Frankreich
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Fernando Älbertolli und andere mehr, die Mailand mit einer Reihe gefälliger Privat-
bauten versahen. Von diesen Mailänder Künstlern ist Itodolfo Vantini (s 1856),
welcher die Porta orientale antikisierend baut, als Ausnahme zu hezeichnen. Auch
sein Gampo Santo in Brescia ist durchweg in antikisierenden Formen gehalten,
wie alle jene Friedliofsanlagen überhaupt, die meist auf die schwere Würde des
römischen Pantheon zurückgingen, und von denen das unstreitig schönste, wohl
auch wegen seiner herrlichen Lage, das Gampo Santo in Genua von Carlo Bara-
bino (1830) ist.
Pietro Bianchi, Peter Nobile (1774—1854), Luigi Cagnola (1762—1853) und
Rasfael Stern( 1771 —1820) beschließen die Reihe der bedeutenderen klassizistischen
Architekten Italiens. Ihre Werke sind wohl die ausgereiftesten der italienischen
Baukunst zu Anfang des 19. Jahrhunderts.
Pietro Bianchis Hauptbau ist der Platz und die Kirche San Francesco da
Paola zu Neapel 9» nach dem Vorbild des Pantheon in Rom; Peter Nobile erschafft
in ähnlichem Sinne die Kirche San Antonio am Ganale grande in Triest 1), sie
wie auch das Burgtor in Wien zeigen ihn als großztigigen Architekten. Luigi
Cagnola schuf im Arco della Pace in Mailand ein Seitenstück zu Percier und
Fontaines arc de triomphe du carrousel, der aus tiefem Studium der römischen
Baudenkmäler geschöpft ist. Raffael Stern endlich haute den Braccio nuovo des
Museo Ghiaramonti im Vatikan.
Eine Reihe schriftstellerisch und archäologisch tätiger Architekten, wie
Giusepjoe Valadier (1762—1839), der die Titusthermen (auf Napoleons Veranlassung),
das Kolosseum und das Forum Romanum freilegte und den Titusbogen restau-
rierte, Luigi Poletti (1792—1869), der S. Paolo fuori le muri nach dem Brande
wieder in großer Kostbarkeit aufbaute, und Carlo Amati und Giuseppe Zanoja,
die die Westfassade des Domes in Mailand (ehenfalls auf Napoleons Befehl) in
einer harten, schwerfälligen Renaissance vollendeten, mögen als die hervorragen-
deren genannt sein. Napoleons Bautempo merkt man übrigens die Hast an,
mit der der Eroberer hemüht ist, sich Herrscher-Denkmäler zu setzen, ähnlich
etwa, wie Ludwig XIV. es getan hatte, so daß nach ihm ein ganzer Stil bezeichnet
wurde. Aber wie viel weniger Herrscher war doch Napoleon als Ludwig!
b) Frankreich
Denn zu Zeiten des Roi-Soleil waren Kultur und Kunst Eines, eines ent-
sprang aus dem andern. Napoleons Kunst, soweit er sie persönlich beeinflussen
konnte, ist dagegen noch lange nicht der Ausdruck, der Niederschlag seiner Zeit,
sondern nur mehr ein Zwingen und Dirigieren. Die Kunst der Zeit selhst ist ja
noch ein unruhiges Suchen, ein Sich-entwickeln-wo 11 en, meist mit starker Ver-
kennung der dynamischen Verhältnisse in den Kulturgebieten.
