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.©=& Epistel an einen

ie gern, o Freund, tarn' ich zu dir hinaus,

Am Strand der lieben Ostsee mich der Ruhe
Mit dir zu freun im ländlich stillen Ort,

Der Gott sei Dank noch keine Neigung zeigt,

Zum feinen Modebad sich zu entwickeln.

Auch dort ja ist es heiß, wie du mir schreibst,

Doch kommt vom Meer, so denk' ich mir, ein Lufthauch
Erfrischend wohl und kühlend oft herüber,

Wie in der Residenz er niemals weht.

Verzichten wollt' ich gern auch auf das Bier,

Das nach den Andeutungen, die du zart
Nach deiner milden Art darüber machst,

Ganz schauderhaft mutz sein. Bei dieser Hitze
Rächt sich zu sehr auch ein solider Trunk,

Und wieder tritt In seine alten Rechte
Das Wasser, das so viel gescholten wird.

Nicht nur von außen, nein von innen auch
Gereicht es oft jetzt zur Erquickung mir.

Hab' gegen Mittag ich den Leib erfrischt
Im Schwimmbassin, wo jetzt ganz leidlich Platz ist,
Weil sich die liebe Jugend draußen noch
Der Ferien freut, so geh' ich, wie du weißt,

Zu meinem Stammlocal, die Blätter eilig
Mir anzusehn, wie's mein Gewerb erfordert.

Zwei Gläser Spaten trink' ich sonst dabei,

Was unsolide kaum zu nennen ist,

Jetzt aber schlürft ich. kalten Sauerbrunnen.
Biermärder schüttelte gewiß den Kopf,

Wenn er es säh', ich aber freue mich,

Des Nachmittags gedenkend, der dann leichter
Mit seiner Schwüle zu ertragen ist.

Mit dir beklag' ich, daß auf Feld und Wiese
Versengt wird alles von der Sonne Gluth.

Im ganzen Lande schallt die Klage laut,

Daß jetzt dem Landmann noch der Sommer schädigt,
Was aus dem schlimmen Winter er gerettet.

Lommerkrisckler.

An vielen Orten, les' ich, wird um Regen
Gebetet in den Kirchen, doch bis jetzt
Bleibt ziemlich wirkungslos die fromme Bitte.

In frührer Zeit, so sagt man, half doch stets
Ein solches Beten, warum jetzt denn nicht?

Ist droben auch im Himmel nicht mehr alles
So, wie es sollte sein? Vermessen wär's,

Zu grübeln weiter drüber, denn der Mensch
Soll in Ergebung tragen, was von oben
Ihm kommt; und wenn es auch was Schweres ist,
So soll dafür er immer dankbar sein.

Mich dünkt, o Freund, es wäre für uns beide
Hieraus zu ziehen eins gute Lehre.

Wenn unbegreiflich uns des Himmels Thun
Gar oft erscheint, der Korn und Gras so fröhlich
Läßt aufgehn, um es der Vernichtung dann
Zu weihen durch des Sommers grimme Gluth,
Wie dürfen mit der ird'schen Vorsehung,

Der hohen Staatsregierung, wir da hadern,

Die fehlsam und dem Jrrthum unterworfen
Doch ist, wie's alle Menschen nun mal sind?

Ob manches uns auch unbegreiflich scheint,

Was sie beginnt und was sie unterläßt,

Viel besser ist es, alles hinzunehmen
Als unabwendlich und als wohlgethan,

Als stets zu kritistren und zu nörgeln.
Gesteh's,.auch du hast viel hierin gesündigt,

Hast deine Einsicht, die beschränkt doch ist,

Als Maßstab kecklich angelegt bei vielem,

- Was uns von oben kam. Wär's da nicht bester,
Auf alles Nörgeln endlich zu verzichten
Und unterthan zu sein der Obrigkeit,

Wie's vorgeschrieben ist dem guten Bürger?

Wenn in des Herbstes kühlem Tagen wir-
Solide wieder mit einander zechen,

Laß uns dies Thema gründlich mal besprechen.

Das Personal der chinesischen Sühnegesellschast, die nächstens in
Deutschland ankommen wird, besteht aus dem Prinzen Chun, dem
Brigade-General Ping-Chang, dem Generaldirector der Nordbahn
Chung-Pen-man, sowie den Herren Lin-Tsu-kuei, Hsiang-Hien,
Tseng-kung-yung und Ma-Cheng-hien.

