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©djulljc. Man rcb’i so villc von.Convcrlircn 1111b Jcwisset weeß

Müller. Dct Jcrcbc bauert so lange, bis bet Publicum sich babran
lewöhnt hat unb mürbe jcworbcn is.

Schnitze. Unb mit eenem Mal wirb convcrtirt.

Müller. Unb bie vierprocentijen Consols sinb uns abjeknöppt.
dchultze. Ach so, ick bachtc, du mecnst bcn Erbjroßherzog von
Luxcnibnrg.

Müller. Mcinswcjen; bet stimmt ooch. Convcrtircn is immer faul.

Deutsche Kücke.

Zlür französische Wlätter.

, l Deutsche Zeitungen verbreiten seit Wochen grobe Unwahrheiten über
einen Zusammenstos; zwischen bcm Hamburger Dampscr „Fürst Bisiuarck"
unb bau französischen' Dreimastschooner „Louise" unb über bie Folgen,
bic bicscr Zusammenstoß gehabt hat. Diesen pcrsiben Entstellungen gegen-
über theilcn wir jetzt init, wie bie Sache sich wirklich zugetragcn hat.

' Am 22. Mai würbe bie „Louise" von bau Dampfer mit echt bcntschcr
Rücksichtslosigkeit überfahren, aber Dank ihrer soliden Bauart nur leicht
beschädigt. Ehe noch bie Bcsatznng bcr „Louise" sich über bie.Folgen
des Zusamnicnstoßes Gewißheit verschaffen konnte, rief man ihr schon von
bei» Dampfer zu: „Euer Schiff sinkt. Koninit schnell herüber!" Mit dem
arglosen Vertraue», bas den Angehörigen einer ritterlichen Nation so gn;
steht, folgten alle bcr hinterlistigen Aufforderung. Kaum war bics geschehen,
als ei» Dutzenb deutsche Matrosen unter Führung eines OsffcicrS auf bas
französische Schiff hinübcrspraugeu und c§ von dem Dampfer freimachtcu.
Ungerührt durch die Vorstellungen, Bitte» und Drohungen unserer Lands-
leute setzte dann der deutsche Capitän ruhig seinen'Kurs fort.' 'Wcnü jetzt,
wie die deutschen Blätter triumphircni, melden, die „Louise" wohlbehalten
einen englischen Hafen erreicht hat, so ist das weiter nicht auffallend, denn
sie.hatte, wie schon oben bemerkt, nur eine unbedeutende Beschädigung
davongctragen.

Was die Deutschen mit ihrem hinterlistigen Vorgehen bezweckten, ist
klar. Einmal wollten sie ans leichte und gefahrlose Weise sich in den Besitz-
recht erklecklicher Bcrgungsgcldcr setzen, und dann hofften sie den alten Nus
der Furchtlosigkeit und Kaltblütigkeit zu schädigen, in welchem die französischen
Seeleute nnt Recht stehen. Bei dem nrihcilsloscn Auslande mag ihnen das
gelingen, in Frankreich werden ihre Lüge» kcincn Glauben sindcu.

Daß der Dainpser „Fürst Bismarck" heißt, ist kein Zufall. Die
Bemannung gerade dieses Schiffes konnte nui ersten auf den frivolen Ge-
danken kommen, einen harnilosen Kanffahrer in brutaler Weise zu ver-
gewaltigen. Wir wissen nicht, ob unsere Negierung etwas gegen ein Vor-
gehen thun wird, das sich kaum noch vom offenen Sceraub unterscheidet,
aber wir wissen, daß die französische Nation cinstimniig daL verächtliche
Benehmen der deutschen Seeleute vcrurthcilt.

Miquek an Diejl-Daber.

Soll ich dir Briese schreiben,

So sprich davon nicht laut.
Ganz unter uns muß bleiben,'
Was ich dir anvcrtraut.

Ob du die BnnbcSbrüdcr
Auch bittest, „Seid diskret",
Beim Wein erzählt man wieder,
Wic's mit uns beiden steht.

Bald hört schon das Geflüster
Eugen und macht Skandal.

Für mich als Staatsministcr
Ist das doch höchst fatal.

Wer glücklich liebt, der halte —
W ird's ihm auch schwer - den Mund!
DaS thut doch schon das alte
Bekannte Lied dir kund:

„Willst du dein Herz mir schenken,
So fang es heimlich an,

Daß unser beider Denken
Nicmand crrathen kann."

Auf die Rede, welche der General a. D. von PodbiclSki unlängst
in' einer Versammlung des Bundes der Landwirlhc gehaltcil hat, läßt sich
das bekannte Wort anwendcn: „Nichts Neues vor Paris."

?as Spiritnsmonopol.

