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Zentral-Dombauverein <Köln> [Hrsg.]
Kölner Domblatt: amtliche Mittheilungen des Central-Dombau-Vereins — 1855 (Nr. 119-130)

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https://doi.org/10.11588/diglit.1521#0011
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Philipp Bertram Degenhard Joseph Freiherr von Hoch-
kirchen, Herr zu Reuerburg, Plittersdorf, Fürth und Ruhrkempen,
stammte aus einem ritterbürtigen Geschlechte, als desseu Waterland das
Niederrheinische, das Jülich'sche und Kölnische aufgefunden wrrd. ^ein
Bater war der Freiherr »dolf Winand von Hochkirchen, Pfal-
rischer Geheimerrath. Landhvfmeister, Hofraths-Präsideut und Amtmann
zu Wassenberg; seiue Mutter die Freiiu Anna Katharrna vo»
Nesselrode;u Ehreshoven uud Lhumberg. Rachdem er im ^rahre
1683 beim Landtage der Jülich'schen Ritterschaft aufgeschworen war,
wurde er sowohl von feiuen Landesherren, den Pfalzgrafen uod Kur-
fvrsten Ph ilipp Wilhelm und Johann Wilhelm, als auch vom
Äaiser mit Ehren-Auszeichnuugen und hohen kriegerischen Würden beklei-
det, worüber sich Lie oachfolgeud mitzutheilende Grabschrift ausführlich
verbreitet. Daß er .Comthur des deutschen Ordens" geweseu, wie man
in einer neueren Beschreibung des Domes von Köln liest, findet darin
nicht seine Besta'tigung.

Die Geschichte dieses Kriegshelden führt nns zu den Begebenheitcn
des spanischen Erbfolge-Krieges, welcher von 1761 bis 17l4 gefuhrt
wurde und durch Len in Deutschland, Ztalien, Spanien und den Rieder-
landen Ströme Blutcs mußtsn vergossen werden.

An der Spitze der französischen Armee, welche im Aahre 1703 am
Rheine stritt und im August die Belagerung der wichtigen Festung Alt-
Breisach unternahm, stand Ludwig, der junge Herzog von Bourgogne,
des Dauphins Sohn; unter ihm commandirte der Marschall Eamille von
Hostun. Graf von Lallardb), und der berühmte Vauban leitete
die Belagerungs-Arbeiten. Die Festung wurde schon am 6. September
durch Capitulation erobert; der Herzog verließ darauf das Heer, und
Lallard führte dasselbe gegen Landau. Am 10. October langte er vor
dieser Festung an, ließ sie Lags darauf sogleich berennen, fand aber
die tapferste Gegenwehr von Seiten der BesaHung, welche auch kur;
hernach bei einem Ausfalle dem feindlichen GeschüHe bedeutenden Scha-
den zufügte. Die Kaiserlichen beschlossen, den EntsaH zu versuchen; der
Graf von Nassau-Weilburg mit den oberrheinischen Lruppen,
General Behlen mit den Pfälzern, und der Erbprinz Friedrich von
Hessen-Kassel (durch seine Dermählung mit Ulrica Eleonora
nachheriger König von Schweden) mit einem hvlländischen Hülfs-Corps
sollten sich zu dcm Zwecke am 13. November in Speier vereinigen und
am 15. auf Len Fcind losgehen. Die Berbindung geschah nun zwar am
festgestellten Kage; da aber am 15. der Leopoldstag, des alten Kaisers
Namensfest, einfiel. so wollte man erst noch diesen Tag in Lust und
Jubelverbringen. ZuTallard aber waren am 14. frische Hülfs-Lruppen
gestoßen; so verstärkt, brach er in der Nacht vor Landau auf und überfi'el
am Morgen Les 15. bei dem Speierbach die Reichstruppen, welche nichts
weniger erwarteten. Der Graf von Nassau-Weilburg, welchcm
der Oberbefehl anvertraut war, eilte auf seinen linken Flügel und nahm
mit Ungestüm den Kampf an, ehe noch der rechte, vom Erbprinzen com-
mandirt, angerückt war. Zwei Stunden lang hatten die Kaiserlichen aus-
gehalten, ehe ihre Arkillerie aus Speier herbeigebracht war. Der Erfolg
des Lreffens war ein sehr unglücklicher. Zuerst gerieth der linke Flügel
in Unordnung, dann fiel die ganze fsindliche Macht auf den rechten
Flügel und ging alsbald zu einem stürmischen Angriffe gegen Las Haupt-
Corps über, deffen Jnfanterie niederwerfend und zerstreuend. Die Schlacht-
ordnung löf'te sich auf, und die Kaiscrlichen hatten die entschiedenste
Niederlage zu beklagen. Jhr Berlust betrug, nach eigenseitiger Angabe,
über 5000 Mann; „mehrerer Reichsstände fast ganze Contingents waren
in die Pfanne gehauen', wie ein gleichzeitiger Bericht in damaliger Aus-
drucksweise sagt, und Marschall Lallard, dsr nur etwa 1000 Mann
eingebüßt hatte, sandte einen übcraus prahlerischen Sicgesbericht an
seinen König.

