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18


König Köunrd.

Die Chronik meldet uns, es lebte einst
Am Themsestrand ein junger Prinz von Wales,
Der wenig an der Tugend fand Gefallen.

Mit Schlemmern bracht' er seine Tage zu,

Mit Dirnen seine Nächte, Straßenränder
Wies selbst er nicht von seinem Tische fort;

Und so versunken ganz in'Wüstheit schien er,

Daß schweren Herzens alle Guten dachten
Des Tags, der ihm die Krone bringen sollte.,
Doch ritterlichen Sinnes blieb er stets;

Von Ekel fühlt' er oftinals sich erfaßt
Bei der Genossen Lärmen, und er schwur sich
Jin Herzen, abzustreisen wie ein Kleid
Das Niedrige, wenn seine Zeit gekommen.

Als in das Feld die Kriegsdrommete rief,

Ritt seinem Heer gewappnet er voran
Und warf der Feinde Beste in den Staub.

Und als die müden Augen, schloß sein Vater,

Da'drückt' er fest den Goldreif sich ins Haar
Und ward ein andrer, wie er sich's gelobt.

Voll Weisheit und. Gerechtigkeit daheim,

Voll Muth und Tapferkeit im Kriege, trug er
In hohen Ehren Englands Königskrone.

Ein andrer Prinz von Wales hat jetzt gelebt
Am Themsestrand, durch vierzig Jahre sahen
Wir ihn in seiner Sünden Blüthe stehn.

Mit Nichtsthun bracht' er all die Jahre hin, ~
Nur Tagediebe, Schlemmer, Spieler dürften,

Nur Dirnen um ihn sein und Kupplerinnen.

So schamlos walzt' er auf dein Lotterbett '

Der Anzucht sich, daß schuldlos fast und rein -
Mit ihm verglichen jener Prinz erscheint,
Der-'einstmals bei Fra,, Hurtig Stammgast war.

Auch Straßenränder standen nahe ihm,

Die freilich Peto nicht und Gadshill heißen,

Sie heißen Chamberlain und Cecil Rhodes.

Und dieser Mann ist Englands König jetzt!

Wird seinen prächt'gen Namensvetter nun
Zum Vorbild er sich nehmen? Wird ein andrer
Er werden? Ach, ich glaube nicht daran.

Mit sechzig Jahren zu beginnen noch
Ein neues Leben, lohnt sich das der Müh'?

Und leicht ist's wahrlich nicht, da thut man besser.
Wenn man die Sache gar nicht erst versucht.

Und doch, noch geb' ich nicht die Hofstmng auf,

Denn trefflich ist und hohen Lobes, werth
Das Erste, was der neue König that.

Er sprach zu sich: „Soll meinem Sohne jetzt
Ich meinen abgelegten Titel geben?

Soll Prinz von Wales er heißen? Nein, das geht nicht!
Ich habe diesen Namen vierzig Jahre
So durch den Koth geschleift, daß stinkend er
Geworden ist vor allem Volk. Nicht können
Die Ströme all der Erde rein ihn waschen.

Die Wohlgerüche Asiens können nicht
Den ellen Mißduft bannen, den er aushaucht.

Verpestet ist'für alle Zeiten er.

Soll meinem Sohn ich auf die reine Stirn
Dies Brandmal drücken? Nein, das kann sogar
Ein Mensch wie ich nicht thun, drum will ich Herzog
Von Cornwall und von Pork ihn lieber nennen."
Das scheint gerecht und weise mir gehandelt
Und zeigt, daß. doch ein Rest von Schamgefühl
Im Herzen noch des neuen Herrschers lebt. '

Und darum geb' ich nicht die Hoffnung auf,

Daß König Eduard doch sich noch entwickelt. .

■ Einige Blätter meinen, der Reichstag..und das preußische Ab- >
geordnetenhaus hätten nach dem. Eintreffen der Nachricht vom Tode |
der Königin Victoria zur Vezeigung ihrer Theilnahme die Sitzung
aufheben sollen.

Das wäre doch auch nur'eine halbe Maßregel gewesen. Wollten
die beiden Körperschaften etwas Nennenswerthes' thun, so mußten sie
sich mindestens auf eine Woche vertagen. Für dieselbe Zeit konnten
auch die. Eisenbahnoerwaltung und die Relchspost ihren Dienst ruhen
lassen. Hätten dann noch die Zeitungen ihr Erscheinen für acht Tage
eingestellt, so wären wir mit manchem überflüssigen Telegramm aus
Osborne und London verschont geblieben.

In Frankreich ist in den letzten Jahren so viel Mein geerntet
worden, daß ein großer Theil der Kunstweinfabrikanten bankrott ge-
worden ist, weil der künstliche Wein nicht zu dem Preise hergestellt
werden kann, für den der Naturwein verkauft wird.

Vor diesem Mißgeschick, durch das' ein blühender Industriezweig
vernichtet werden kann, bewahrt uns doch in Deutschland, Gott sei
Dank, unser ungünstiges Klima.

Nachdem das Waarenhaus Wertheim in Berlin sich einen Kunst-
salon zugelegt hat, fehlt ihm nur noch eine Dichterwerkstatt. Eine
solche muß auch noch eingerichtet werden. Dazu gehört nicht viel: eine
Versdrechselbank, ein Reimwörterbuch, ein Pegasus und ein Dichter.
Wer ein Gedicht braucht, geht-dorthin, und in Gegenwart des Bestellers
wird es angefertigt. Lyrisches wird nach der Zeit, die das Anfertigen
kostet, bezahlt, Episches nach dem Metermaß, Dramatisches nach besonderer
Verabredung. Die abfallenden Spähne lassen sich an lleine Blätter
verknusen. -___-

Gefährliche Erercilien.

Verschiedene Schulen hatten sich ausrangirte v-Wagen angeschafst,
an welchen in den Turnstunden Ucbungen oorgenonnnen wurden. Die
Wagen wurden mit Schülern besetzt, die auf den Ruf: „Zusammen-
stoß!" oder: „Es bremst!" versuchen mutzten, sich zu retten.- Leider
kamen dabei so viel Unglücksfälle vor, daß seit Wochen schon alle
Uebungs-l).Wagen wieder abgeschafst worden sind.

Stöcker und seine Verfolger.

O böser Brief vom Scheiterhaufen!

Er kommt dem Stöcker nachgelaufen,

Wohin der arme Stöcker rennt,

Folgt ihm — Kreuzbombenelement! —

Der Steckbrief, den er selbst geschrieben.

O wäre das doch unterblieben!

Wohin bis jetzt der Stöcker lief,

Stets war der Scheiterhaufcnbrief
Dicht hinter ihm, der arge Wicht:

Bleib ehrlich, Mensch, dann passirt das nicht.

Die Eanalfphinr.

Wenn die Canal-Vorlage durchgeht und die Canäle^wirklich gebaut
werden, so muß auch dafür gesorgt werden, daß sie einigen Schmuck
durch Bildhauerarbell erhalten. So etwas nimmt sich besonders
vortheilhaft aus als Verzierung des Eingangs in eine Schleuse. An
solchen Stellen wird sich auf erhöhtem Standpunkt die „Cänalsphinr" j
oder das „große Räthscl" sehr gut präsentsten. Es können sehr wohl
auch zwei Sphin.re, eine rechts und die andere links, oben auf die
Mauer gestellt werden.
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