Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Das Gebetbuch Kaiser Maximilians

den Heiland als blutenden Schmerzensmann gezeichnet. Bei einem in Todesnot
zu sprechenden Gebet hat er ein sogenanntes Totentanzbild angebracht: der Tod
— hier nicht wie auf dem Kupferstich von 1503 als wilder Mann, auch nicht
wie auf dem berühmten Stich von 1513 als eine seltsam gespenstische Erscheinung,
sondern als ein fast zum Gerippe zusammengeschrumpfter Leichnam gebildet —
tritt mit dem Stundenglas einem prunkhaft aufgeputzten Kriegsmann entgegen,
der gegen ihn umsonst das Schwert zu ziehen jucht; darüber sieht man eine
Wetterwolke und einen vom Falken gestoßenen Reiher. Das Gebet für die Wohl-
täter hat den Meister zur Verbildlichung der Wohltätigkeit angeregt durch eine


Abb 109. Betende Maria. Ölgemälde von 1öi8
Im Kaiser-Friedrich-Museum zu Berlin (Zu Seite 1V9)

Darstellung des Pelikans, der sich die Brust aufreißt, um seine Zungen zu füttern,
und durch einen wohlgekleideten Mann, der einem halbnackten Bettler eine Gabe
spendet. Bei dem Gebet für die Verstorbenen zeigt er einen Engel, der eine
Seele aus den Flammen des Fegefeuers zur Herrlichkeit Gottes emporträgt,
während kleine Engel denen, die noch weiter büßen müssen, Kühlung zublasen;
als Eegenbild ist dabei auch der Böse, der die Seelen einfängt für die Qual, an-
gedeutet: unten schießt aus den Flammen ein Liniengebilde hervor, das sich zur
Gestalt eines Drachens entwickelt, der mit langer Zunge einen umherflatternden
Schmetterling einsängt. Darauf folgt im Text der 129. (130.) Psalm, und hier
kniet König David mit der Harfe vor dem himmlischen Vater in der Höhe. Auf
den Psalm folgt der Anfang des Zohannisevangeliums. Dabei ist der Evangelist

102
 
Annotationen