Die Gencralität Ler Kaiserlichen hatte übrigeus bei diesem unglück-
liche» Ereigniffe ihre Lapferkeit bewahrt, und vicle der Vsrnehmsten
wurden Opfer ihres persönlichen Muthes. .Unser Seits", sagt das
Ideskum LuropseumS), „waren an Vornehmen getödtet der General
von Hochkirchen, ferner der älteste Sohn des Generals von Nassau-
Weilburg' u. s. w- Nach diesem Mißgeschick konnte Landau nicht erhalten
werden; auf die Aufforderung TallarL's wsrde die Festung üdergeben
und der DesaHung unter ehrenvollen Bedingungen der Abzug gestattet.

(Schluß folgt.)

S) Am 13. August 1704 wurde er von Marlborough bei Hochstäkt ge-
schlagen und mit 15.000 der Seinigen, worunter seine zwei Sö'hne,
gefangen. Der Sieger ließ ihn nach England abführen.

S) Ikestri Lurvpsei Sechszehender Lheil. S. 82 beim I. 1703.

Kirchen nnd kirchliche Banwerke a« den
heiligen Stätten des Morgenlandes.

Von Prisac.

m. Nazareth.

Nazareth, die Blühende. die zweite Heimatstadt des göttliche» Hei-
landes, liegt nicht, wie Jerusalem, auf der Krone eines Gebirges oder,
wie Bethlehem, auf dem Auslaufe eineS reizenden Abhanges, sondern in
Ler Neigung eines prächtige» Lhales. Aeder Schritt und Lritt in seiner
Nähe ist rlassischer Boden in der Geschichte deS Erlöfers und der Ver-
kündigung seiner heilbringenden Lehre. Da licgt hier Naim, wo der gött-
liche Heiland der Witwe den todten Sohn erweckte, dort an einer anderen
Seite kaum eben so weit Kaua, wo er sein erstes Wunder verrichtete,
in der Rachbarschaft Sephoris, welches Einige, wiewohl gcgen die allge-
meine Tradition, als den Geburtsort dcr seligsten Jungfrau bezeichnen.
Den Lhabor, wo der göttliche Heiland vor seinen erwähltesten Jüngern

verklärt ward, kann ma» von hicr in kaum drei Stunden biS zu seinem
Gipfel ersteigen. Das galiläische Meer, Bethsaida, der Geburtsort deS
h. Petrus, Kaparnaum, in den Evangelien seiue (des Heilandes) Stadt
genannt, Ler Berg der wundcrbaren Brodvermehrung, der Seligkeiteu,
das Aehrenfeld aber sind nur eiue kleine Tagereise von hier.