Man wird wohl daran thun, sich jetzt schon diese Namen zu merken,
weil man doch nicht weiß, in was für Sühnelocalen man nachher
vielleicht mst einem oder mehreren dieser Herren zusammentrifst. Es
ist doch gut dann, sogleich zu wissen, mit was für einer hohen chinesischen
Persönlichkeit man zu thun hat.

Stille Theilnahme.

.Dem alten Krüger hat der Zar
Gleich condolirt, was nett von ihm war.

In gleicher Weise benahm sich nett
Der Präsident'Monsieur Loubet.

Den beiden schloß als Dritter dann
Sogleich sich Bernhard Bülow an.

.Aus Molde traf bis jetzt nichts ein —

Es muß wohl der Draht zerrissen sein. ■

In Capstadt verlautet das Gerücht, daß Kitchsner Ende
August das Commando in Südaftika abgeben und vorläufig zur
Erholung nach England gehen wolle.

Hoffentlich kriegen ihn nicht vorher die Buren. Er entginge am
Ende sonst dem Schwarzen Adlerorden, den er so sehr wie irgend
einer verdient hat.

Der Titel des Königs von England ist verändert worden. Eduard VII.
heißt jetzt „von Gottes Gnaden König des Vereinigten Königreichs von
Großbritannien und Irland und der überseeischen Besitzungen, Ver-
theidiger des Glaubens, Kaiser von Indien."

Das' llingt recht hübsch, ist aber doch weder erschöpfend noch ganz
zutreffend. Statt „Vertheidiger des Glaubens" würde vielleicht besser
gesagt „Herrscher im Reich der Mode und Meister im Hazardspiel".

Vorsicht!

Ein Rathschlag für Nothleidende. Frei nach der
„Deutschen Tageszeitung".

Kommt da neulich ein fremder Herr zu einem Gutsbesitzer, unter-
hält sich mit ihm über die Ernteaussichten und spricht ein Langes und
Breites über die miserabeln Zeiten. Eia^ da ging dem Gutsbesitzer
das Herz auf, denn wer von schlechten Zeiten redet, muß doch wohl
ein Gesinnungsgenosse sein, und so kam es, daß er dem Fremdling
Einsicht in den Stand seiner Kartoffeln gewährte. Sie standen sehr
gut. Aber was heißt „gut stehen"? Das ist'ein relativer. Begriff.
Daß sie besser stehen könnten, wer wagt es zu bestreiten? Daß sie
noch nie so groß geworden sind wie Melonen, wer will es bezweifeln?
Die Kartoffeln sind eben im besten Falle immer noch zu klein, und
wenn der Städter höhnisch aus den Oekonomen verweist, der die dicksten
Kartoffeln besitzt, so vergißt er, daß’ sie noch viel dicker sein müßten.
Der Besitzer besagter Feldfrucht freute sich also über ihre Dicke, und
der fremde Herr that es auch. Wie groß war aber das Erstaunen des
Unvorsichtigen, Ehrlichen, Vertrauensseligen, als er im amtlichen-Saaten-
standsbericht des Monats Juli lesen mußte:

„Von allen Verichtsfrüchten bieten die Kartoffeln die günstigsten
Aussichten."-

Mit solchen Mitteln also arbeitet die Regierung! Feierlich schickt sie
ihre Commissare, aus und läßt spioniren. Trifft sie dabei-auf einen
Harmlosen, dann greift sie gierig zu und erweckt mit Hilfe von gefälschten
Berichten den Anschein,' als'ob irgend eine Berichtsfrucht irgend einen
Ertrag abwerfen könnte. Und was ist die Moral davon? Jeder Land-
wirth halte sich täglich und stündlich vor, daß er statutenmäßig, zu fort-
währendem Klagen verpflichtet ist. Selbst der Frau gegenüber, die ein
neues Kleid haben will, dem.Sohn gegenüber, der als-Leutnant größere
Zulage heischt, empfiehlt sich's'zu klagen, sonst wird ein unbewachter
Moment von den.Feinden der Landwirthschast ausgenützt. .Zweckchieser
Zeilen ist lediglich zu beweisen, daß die Vertrauensmänner mit Abgabe
ihrer Zahlen viel vorsichtiger sein müsten."
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