Der Vorschlag des Spiritus,»onovols ist der einzig verständige, der
bisher von dem Bunde der Landwirthc gemacht worden ist. Man trete der
Frage, nur ohne Parteilichkeit entgegen. Spiritus gebraucht in der That
jcdirniann, so Männlein wie Fräulein. Köchin und Hansfra» haben ihn
nölhig, um sich das Haar zu kräuseln. Der Student braut mit Spiritus
seinen Kaffee, der Soldat putzt mit Spiritus seine Knöpfe, der müde »
Wanderer reibt mit ihm seine Füße ein und gibt ihnen neues Leben, eine |
Thccniafchine ist ohne Spiritus nicht denkbar, und kleine Motoren setzt man I
in Bewegung mit Spiritus. Und wie viel Menschen trinken erst den Spiritus. I
Wcinhändlcr, Bierbrauer und Pastoren schimpfen zwar über den Genuß des
Schnapses, aber die crstcrcn offenbar aus Eigennutz, und die Pastoren, trotzdem 2
daß mancher von ihnen manchmal auch heimlich einen hinter die weiße Binde "
gießt. Aus Gesundheitsrücksichten natürlich; denn ein guter Schnaps soll §
den Influenza-Bazillus schon im Keime tödteu; er wirkt also prophylaktisch, Z
wie die Doctoren cs nennen. Ja, daß der Schnaps, wenn er gemißbranchh H
in Unmasse genommen wird, schädlich wirkt, das bezweifelt niemand, das "
hat er aber gemein mit allen anderen Getränken, selbst mit dem Bitterwasser.
Aber was nützt der in Schnaps verwandelte Spiritus, wenn er mit Verstand
genossen wird! Den Harzbcwohner stärkt der Nordhäuscr, den Münstcr-
ländcr erquickt der alte Klare, den Oldenburger und den Friesen erheitert
der Steinhäger, der Richlcnbcrgcr hilft dem Mecklenburger und dem Pommern
die Gänsebrüste verdauen u. s. w. Ja, mitunter rettet ein guter Schnaps
aus der bösesten Lage. Ein Förster hatte ein bitterböses Weib, da» sich L
täglich betrank, den ganzen Tag keifte und jede Suppe versalzte. Er wollte 1?
von ihr geschieden sein; aber man erhörte ihn nicht. Da kaufte er ein *
großes Faß Danzigcr Goldwaffcr . und legte cs in seinen Keller. Nach -
einem Vierteljahre war das Faß leer und die Frau begraben. Also mit I
einem Worte: jedermann gebraucht Spiritus, und der Spiritus hat seinen I
großen Nutzen. Also monopolisire ihn der Staat, lasse ihn unter seiner I
Aussicht cntsnsel» und weise nun jeder Familie oder jedem Einzelnen in der
von ihm gewünschten Form, Brcnnspiritns, Schnaps, Likör u. s. w. so viel
zu, als ihm dienlich ist und lasse ihn dafür zahlen. Das wird ein ge-
ordnetes Geschäft, das viel Geld cinbringcn und großen Segen schaffen
kann. Lrodatiim est.

Das Attentat auf §rispi.

SBeridjl für ürn „Vorwärts".

Es war in einem Winkelgäßchen, das beim Colosseum ausmündet.
Die Uhr schlug Mitternacht, bcr Mond verbarg sich schamhaft hinter
den Wolken.

„Bist dn's Francesco?" flüsterte eine Stimme.

„Jo soao", hallte es gedämpft zurück aus dem Schatten der Ruine.

Das Rascheln von Noten der Banea Roniana unterbrach die unheimliche

„Aber noch zwei Lire baar!" ertönte es mit der Festigkeit der Stimme,
die den Nachkommen der Scävola und Brutus eigen ist, wenn sie
auch sonst nichts ihr eigen nennen.

„Tanlongo gibt mir nichts mehr!" hauchte der gequälte Crispi,
denn er war es

„Noch zwei Lire! Noch zwei oder ich schieße dir —bei der Madonna!
— morgen wahrhaftig keine Kugel in die Nippen!"

„Ich habe kein Geld. Bedenke die Finanzkrisis, Legal Nimm
Vernunft an!" _

„Ich nehme nur Geld a»! Ist dies dein letzte? Wort."

„Es ist mein letztes," cnlgcgncte der Premier und ließ dabei ein
Lircstück nach dem andern unhörbar in den Stiesel gleiten, nachdem er in
seine Hosentasche ein Loch gerissen hatte.

'„dlaloäslto!" fluchte Lcga und verschwand.

Am nächsten Nnchmiltag las die Welt, daß auf Francesco Crispi
ein Attentat verübt worden sei, wobei er unverletzt geblieben war.

Unsere Leser wissen jetzt, was sie davon zu hallen haben.

Der Pastor Witte in Berlin war auf Grund eines Gutachtens des
vr. Mittcnzweig vom Consistorium der Provinz Brandenburg für geistes-
krank erklärt und seines Amles enthoben worden. Das Kgl Mcdicinal-
collcginm hat jetzt auf Grund eines Gutachtens der Herren Mcdicinalräthe
Sanders und Wchmcr den Pastor Witte für vollständig geistig gesund
erklärt. Dadurch ist der Beschluß des Consistoriums der Provinz Branden-
burg umgcstoßen worden.

Pastor Witte muß eine Gcnuglhnnng erhalten. Die geringste am
Ende wäre die, daß er sofort zum Obcrconsistorialrath ernannt lvird und
daß die Herren Medicinalräthe Sanders und Wehmcr beauftragt werde»,
den Herrn vr. Mittcnzweig zu beobachten.

Hierzu zwei Beiblätter.

nk
 
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