Razareth, wo dcr göttl'che Heiland mit seiner Mutter und Joseph,
seinem Pflegcvater, die Zeit seiner Jugend verbrachte, wcßhalb man ihn
asch für einen Nazaräsr hielt, lag im Gebiete der ehemaligen Zunft
Zebulon, der späteren Provinz Galiläa. Jm alten Kestamente kommt drr
Ort gar nicht vor, und auch schon deßhalb sagten die Judeu: aus Na-
zareth ist nie ein Prophet entstanden. Die Galilaer aber waren fchon »on
de» Zeiten an, wv das Reich der Juden sich spaltete in jenes von Israel und
Judäa, bei diesen nicht beliebt. Sie hatten, wie die Böotier bei den
Grieche», eine schwere Mundart, weßhalb Lenn auch LieMagd des Hohen-
priesters in Jerusalem den Petrus als einen Anhänger deS göttlichen
Heilandes erkenncn ksnnte.

Nazareth selbst ist Lrei Lagereiseu von Jerusalem, Kaparnaum aber,
wenn Lie Reise Lurch das ZorLan-Lhal wie gewöhnlich über Jericho gi»g,
a» dreißig Stunden weit. Gegenwartig fuhrt Ler Weg von Jerusalem
aus dorthin kaum andcrs als Lem Jaffa- oder auch dem DamascuS-Lhor«
hinaus an den Gräbern Ler Könige, dem Kerker des Elias, dem Grab-
male der Königin Helena von Ldiabene in einiger Entfernung vvrbei,
indem man Emaus und Rama, oder Ramata, Samuel's Geburtsort, auf
einige Stunden links liegen läßt. Nach «ngefähr drei Stunden gelangt
man zum Brunnen bei El Birch. Es ist ein nicht gar großes Dorf, auf
einer kleinen Anhöhe gelege». Aber ehe man dorthin kommt, «nte» i»
der Niederung. findet sich ein schöner Brunnen und in der Nähe dessclbeu
weitlä'ufige Ruinen eines ehemaligeu Klosters und einer Kirche. Die Ge-
bäulichkeiten müssen umfassend gewesen sein und stammen offenbar aus
den besseren Zeiten der Kreuzzüge. Roch schöner sind die Ruinen einer
christlichen Kirche mik den noch ziemlich gut erhaltencn Gräbern ciniger
Ritter auf der Anhöhe Les Dorfes selbst. Fragen wir nun, was dem
Orte, der sonst nichts von Bedeutung hat, eine Wichtigkeit gegebeu, so
ist es die wohlbegründete LraLition, daß die Eltern des göttlichen Hei-
landes hier ihren geliebten Sohn zuerst vermißten, als sie mit dem zwölf-
jährigen Knaben hinauf nach Jerusalem gezogen waren und dieser im
Lempel zurückgeblieben. Sowohl Lie Oertlichkeiten, als die Art, wie ma»
im Oriente reis't, bcstätigen Lie Richtigkeit jener Angabe und lassen uns
die ganze Begebenheit wvhl erklären. Man reis't fast nie einzeln, zur
Zeit der Feste gewiß in großen Gesellschaftcn iu langgedehnteu Zügcu,
in denen flch bald hier, bald dort Bekannte finden. Aber wo man sich wie-
dersehen muß, oder auch vermißt, das ist an dem bekannten Brunnen, der
als Lagerstätte ober kurzer Ruheplatz Lienr. Die Brunnen aber sind imOrient
nirgendwo willkürlich zu graben, sondern meist durch die Natur selbst
heroorgebracht, oder Lurch die Lage der Dinge gegebeu, daher denn auch
in Jahrhunderten unveränderlich. Wahrscheinlich waren die Eltcrn des
gö'ttlichen Heilandes. Joseph und Maria, mit dcn übrigcn Bewohneri:
von Galiläa, oder mit Verwandten und Bekannten auS Nazareth, Kana
Sephoris, wo allenthalben Angehörige der seligsten Jungfrau wohuten
am Lage ihrer Heimceise direct aus dem Lempel ausgezogcn, ohne sia>
weiter in der heiligen Stadt aufzuhalten, Jesus aber hier im Lempel
selbst zurückgedlieben, wahrend ihn jcne bei Verwandten und Bekannteu
auf der Rückreise glaubten, die vielleicht auch die äußere Veranlaffung
seines Zu ückbleibens sein konnten. — Wenn man von El Bireh weiter
zieht nordwärts auf Ler Straße nach Samaria und Galilaa hiu, so hat
man nach einer Strecke von uugefähr einer Stunde Bethel, das Haus
Les Herrn, vor sich, wie Jakob es nannte, als er Lort den Stein zum
Andeuken aufrichtete. Von hier kommt man endlich nach einigen Stundeu
nach Silo, wo zur Zeit Lie Buuseslade gestanden in Len Lagen Heli'S
und Samuel's, bis zu ihrem unglücklichen Verluste in Ler Schlacht gegen
die Philistcr. Von Silo ist jedvch augenblicklich nichts mehr zu sehen.
Lag es auf dem Bergsattel, oder am Abhange, oder unmittelbar iu der
Ebene, wo sich noch gegenwäctig die Ruinen einer alten Kirche befiuden,
die aber keineswegs bedeutend gewesen seiu muß?