Die Kultur der Zeit Ludwigs XIV. zeigte zunächst selber freilich ein doppeltes
Gesicht. Dem Hofe stand das Volk gegenüber. In den das Hofleben des Königs
fast kompromittierenden Ernst eines Frangois Mansart (1598—1666), dessen Bauten
akademisch völkisch, so recht französisch genannt werden mtissen, hatten nach
Aufhebung des Edikts von Nantes (1685), wodurch der bürgerlich-strenge Geist
aus dem Lande getrieben wurde, das leichte Genie eines Hardouin Mansart
(1646—1708) und die Grandezza eines Jean Berain (1638 — 1711) italienisierend-
barocke Schmuckformen getragen und das Rokoko erschaffen — das nun während
der Regierung Ludwigs XV. (1715—74) in V ersailles herrschte. Das tibrige
9 S. u. Kirchen.
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Fernando Älbertolli und andere mehr, die Mailand mit einer Reihe gefälliger Privat-
bauten versahen. Von diesen Mailänder Künstlern ist Itodolfo Vantini (s 1856),
welcher die Porta orientale antikisierend baut, als Ausnahme zu hezeichnen. Auch
sein Gampo Santo in Brescia ist durchweg in antikisierenden Formen gehalten,
wie alle jene Friedliofsanlagen überhaupt, die meist auf die schwere Würde des
römischen Pantheon zurückgingen, und von denen das unstreitig schönste, wohl
auch wegen seiner herrlichen Lage, das Gampo Santo in Genua von Carlo Bara-
bino (1830) ist.
Pietro Bianchi, Peter Nobile (1774—1854), Luigi Cagnola (1762—1853) und
Rasfael Stern( 1771 —1820) beschließen die Reihe der bedeutenderen klassizistischen
Architekten Italiens. Ihre Werke sind wohl die ausgereiftesten der italienischen
Baukunst zu Anfang des 19. Jahrhunderts.
Pietro Bianchis Hauptbau ist der Platz und die Kirche San Francesco da
Paola zu Neapel 9» nach dem Vorbild des Pantheon in Rom; Peter Nobile erschafft
in ähnlichem Sinne die Kirche San Antonio am Ganale grande in Triest 1), sie
wie auch das Burgtor in Wien zeigen ihn als großztigigen Architekten. Luigi
Cagnola schuf im Arco della Pace in Mailand ein Seitenstück zu Percier und
Fontaines arc de triomphe du carrousel, der aus tiefem Studium der römischen
Baudenkmäler geschöpft ist. Raffael Stern endlich haute den Braccio nuovo des
Museo Ghiaramonti im Vatikan.
Eine Reihe schriftstellerisch und archäologisch tätiger Architekten, wie
Giusepjoe Valadier (1762—1839), der die Titusthermen (auf Napoleons Veranlassung),
das Kolosseum und das Forum Romanum freilegte und den Titusbogen restau-
rierte, Luigi Poletti (1792—1869), der S. Paolo fuori le muri nach dem Brande
wieder in großer Kostbarkeit aufbaute, und Carlo Amati und Giuseppe Zanoja,
die die Westfassade des Domes in Mailand (ehenfalls auf Napoleons Befehl) in
einer harten, schwerfälligen Renaissance vollendeten, mögen als die hervorragen-
deren genannt sein. Napoleons Bautempo merkt man übrigens die Hast an,
mit der der Eroberer hemüht ist, sich Herrscher-Denkmäler zu setzen, ähnlich
etwa, wie Ludwig XIV. es getan hatte, so daß nach ihm ein ganzer Stil bezeichnet
wurde. Aber wie viel weniger Herrscher war doch Napoleon als Ludwig!
b) Frankreich
Denn zu Zeiten des Roi-Soleil waren Kultur und Kunst Eines, eines ent-
sprang aus dem andern. Napoleons Kunst, soweit er sie persönlich beeinflussen
konnte, ist dagegen noch lange nicht der Ausdruck, der Niederschlag seiner Zeit,
sondern nur mehr ein Zwingen und Dirigieren. Die Kunst der Zeit selhst ist ja
noch ein unruhiges Suchen, ein Sich-entwickeln-wo 11 en, meist mit starker Ver-
kennung der dynamischen Verhältnisse in den Kulturgebieten.
Die Kultur der Zeit Ludwigs XIV. zeigte zunächst selber freilich ein doppeltes
Gesicht. Dem Hofe stand das Volk gegenüber. In den das Hofleben des Königs
fast kompromittierenden Ernst eines Frangois Mansart (1598—1666), dessen Bauten
akademisch völkisch, so recht französisch genannt werden mtissen, hatten nach
Aufhebung des Edikts von Nantes (1685), wodurch der bürgerlich-strenge Geist
aus dem Lande getrieben wurde, das leichte Genie eines Hardouin Mansart
(1646—1708) und die Grandezza eines Jean Berain (1638 — 1711) italienisierend-
barocke Schmuckformen getragen und das Rokoko erschaffen — das nun während
der Regierung Ludwigs XV. (1715—74) in V ersailles herrschte. Das tibrige
9 S. u. Kirchen.