslcutcn gebildet, um ein klerikal-confervaUves LLO-Bnch abzufaflen,
und schon mehrere Slbcnde in einem Hotel Unter den Linden bei einer guten
Bolvlc eifrig gearbeitet.
Ter Slusgang der Bcrathungcn, bei denen das Centrum eine entschiedene
Uebcrlcgcnheit zeigen soll, ist noch nicht abzusehen.
ZUM Aride der Aismarckfahrt.
Stun ist mit Lorbeer» reich beschwert
Der Slltrcichskanzlcr hcimgekehrt.
Bei seinen achtuiidsiebzig'Jahren,
Tic zum Theil keine leichten waren,
War keine Kleinigkeit die Fahrt.
Er hat sich doch noch viel bewahrt
Bon Jugcndgluth und Jugcnbkraft,
Ec ist noch gar nicht so greisenhaft.
S!un mag er — freundlich fei's ihm empfohlen —
Zu Hause sich in Ruh erholen
Von all den Festen und den Feiern,'
Manche Erinnerung dabei erneuern,
Ein ivenig auch sich daran erlaben,
Dast andere sich geärgert haben
Ucber die Kränze, die man ihni ivand,
lieber die Liebe, die er fand.
Mögen sic niäkcln auch und schimpfen,
Die Stirne runzeln, die Stasen rümpfen,
Ihre Pcrrückcn sich zerraufen,
Die Wände in die Höhe laufen
Sleidgelben, wüthendcn Gesichts:
Geändert wird daran doch nichts.
Daß immer noch wie in alten Tagen *
Für ihn die deutschen Herzen schlagen.
In Kairo ist, wie die Zcitnngen niclden, ein Theil des Gebäudes der
Ocffentlichen Schuld cnigestürzt.
Im Interesse der ägyptischen Regierung hoffen wir, daß bei dieser Ge-
legenheit das Schuldbuch vernichtet worden ist.
Wie man hört, ioird der Fürstbischof Dr. Ko pp demnächst mit dem
Verlangen hervortrctcn, daß die Verhandlungen des deutschen SIcichslages
ivic des prcnstischcn Slbgcordnctciihauscs in polnischer Sprache geführt werden.
Er hoyt »nt Entqcqenloinmcn von Seiten der Sicgierungcn wie der meisten
SSlitglicdcr der parlamentarischen Körperschaften.