Bon Silo kommt man in ein schönes, langgestrecktes Thal, von den
Bergzügen von Ephraim und Samacia umgebe». Der Weg durch diese
fruchtbare, mit Weizen bepflanzte Lhalung führt in etwa 4—5 Stunden
nach Sichem und Ler Umgegend, einem classischen Bodcn für die Kage
Joseph's und seiner Brüdcr, und endlich dem Schauplatze jeneS merkwür-
digen Gespräches dcs göttlichen Heilandes mit der Samariterin. Hier
lagen Lie Gräber Joseph's, Jehosua's, Eleazar's. Das Grabmal Jo-
seph's, mit einer kleinen Moschee umgebcn und einer Kuppel überwölbt,
längs Lem Wege nach Zichem liegend, wird noch gegenwärtig von den
Lürken verehrl und eifersüchtig bewacht. Der durch das Gespräch LeS
Heilandes mit der Samariterin bekannte Jakobs-Brunnen liegt ungefähr
eine halbe Stuude südlich von Radlouse, NeapoliS, Neustadt im Gegen-
satze zu dem etwas südlicheren Sichem, Sichar, als der zerstörten Altstadt.
Die h. Helena soll znr Erinnerung an jene merkwürdige Begebeoheit au
dem Orte eine Airche und ein Kloster erbaut haben, in dem sich zor Zeit
an hundert Nonnen befanden. Gegenwärtig sieht man nur »och eirrige
Ruinen, und man kann nur mit Mühe in deu Brunnen hinuntersteigen,
der wahrscheinlich einstens in einer Krypta gelegen hat. Die Samariterin
sagt, der Brunnen sei sehr tief, und nach Einigen soll er 50 F«ß unter
der Erde gelegen haben. Gegenwärtig ist aber auch noch eine Wafferlei-
tung in der Nähe, die aus dem wafferreiche» Thale der Nablouse hieher-
kommt und wahrscfeinlich auch einmal, wie das in jenem Thale so häufig
ist, zu einer Mühle gedient hat. Denn Nablouse, das alte Neapolis,
dem Vcspasian zn Ehcen in der Nähe des zerstörten Sichem erbaut, ist
eine Art von industrieller «tadt- Von der schönen Kathedrale ader im
Bazar zu Nablouse ist gegenwärtig nichts als die Maucrn vorhanden,
nnd von dem Lempel auf Garizim, auf den Lie Samariterin anspielt,
nichts als großartige Ruinen. Die Stadt selbst gewährt ein echt bibli-
sches Bild, freilich von innen nur türkischen Schmutz. Ma» »aht südlich
durch einen Olivenhain, ungefähr ein paarHundert Schritte an dem Grab-
male Joseph's vorbei. Einige Palmen breiten ihre schönen Arme über die
Mauern aus, riugsum erblickt man Oelbänme, Feigen, Orangen und
 
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